Rz. 103

[Autor/Stand] Das Verfahren bei der Einziehung von Gegenständen ist in den §§ 421–443 StPO einheitlich geregelt. Diese Bestimmungen über das Einziehungsverfahren sind auch auf die im Steuerstrafrecht bisweilen akut werdende Anordnung der Unbrauchbarmachung oder Beseitigung eines gesetzwidrigen Zustands (vgl. § 74f Abs. 1 Satz 2 und 3 StGB, s. Rz. 76 f.) anzuwenden (§ 439 StPO).

 

Rz. 104

[Autor/Stand] Eines förmlichen Einziehungsverfahrens bedarf es nicht, wenn sich – was in der Praxis häufig vorkommt – der Beschuldigte mit der formlosen Einziehung ausdrücklich einverstanden erklärt. Der Verzicht auf die Herausgabeansprüche wird regelmäßig im Rahmen der Hauptverhandlung zu Protokoll erklärt.[3]

Für das Entstehen der Gebühr Nr. 4142 RVG-VV reicht es aus, wenn der Verteidiger sich in der Hauptverhandlung mit der außergerichtlichen Einziehung einverstanden erklärt.[4] Die Gebühr bemisst sich nach dem Wert des Gegenstands, der eingezogen werden soll. Illegale Drogen und unversteuert eingeführte Zigaretten haben keinen Verkehrswert, so dass keine Gebühr für das Einziehungsverfahren ausgelöst wird.[5]

 

Rz. 105

[Autor/Stand] Gemäß § 421 Abs. 1 StPO kann das Strafgericht mit Zustimmung der StA von der Durchführung des Einziehungsverfahrens absehen, wenn

  1. das Erlangte nur einen geringen Wert hat,
  2. die Einziehung nach den §§ 74 und 74c StGB neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nicht ins Gewicht fällt oder
  3. das Verfahren, soweit es die Einziehung betrifft, einen unangemessenen Aufwand erfordern oder die Herbeiführung der Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschweren würde.

Die Wiedereinbeziehung kann in jeder Lage des Verfahrens wieder angeordnet werden (§ 421 Abs. 2 Satz 1 StPO). Im Ermittlungsverfahren kann gem. § 421 Abs. 3 StPO die StA die Beschränkung vornehmen oder die selbständig ermittelnde FinB (§ 386 Abs. 2, § 399 AO).

 

Rz. 106

[Autor/Stand] Findet gegen einen bestimmten Täter oder Tatbeteiligten ein Hauptverfahren statt, so entscheidet das Gericht im Urteil zugleich über die Einziehung der Tatwerkzeuge oder -produkte bzw. des Wertersatzes. Das Gesetz regelt dieses subjektive Verfahren in den §§ 421432 StPO. Es beginnt mit dem Antrag der StA. Im Strafbefehlsverfahren kann auch die FinB den Antrag stellen (vgl. § 400 AO; § 407 Abs. 2 Nr. 1 StPO; s. § 400 Rz. 78).

 

Rz. 107

[Autor/Stand] Will sich der Verurteilte gegen die Einziehung zur Wehr setzen, stehen ihm als Rechtsmittel die Berufung und die Revision zur Verfügung, die er auf die Anordnung zur Einziehung beschränken kann (vgl. §§ 318, 344 Abs. 1 StPO). Im Strafbefehlsverfahren ist die Beschränkung des Einspruchs auf die Einziehung gem. § 410 Abs. 2 PO zulässig (s. § 400 Rz. 169 ff.).

 

Rz. 108

[Autor/Stand] Sind Täter oder Tatbeteiligte nicht Alleineigentümer der einzuziehenden Sachen, werden die betroffenen Eigentümer als sog. Einziehungsbeteiligte zum vorbereitenden Verfahren und zum Hauptverfahren hinzugezogen (§§ 424, 430 StPO). Zu deren Rechtstellung und Rechtsmittelmöglichkeiten s. § 401 Rz. 38, 42.

 

Rz. 109

[Autor/Stand] Das selbständige Einziehungsverfahren ist in den §§ 435–437 StPO geregelt. Gemäß § 435 Abs. 3 Satz 2 StPO finden einige der Verfahrensvorschriften für das subjektive Verfahren (§§ 424430 und § 433 StPO) im objektiven Verfahren entsprechende Anwendung. Zu den materiellen Voraussetzungen der selbständigen Einziehung (§ 76a StGB) s. Rz. 73 ff.

 

Rz. 110

[Autor/Stand] § 431 StPO ist nicht entsprechend anwendbar, da diese Vorschrift auf das subjektive Verfahren zugeschnitten ist und voraussetzt, dass gegen den Angeklagten ein auf Einziehung lautendes Urteil ergangen ist. § 432 StPO ist ebenfalls nicht für entsprechend anwendbar erklärt, weil im objektiven Verfahren eine Einziehung nicht durch Strafbefehl ergeht (streitig)[12].

 

Rz. 111

[Autor/Stand] An die Stelle der Klageerhebung im subjektiven Verfahren tritt im objektiven Verfahren der Antrag der StA oder der FinB (vgl. § 401 AO) auf Verfahrensdurchführung. Das für die Entscheidung zuständige Gericht ergibt sich aus § 436 Abs. 1 StPO, die Entscheidung ergeht durch Beschluss, der mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar ist (vgl. § 436 Abs. 2 StPO). Auf Antrag der StA oder eines sonstigen Beteiligten oder bei Anordnung des Gerichts wird mündlich verhandelt und durch Urteil entschieden (vgl. § 443 Abs. 3 Satz 1 StPO), das mit der Berufung angefochten werden kann. Die Möglichkeit der Revision besteht nicht (§ 434 Abs. 3 Satz 2 StPO). Nähere Einzelheiten zum Verfahrensablauf s. § 401 Rz. 25 ff.

 

Rz. 112

[Autor/Stand] Besondere Regelungen für das selbständige Einziehungsverfahren bestimmt § 437 StPO.

§ 437 StPO Besondere Regelungen für das selbständige Einziehungsverfahren

Bei der Entscheidung über die selbständige Einziehung nach § 76a Absatz 4 des Strafgesetzbuches kann das Gericht seine Überzeugung davon, dass der Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, insbesondere auf ein grobes Missverhältnis zwischen dem Wert...

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