Rz. 581
Ob eine zeitnahe Nacherklärung möglich und erforderlich ist, wird sich nur dann sachgerecht prüfen lassen, wenn dem Verteidiger einige Informationen/Unterlagen vorliegen. Der Mandant sollte daher gebeten werden, zur Besprechung (soweit möglich) die folgenden Unterlagen mitzubringen (oder zeitnah nachzuliefern):
Rz. 582
Steuererklärungen des Mandanten der letzten 13 Jahre: §§ 370, 378 AO sind Erklärungsdelikte. Der Tatvorwurf liegt in der fehlerhaften Steuererklärung, also wird das Tatmittel zur Beurteilung eines Tatvorwurfs benötigt. Benötigt wird eine Kopie der eingereichten Steuererklärung nebst Anlagen und/oder Begleitschreiben, denn diese sind erläuternder Bestandteil der Erklärung. Aus der Kopie geht regelmäßig hervor, ob bei der Abgabe der Steuererklärung ein Steuerbüro mitgewirkt hat. Damit hat man bereits einen Ansprechpartner für Zweifelsfragen. Aus der Kopie könnte auch hervorgehen, wer – wo dies noch erforderlich war – aufseiten des Mandanten die Erklärung unterzeichnet hat. Falls dies nicht der Fall ist und auch das Steuerbüro nicht weiterhelfen kann, wird man erst im weiteren Verlauf anhand der beim FA eingereichten Originalerklärung überprüfen können, ob der Mandant die (falsche) Erklärung überhaupt unterzeichnet/abgegeben hat.
Rz. 583
Der Zeitraum von 13 Jahren erklärt sich aus der steuerlichen Verjährungsfrist für hinterzogene Steuern (10 Jahre, § 169 AO) nebst Anlauffrist (drei Jahre, § 170 AO). Abgesehen von Schenkungsfällen (§ 170 Abs. 5 AO), Fällen besonders schwerer Steuerhinterziehung (§ 169 Abs. 2 Satz 2, § 170 Abs. 7, § 376 AO) und Fällen mit Kapitalerträgen aus Drittstaaten (§ 170 Abs. 6 AO) ist damit der maximale verfahrensrelevante Zeitraum erfasst.
Rz. 584
Steuerbescheide der letzten 13 Jahre: Der Mandant wird aufgefordert, für den gesamten 13-Jahres-Zeitraum die Steuerbescheide mitzubringen. Relevant sind zumeist nur der für den Veranlagungszeitraum jeweils erste und letzte Steuerbescheid. Anhand des Datums des ersten Steuerbescheids ist zu berechnen, ob der Veranlagungszeitraum bereits strafrechtlich verjährt ist. Dies setzt selbstverständlich voraus, dass – wie im Regelfall – die Steuerhinterziehungshandlung bereits mit der Steuererklärung und nicht erst später – z.B. durch falsche Angaben in einem FG-Prozess – verwirklicht wurde. Der letzte Steuerbescheid wird benötigt, um die nachzuzahlende Summe bzw. die für die Wirksamkeit der Selbstanzeige notwendige Liquidität zu berechnen.
Rz. 585
Informationen/Unterlagen zu den nicht erklärten Einnahmen: Auch zu den nicht erklärten Einnahmen kann es Belege/Unterlagen geben, die der Mandant übergeben sollte. Sofern dies nicht der Fall ist, muss der Mandant dazu Angaben machen. Idealerweise auch zu damit ggf. verbundenen Werbungskosten/Betriebsausgaben.
Rz. 586
Soweit es um unversteuerte Kapitalerträge geht, benötigt man vonseiten der Bank Jahreserträgnisaufstellungen, ggf. auch weitere Bankunterlagen (Einzelbelege). Sollte der Mandant über diese in Deutschland nicht verfügen, muss eine sichere Informationsbeschaffung überdacht werden.
Rz. 587
Durchsuchungsbeschluss/Durchsuchungsprotokoll und Nachweisung/Unterlagen: Sofern das Mandat erst im Rahmen oder im Anschluss an eine Durchsuchung übernommen wird, sollte der Mandant sowohl den Beschluss als auch die Nachweisung über die beschlagnahmten/herausgegebenen Unterlagen übergeben. Dem Durchsuchungsbeschluss lässt sich zunächst einmal der Vorwurf – insbesondere auch in zeitlicher Hinsicht – und die relevanten Aktenzeichen entnehmen. Dem Durchsuchungsprotokoll lässt sich regelmäßig der Ansprechpartner bei der Steufa entnehmen, es gibt auch Auskunft darüber, ob die mitgenommenen Unterlagen beschlagnahmt oder nur sichergestellt (freiwillig herausgegeben) wurden. Der Nachweisung – wenn sie sachgerecht ausgefüllt ist – lässt sich sodann entnehmen, welche Beweismittel der Steufa vorliegen.
Rz. 588
Damit hat man schon einige wesentliche Anhaltspunkte für ein Gespräch mit dem Mandanten und für ein erstes Gespräch mit dem Ermittler.
Rz. 589– 590
Einstweilen frei.