Rz. 700
Der Begriff des Flankenschutzes, von der Fahndung selbst verwandt, entstammt dem Militär, demnach die Truppe zur Aufklärung und Überwachung besondere Kräfte einsetzt, welche der Unterstützung dienen. Anders hält zur geschichtlichen Entwicklung fest, dass bei allen Festsetzungsfinanzämtern in Westfalen-Lippe (NRW) der Flankenschutz eingeführt worden sei. Bisher werden diese "Flankenschützer" aber nicht in allen Bundesländern eingesetzt. Das Kontrollinstrument des Flankenschutzes wird zur Sicherung der effektiven und gleichmäßigen Besteuerung nach Leistungsfähigkeit eingesetzt. Hierbei geht es um Sachverhalte, welche sich nicht vom Schreibtisch des Finanzbeamten aufklären lassen. Die Aufklärung vor Ort erspart öfters Schriftverkehr oder andere Ermittlungsmaßnahmen. Die Sachverhaltsermittler des Festsetzungsfinanzamtes werden bei ihren Aufklärungsmaßnahmen dabei von Steuerfahndern als "Flankenschützer" begleitet. Zum Teil operieren die Beamten der Steuerfahndung auch ohne Begleitung von Ermittlern des Finanzamtes. Die Steuerfahndung, vor allem in NRW, ist am Ausbau des Instruments "Flankenschutzfahnder" als Teil der Aufgaben eines Strafsachen-Finanzamtes interessiert. So erklärte Mallach, Vorsteher des FA für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Hagen, schon 2016 auf der Veranstaltung Forum Steuerrecht Schloss Nordkirchen, dass "ein systematisches Bekämpfen und Abschrecken statt Verwalten" stattfinden müsse. Teil dieser Strategie seien Flankenschutzansätze für alle Bereiche des F-FA (auch Nebensteuern). Unangekündigte Kontrollbesuche der Steuerfahndung gewinnen vermehrt Bedeutung.
Beispiele
für den Einsatz von Flankenschutzfahndern sind:
- Häusliches Arbeitszimmer.
- Kontrolle Renovierungsarbeiten bei Vermietung und Verpachtung (Arbeiten auch im selbstgenutzten Teil des Hauses?).
- Wohnsituation doppelte Haushaltsführung.
- Nutzung, Lage, Ausstattung von Immobilien.
- Schuldrechtliche Verträge unter nahen Angehörigen.
- Internetverkäufe.
- Gastronomiebetriebe.
- Kombiprüfungen von Betriebsprüfern und Steuerfahndern.
- Kassennachschau (§ 146b AO) mit Flankenschutzfahndern.
Rz. 701
Die maßgebliche Diskussion um den Flankenschutz betrifft die Zulässigkeit von Kontrollbesuchen der Flankenschutzfahnder bei Stpfl. vor Ort (Wohnraum und/oder Geschäftsräume). Der Stpfl. wird unangekündigt aufgesucht und kann sich demzufolge weder vorbereiten, mithin auch nicht seinen Steuerberater einschalten. Festzuhalten ist, dass bei Beginn des Besuches kein strafrechtlicher Anfangsverdacht vorliegt, welcher ansonsten zur Einleitung eines Steuerstrafverfahrens nebst Belehrungspflichten als Beschuldigter, zwingen würde. Mithin ermöglicht der Flankenschutz im Vorfeld möglicher Strafverfahren einen intensiven Austausch zwischen den Finanzämtern (Besteuerungsverfahren) und der Steuerfahndung (Vorfeldermittlungen, Tätigkeit aufgrund Ersuchen).
Rz. 702
Der Stpfl. wird durch den Besuch regelmäßig "überrumpelt" und glaubt, durch das Auftreten eines Steuerfahnders nebst Dienstausweis, dass er Beschuldigter in einem Strafverfahren sei. Insbesondere ist im zumeist nicht bewusst, dass kein Recht zum Betreten (anders im Strafverfahren bei einer rechtmäßigen Durchsuchung) seiner Wohnung besteht. Tatsächlich besteht kein Anfangsverdacht. Vielmehr dient der Besuch der Klärung seiner steuerlichen Verhältnisse, wobei (quasi zufällig) der Anfangsverdacht einer Straftat aufgrund der Feststellungen anlässlich des unangemeldeten Besuches entstehen kann. Zudem kann sich der steuerlich beratene Stpfl. ggf. auch nicht erklären, warum der ihn aufsuchende Steuerfahnder die Sachlage nicht mit seinem Steuerberater (zuerst) erörtert.
Rz. 703
Nach der st. Rspr. des BFH ist für den Einsatz eines Steuerfahnders immer eine Aufgabenzuweisung (Aufgabennorm) und eine Befugnis zur Tätigkeit (Befugnisnorm) erforderlich. Die Befugnisnorm ergibt nicht die Aufgabenzuweisung und die Aufgabenzuweisung regelt nicht die Befugnis.