Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 54
Häufig ist der Täter oder Teilnehmer in der Lage, die Einziehung der unter Rz. 42 ff. genannten Sachen zu vereiteln. Um in solchen Fällen die Eigentumssanktion der Einziehung nicht wirkungslos werden zu lassen, erlaubt § 74c StGB unter bestimmten Voraussetzungen die Einziehung des Wertersatzes. Da die Maßnahme nur gegen den schuldhaft handelnden Täter oder Teilnehmer, nicht jedoch gegen tatunbeteiligte Dritte angeordnet werden kann, ist sie Nebenstrafe. Die Anordnung steht im Ermessen des Gerichts. Wird die Wertersatzeinziehung dagegen im objektiven Verfahren nach § 76a StGB angeordnet, hat sie Sicherungscharakter (streitig, s. Rz. 73).
Die Vorschrift findet auch Anwendung in Fällen der Einziehung nach § 74 Abs. 2 StGB, § 375 Abs. 2 AO.
Rz. 55
Der Täter muss die Einziehung i.S.d. § 74c Abs. 1 Satz 1 StGB vereiteln, d.h. die Durchführung der Maßnahmen ganz unmöglich machen. Dies kann er auf jedwede Weise, also z.B. durch Verbrauch, Veräußerung, Zerstörung oder Verstecken der Sache. Wird die Sache hingegen nicht durch den Täter, sondern aufgrund einer staatlichen Zwangsvollstreckungsmaßnahme oder aufgrund der in einem anderen Verfahren angeordneten oder noch anzuordnenden Einziehung eingezogen, findet § 74c StGB keine Anwendung. Anders hingegen, wenn der Täter die Sache an einen bekannten Dritten veräußert und gegen den gutgläubigen Dritten die Einziehung nach § 74b Abs. 1 StGB nicht zulässig ist. Ist der Dritte dagegen unbekannt und kann daher nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass die Sache auch bei diesem eingezogen werden kann, findet § 74c Abs. 1 StGB Anwendung, weil die dadurch eintretende Unsicherheit der Unmöglichkeit der Einziehung der Sache im Rahmen des § 74c StGB gleichsteht.
Rz. 56
Eine Vereitelung der Einziehung kann auch darin liegen, dass der Täter zwar die Einziehung nicht selbst vereitelt, ihr aber dadurch entgegenwirkt, dass er die Sache mit einem entschädigungspflichtigen Recht – z.B. mit einem Pfandrecht – eines tatunbeteiligten Dritten belastet (§ 74c Abs. 2 StGB).
Rz. 57
Gegen die Beteiligten kann die Einziehung eines Geldbetrags angeordnet werden, der dem erforderlichenfalls nach § 74c Abs. 3 StGB geschätzten Wert des Gegenstands bzw. – im Rahmen des § 74c Abs. 2 StGB – dem Wert der Belastung durch das Recht des Dritten entspricht. Im Rahmen des § 74c Abs. 1 StGB entspricht der Geldbetrag dem Verkehrswert der Sache, der grundsätzlich zur Zeit der Entscheidung festzustellen ist. Nur im Falle von negativen Wertveränderungen der Beschaffenheit der Sache in der Zeit zwischen Tatzeitpunkt und Zeitpunkt der Entscheidung soll bei der Bestimmung des Geldbetrags auch ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Tat möglich sein. Hier wird allerdings angesichts der schwierigen Bestimmung der negativen Wertentwicklung zugunsten des Betroffenen von einem zur Zeit der Tat niedrigen Sachwert auszugehen sein. Überhaupt kann der einzuziehende Geldbetrag unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage des Betroffenen, dem Tatunrecht und der persönlichen Schuld des Täters (weit) unter dem Verkehrswert liegen, da dem Richter insofern – es handelt sich um einen Strafzumessungsakt – Ermessen zusteht (s. Rz. 86).
Rz. 57.1
Möglich sind auch Stundungen und Teilzahlungen, obwohl § 74c StGB n.F. dies nicht mehr vorsieht. Das folgt aber unmittelbar aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Rz. 57.2
Aufgrund der bestehenden Korrelation zwischen Ware und Verbrauchsteuern ist eine gleichzeitige Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen hinsichtlich der für die Steuer ersparten Aufwendungen (§ 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB) und des erzielten Veräußerungserlöses gem. § 375 Abs. 2 Nr. 1 AO, § 74c Abs. 1 StGB ausgeschlossen. Andernfalls käme es zu einer unzulässigen Doppelerfassung.
Rz. 58
Die Wertersatzeinziehung ist nur zulässig, wenn die ersatzfähigen Gegenstände zur Zeit der Tat einem Tatbeteiligten gehörten (s. Rz. 61 ff.). Die Einziehung des Wertersatzes bei Dritteinziehungen ist nicht möglich (s. Rz. 68).
Rz. 59
Vereitelt der Täter die Einziehung des Gegenstands erst nach der Einziehungsentscheidung (etwa durch Verbrauch oder Weiterveräußerung an einen "gutgläubigen" Dritten), kann diese auch nachträglich angeordnet werden (§ 76 StGB). Zum Verfahren vgl. § 462 StPO.
Rz. 60
Einstweilen frei.