Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 43
In § 410 Abs. 1 Nr. 5 AO wird § 396 AO, der unter bestimmten Voraussetzungen die Aussetzung des Steuerstrafverfahrens ermöglicht, für den Bereich des Bußgeldverfahrens für entsprechend anwendbar erklärt. Zu den Einzelheiten dieser Vorschrift s. zunächst die Ausführungen zu § 396 AO.
Für das Bußgeldverfahren ist Folgendes festzuhalten: Gemäß § 396 AO ist die Aussetzung des Verfahrens zulässig, soweit die "Beurteilung der Tat als Steuerhinterziehung" infrage steht. Auf den Bereich des Bußgeldverfahrens übertragen bedeutet dies, dass eine Verfahrensaussetzung nur in Betracht kommt, wenn es um den dem Steuerhinterziehungstatbestand des § 370 AO entsprechenden Bußgeldtatbestand der leichtfertigen Steuerverkürzung gem. § 378 AO geht. In diesem Fall kann die Aussetzung des Bußgeldverfahrens angeordnet werden, damit zuvor im Besteuerungsverfahren rechtskräftig geklärt wird, ob ein Steueranspruch besteht, ob Steuern verkürzt oder ob nicht gerechtfertigte Steuervorteile erschlichen worden sind. Diese Formulierung macht deutlich, dass eine Aussetzung nur in Betracht kommt, wenn die Steuerverkürzung oder die Erlangung eines ungerechtfertigten Steuervorteils dem Grunde nach streitig ist, nicht aber, wenn nur die Höhe des verkürzten Betrages unklar ist.
Wenngleich eine Bindung der Gerichte selbst an rechtskräftige Entscheidungen der FinB bzw. FG nicht besteht, sollte zur Vermeidung voneinander abweichender Ergebnisse von der in § 396 AO vorgesehenen Möglichkeit der Verfahrensaussetzung Gebrauch gemacht werden (s. näher dazu § 396 Rz. 62 ff.). Eine solche Aussetzung wird sich häufig auch aus prozessökonomischen Gründen empfehlen. Da aber das finanzgerichtliche Verfahren seinerseits lange andauern kann, kann auch die Aussetzung der Vollziehung eine Möglichkeit sein. Doch steht die Entscheidung im pflichtgemäßen Ermessen der Ermittlungsbehörde bzw. des Gerichts. Sie kann auch – ohne entsprechenden Antrag – von Amts wegen ergehen. Die Anordnung der Aussetzung des Verfahrens ist ebenso wenig anfechtbar wie die Entscheidung, durch die die Aussetzung abgelehnt wird. Als praktisch bedeutsamste Folge bewirkt die Aussetzung des Verfahrens, dass die Verjährung der Steuerordnungswidrigkeit ruht (vgl. § 396 Abs. 3 AO ). Die Regelung ergänzt damit § 32 OWiG (s. § 377 Rz. 155).
Gemäß § 396 Abs. 2 AO kommt eine Aussetzung bereits im Ermittlungsverfahren in Betracht. Die Entscheidung trifft dann die Ermittlungsbehörde (FinB oder StA), anderenfalls das AG, wenn es bereits mit dem Bußgeldverfahren befasst ist.