Rn. 320a
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Wegen der Fälle nicht vorliegender Beherrschung der Besitzgesellschaft durch die maßgebende Personengruppe nachfolgend s Rn 321.
Grundsätzlich beruht das Vorliegen einer personellen Verflechtung infolge von "Beherrschung" auf den rechtlichen Vereinbarungen, die die geltenden gesellschaftsrechtlichen Regeln über das Zustandekommen und Umsetzen der Willensbildung ausmachen. Diese normative Struktur bestimmt darüber, ob ein einheitlicher Wille durch eine Person (Einzel-Besitzunternehmer) oder Personengruppe gebildet und durchgesetzt werden kann.
Insoweit geht es nur um die strukturelle Durchsetzungsmöglichkeit eines (einheitlichen) Willens (im Besitz- und im Betriebsunternehmen), die im konkreten Einzelfall sorgfältig geprüft werden muss, und nicht darum, ob davon im Einzelfall auch Gebrauch gemacht wurde: BFH vom 28.05.2020, BStBl II 2020, 710 Rz 36 und 37.
Eine Beherrschung der Besitz-PersGes ist dann sichergestellt, wenn die maßgebliche Personengruppe (das ist die, die die Betriebs-KapGes beherrscht, s Rn 320b) in der Besitzgesellschaft für Beschlussfassungen über die "Geschäfte des täglichen Lebens" einschließlich solcher über die Nutzungsüberlassung kraft Gesetzes (zB § 745 Abs 1 BGB) oder Vertrags (§ 709 Abs 2 BGB) über die Mehrheit der Stimmen verfügt. Die gegenständliche Beschränkung der Beherrschung auf "Geschäfte des täglichen Lebens" besagt, dass dort, wo das Mehrheitsprinzip gilt (§ 745 BGB, § 47 GmbHG), die Mehrheit der Stimmen auch dann zur Beherrschung ausreicht, wenn in besonderen Fällen Einstimmigkeit oder eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist (zB nach § 745 Abs 3 BGB, § 53 Abs 2 GmbHG; BFH BStBl II 1993, 134 unter II.1.a.: s BFH vom 21.08.1996, BStBl II 1997, 44).
Bei Existenz von Nur-Besitzgesellschaftern muss/müssen zwecks Beherrschung der Besitz-PersGes
- der/die Nur-Besitzgesellschafter ausdrücklich von der lfd Geschäftsführung ausgeschlossen sein, s Rn 321 zu (4) sowie BFH vom 28.05.2020, aaO, Rz 28 mwN oder
- bei nicht mehrheitlich beteiligten Nur-Besitzgesellschaftern für die Beschlussfassung in der Besitz-PersGes das einfache Mehrheitsprinzip gelten (BFH vom 08.09.2011, BStBl II 2012, 136 Rz 26) oder
- die maßgebliche Personengruppe kein gesetzliches oder im Gesellschaftsvertrag vereinbartes (s Rn 321 zu (4)) Einstimmigkeitsgebot beachten, das die laufende Verwaltung der vermieteten WG, die sog Geschäfte des täglichen Lebens einschließt (dazu gehören bei einer GbR neben den Geschäften, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb mit sich bringt, alle rechtlichen und tatsächlichen Maßnahmen, auch ungewöhnlicher Art, soweit es keine Grundlagengeschäfte sind, dh soweit sie nicht zu einer Änderung des Bestandes oder der Organisation der Gesellschaft führen: BFH vom 01.07.2003, BStBl II 2003, 757 zu II.b.bb. der Begründung), oder
- eine evtl gemeinsame Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis sich auf Abschluss und Beendigung der Pachtverträge beschränken (nach BFH vom 21.08.1996, BStBl II 1997, 44 ist implizit für die Frage der Beherrschung nämlich allein auf Verhältnisse nach Begründung der Betriebsaufspaltung abzustellen). Die maßgebliche Personengruppe kann dann im Rahmen ihrer alleinigen Geschäftsführungsbefugnis für die laufenden Geschäfte allein die geschäftlichen Entscheidungen in Bezug auf die zur Nutzung überlassenen WG treffen (zB Investitionen). Schulze zur Wiesche, WPg 2004, 751, 754 weist darauf hin, dass die anderen Gesellschafter dann in Angelegenheiten der Geschäftsführung nicht tätig werden dürfen. Sie haben weder ein Widerspruchsrecht noch können sie Weisungen erteilen; ihr Stimmrecht beschränkt sich auf Beschlüsse in anderen als den Geschäftsführungsangelegenheiten (Schulze zur Wiesche, aaO, Fn 22 und 23) oder
- die maßgebliche Personengruppe muss über eine Sicherung ihrer Mehrheit gegen Entzug dergestalt verfügen, dass die schon bestehenden Nutzungsüberlassungsverträge nicht gegen ihren Willen aufgelöst werden können: s BFH vom 28.05.2020, BStBl II 2020, 710 Rz 29; BFH vom 16.05.2013, BFH/NV 2013, 1557 Rz 34 mwN; BFH BStBl II 2012, 136 Rz 26; BFH BStBl II 2002, 722, Begründung II.1.a.; BFH BStBl II 1984, 212. Die Sicherung gegen Entzug der alleinigen Geschäftsführungsbefugnis kann zB durch Bestellung zu/m Geschäftsführer/n nach § 710 BGB mit Entzug der Geschäftsführungsbefugnis nur durch einstimmigen Beschluss bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 712 BGB hergestellt werden: BFH BStBl II 2007, 165.
Im Einzelnen zum Ausschluss der Beherrschung der Besitz-PersGes wegen des Einstimmigkeitsprinzips s Rn 321 zu (4).
Die StPfl haben insoweit lt Wachter, DB 2020, 2648, faktisch ein Wahlrecht, ob Betriebsaufspaltung vorliegen soll oder nicht.
Die erforderliche strukturelle Durchsetzungsmöglichkeit liegt auch dann vor, wenn keine Befreiung vom Doppelvertretungsverbot des § 181 BGB vereinbart ist. Das FG Köln vom 07.12.2016, EFG 2017, 593, nrkr, hatte noch anders entschieden mit der Begründung, dass es den Mehrheitsgesellschaftern zwar rechtlich möglic...