Entscheidungsstichwort (Thema)
Kontrolle des Insolvenzgerichts gem.§78 Insolvenzordnung (InsO) über einen Antragsbeschluss einer Gläubigerversammlung nach§35 Abs. 2 S. 3 InsO auf Antrag
Leitsatz (amtlich)
Der Antragsbeschluss der Gläubigerversammlung nach § 35 Abs. 2 Satz 3 InsO unterliegt auf Antrag der Kontrolle des Insolvenzgerichts gemäß § 78 InsO.
Normenkette
InsO § 35 Abs. 2 S. 3, § 78; GG Art. 14; InsO § 35 Abs. 2, § 78 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 22.04.2010 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht Duisburg auf der Grundlage von § 78 InsO den Beschluss der Gläubigerversammlung vom 11.03.2010 aufgehoben, mit dem diese gemäß § 35 Abs. 2 Satz 3 InsO beim Insolvenzgericht beantragt hatte, die Unwirksamkeit der Erklärung des Insolvenzverwalters vom 17.12.2009 über die Geschäftsfreigabe der Zahnarztpraxis des Schuldners anzuordnen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die angefochtene Entscheidung vom 22.04.2010 (Bl. 633 ff. d. A.) Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss hat der Beschwerdeführer fristgerecht sofortige Beschwerde erhoben, mit der er beantragt,
den Beschluss des Insolvenzgerichts vom 22.04.2010 aufzuheben und das Insolvenzgericht anzuweisen, den Beschluss der Gläubigerversammlung vom 11.03.2010 ordnungsgemäß zu veröffentlichen,
hilfsweise
sofort eine neue Gläubigerversammlung einzuberufen, weil über besonders bedeutsame Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters zu entscheiden sei (§ 160 InsO).
Zur Begründung macht der Beschwerdeführer geltend, dem Insolvenzgericht stehe kein eigenes Prüfungsrecht zu, wenn die Gläubigerversammlung gemäß § 35 Abs. 2 Satz 3 InsO den Beschluss fasse, eine Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters für unwirksam zu erklären.
Der angefochtene Beschluss gebe auch keine Rechenschaft darüber, warum der Minderheitenschutz verletzt sei, wenn die Gläubigerversammlung die Stilllegung des Betriebs eines obstruierenden Freiberuflers beschließe, der Monat für Monat weitere Schulden anhäufe. Das Insolvenzverfahren verfolge gerade den Zweck, unwirtschaftlich arbeitende Betriebe aus dem Wirtschaftsleben auszuscheiden.
Schließlich verletze der angefochtene Beschluss ihn, den Beschwerdeführer, als aussonderungsberechtigten Gläubiger in seinen Eigentumsrechten aus Art. 14 GG, weil das Insolvenzgericht ihn zur Rückerlangung der Praxisräume auf einen kostenträchtigen und langwierigen Räumungsprozess verweise. Letztlich würden durch die Handhabung des Insolvenzgerichts die ungesicherten Gläubiger auf Kosten der gesicherten Gläubiger bevorzugt.
Entscheidungsgründe
II.
1.
Die nach § 78 Abs. 2 Satz 2 InsO statthafte und – hinsichtlich des Hauptantrages – auch im übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Amtsgericht den Antragsbeschluss der Gläubigerversammlung vom 11.03.2010 aufgehoben, weil er dem gemeinsamen Interesse der Insolvenzgläubiger an einer zumindest mittelfristig erreichbaren Vergrößerung der Haftungsmasse und damit an einer „bestmöglichen Gläubigerbefriedigung” (vgl. Münchener Kommentar zur InsO, Ehricke, 2. Aufl., § 78 InsO, Rdn. 17) widerspricht. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt die Kammer auf die in jeder Hinsicht überzeugenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug. Das Beschwerdevorbringen gibt lediglich zu folgenden ergänzenden Bemerkungen Anlass:
a)
Der Einwand des Beschwerdeführers, dem Insolvenzgericht stehe kein eigenes Prüfungsrecht zu, wenn die Gläubigerversammlung gemäß § 35 Abs. 2 Satz 3 InsO beschließe, die Unwirksamkeit der Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters zu beantragen, geht fehl. Hierbei verkennt der Beschwerdeführer, dass das Insolvenzgericht die Aufhebung des Antragsbeschlusses vom 11.03.2010 nicht von sich aus vorgenommen hat, sondern ausschließlich auf Antrag der Minderheitsgläubiger nach Maßgabe von § 78 InsO tätig geworden ist. Wie jeder andere Beschluss der Gläubigerversammlung (vgl. Münchener Kommentar, a. a. O., § 78 InsO, Rdn. 12) unterliegt auch der Beschluss nach § 35 Abs. 2 Satz 3 InsO auf Antrag der gerichtlichen Kontrolle gemäß § 78 InsO (vgl. Berger, ZInsO 2008, 1101 (1105); Heinze ZVI 2007, 349 (357)).
b)
Zu Unrecht rügt die Beschwerde auch, der angefochtene Beschluss gebe keine Rechenschaft darüber, warum im Falle der Aufhebung der Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters die Rechte der Minderheitsgläubiger verletzt seien. Denn das Amtsgericht hat sehr ausführlich sowohl für den Fall der Fortführung der Zahnarztpraxis unter der Aufsicht des Insolvenzverwalters als auch für den Fall der Stilllegung des Praxisbetriebes vorgerechnet, inwieweit die Insolvenzmasse bei diesen Fallvarianten mit zusätzlichen Masseverbindlichkeiten belastet würde, die letztlich die Befriedigungsaussichten der ungesicherten Insolvenzgläubiger erheblich schmälern würd...