Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftungsausschluss nach §§ 104 ff SGB VII
Leitsatz (amtlich)
„Vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsschadens” i.S.d. §§ 104 ff SGB VII bedeutet, dass sich der Vorsatz (auch dolus eventualis) auf den Körperschaden beziehen muss. Es genügt nicht, dass der Schädiger gegen Unfallverhütungsvorschriften vorsätzlich verstößt, nicht aber den Personenschaden als solchen zumindest billigend in Kauf nimmt.
Normenkette
SGB VII §§ 104 ff.
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Urteil vom 16.02.2000; Aktenzeichen 2 Ca 4125/99 G) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 16.02.2000 – 2 Ca 4125 G – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob der Kläger gegen das beklagte Unternehmen sowie dessen Betriebsleiter und dessen zuständigen Schichtleiter Ansprüche auf Schmerzensgeld und Körperverletzungsfolgeschäden aus einem Arbeitsunfall geltend machen kann. Wegen des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens der Parteien sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 89 bis 92 d. A.).
Gegen dieses ihm am 15.03.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.04.2000 Berufung eingelegt und diese am 12.05.2000 begründet. Er meint, er verkenne nicht, dass nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ein vorsätzliches Verletzen von Pflichten allein nicht genüge. Hier seien aber eindeutig arbeitsrechtliche Schutzvorschriften verletzt worden, wie sich aus dem Schreiben des staatlichen Amtes für Arbeitsschutz vom 06.02.1998 und vom 27.04.1998 (Anlagenband) ergebe. Schon auf Grund dieser Verletzung der arbeitsrechtlichen Schutzmaßnahmen sei erkennbar, dass die Beklagten vorsätzlich gehandelt hätten in Bezug auf den Versicherungsfall.
Zudem müsse Beachtung finden, dass die Beklagten ihre Verkehrssicherungspflichten „in extrem hohem Maße” verletzt hätten. Der Kläger wiederholt dazu seine Behauptung, er habe den Auftrag gehabt, die „Schnecke 3” zu reparieren. Einen Auftrag, die Maschine von außen bzw. akustisch zu begutachten, sei sinnlos gewesen, da die übrigen Maschinengeräusche zu laut gewesen seien.
Auch der Vortrag der Beklagten, der Kläger habe selbstständig auch die Sicherungen aus dem Sicherungskasten ausschalten müssen, sei lediglich eine Ausrede, da ihm nicht erlaubt gewesen sei, eigenmächtig Veränderungen an dem Sicherungskasten vorzunehmen. Sofern er, der Kläger bei seiner polizeilichen Vernehmung am 15.01.1998 selbst ausgesagt habe, Herr W., der Beklagte zu 2), habe ihm allerdings gesagt, dass bei der Durchführung der Arbeiten die Sicherung am Schaltkasten für diese Schnecke herauszunehmen seien, so sei er, der Kläger, zum Zeitpunkt der Vernehmung „eindeutig noch nicht vernehmungsfähig” gewesen.
Des Weiteren müsse berücksichtigt werden, dass während der Reparaturarbeiten an der Schnecke 3 er, der Kläger, nicht in den unteren Bereich der Schnecke 3 habe einsehen können. Auf Grund dieser Tatsache habe seitens der Beklagten die Reparatur beaufsichtigt werden müssen.
Ob das Drehen der Schnecke durch Stromzufuhr erfolgt sei oder ob die Schnecke sich von selbst gedreht habe, wie von der Beklagten behauptet, könne schließlich nicht ausschlaggebend seien. Seitens der Beklagten habe ein derartiger Auftrag zur Reparatur der Schnecke 3 überhaupt nicht auf Grund deren Gefährlichkeit erteilt werden dürfen.
Der Kläger meint, schon aus diesem Vorbringen folge, dass die Unfallfolgen mit bedingtem Vorsatz umfasst gewesen seien.
Schließlich meint der Kläger, dass nach der Neufassung der gesetzlichen Vorschriften in §§ 105, 106 SGB VII nunmehr „nach herrschender Literatur” es genüge, dass der Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt worden sei, der Vorsatz sich also nicht mehr auf den Eintritt und den Umfang des Schadens selbst beziehen müsse.
Der Kläger beantragt,
- unter Abänderung des am 16.02.2000 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Siegburg, – 2 Ca 4125/99 G –, die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld für den Zeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- unter Abänderung des am 16.02.2000 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Siegburg, – 2 Ca 4125/99 G –, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 9.720,– DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen (Haushaltsführungsschaden),
- unter Abänderung des am 16.02.2000 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Siegburg, – 2 Ca 4125/99 G –, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger weiteren Schadensersatz in Höhe von 9.799,68 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen (Verdienstausfallschaden),
- unter Abänderung des am 16.02.2000 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Siegburg, – 2 Ca 4125/99 G –, festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet si...