Rn. 23c
Stand: EL 172 – ET: 04/2024
Der gemeinschaftliche Bezug von Einkünften aus gewerblichen Unternehmen wäre so verstanden nach dem Wortlaut von § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG für sich allein nicht ausreichendes Tatbestandsmerkmal für den steuerlichen Status "Mitunternehmer". Eine derart restriktive Eingrenzung des Tatbestandsmerkmals "Mitunternehmer" würde der Absicht des Gesetzgebers hinsichtlich des Zwecks von § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG jedoch nicht gerecht. Nach dem Willen des Gesetzgebers hat § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG nur klarstellende und bestätigende Bedeutung (so BFH BStBl II 1983, 215) und stellt keine abschließende Regelung dar, sondern einzubeziehen sind auch Personen, die nicht in einem zivilrechtlichen Gesellschaftsverhältnis einer Außen- oder Innengesellschaft, sondern in einem wirtschaftlich vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnis zueinanderstehen (bestätigend zB BFH vom 17.06.2020, BFH/NV 2021, 108 Rz 24, auch für die Inanspruchnahme der erbschaftsteuerlichen Freibeträge nach den §§ 13a Abs 1 und 2, 13b Abs 1 S 1 Nr 2 ErbStG) und einen Gewerbebetrieb betreiben (keine Freiberufler und LuF), also
- Gemeinschafter des BGB, s Aufzählung im Urteil des GrS BFH BStBl II 1984, 751/68 und Hennerkes/Binz, DB 1985, 1308; Herzig, BB 1986, 533, 535; Vfg OFD Münster, StEK EStG § 15 Nr 145) – im Einzelnen s nachfolgend – und
- wegen § 10 Abs 6 S 1 WEG aF zivilrechtlich verselbstständigte Wohnungseigentümergemeinschaften bei Betrieb eines Blockheizkraftwerks (BHKW): BFH vom 20.09.2018, IV R 6/16, BStBl II 2019, 160 (also ist keine konkludente Gründung einer GbR zur Mitunternehmerschaft erforderlich; daran hat sich auch durch die gemäß § 9a Abs 1 S 1 WEG lt WeMoG vom 16.10.2020, BGBl I 2020, 2187 gegebene Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) mE nichts geändert (auch die neue GbR lt MoPeG ist rechtsfähig, ohne dass sich die Zuordnung als Mitunternehmerschaft ändern soll: s Rn 13f).
Bei der Beschränkung des Gesetzeswortlautes (s nachfolgend) auf die zivilrechtliche Gesellschaftereigenschaft soll es sich um eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes handeln (Balke, FR 1987, 129; Woerner, BB 1986, 704), denn sonst käme man nicht umhin, die langdauernde Erbengemeinschaft mit Gewerbebetrieb, die eheliche Gütergemeinschaft, die Bruchteilsgemeinschaft bei Betriebsaufspaltung bzw den Vollnießbrauch am Gesellschaftsanteil unter § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG statt Nr 2 EStG zu subsumieren (so Schwichtenberg, DB 1987, 304). Auch der Treugeber könnte als zivilrechtlicher Nicht-Gesellschafter kein Mitunternehmer sein: aber s Rn 30 (aA Messmer, Festschrift für Döllerer 1988, 429, 445).
Funktional gesehen handelt es sich bei der Einbeziehung "gesellschaftsähnlicher" (Woerner, BB 1986, 704) Gemeinschaftsverhältnisse in den Mitunternehmerbegriff (s GrS BFH BStBl II 1984, 751/68; BFH BStBl II 1989, 758; 1989, 722; 1986, 10; 1985, 363) nicht um eine verschärfende Auslegung des Gesetzes (glA Söffing, FR 1986, 44).
Die von Herzig, der OFD Münster (aaO) sowie Söffing, StbJb 1986/87, 297, 301 (auch s FG BBg vom 20.11.2007, EFG 2008, 548 rkr), in die "wirtschaftlich vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnisse" darüber hinaus einbezogene "fehlerhafte Gesellschaft" (im Urteilsfall atypisch still) gehört mE nicht dazu (aA Wacker in Schmidt, § 15 EStG Rz 171, 40. Aufl, – zivilrechtliche Gesellschaft), da die fehlerhafte Gesellschaft gemäß § 41 Abs 1 AO bei Vollzug wie eine gewöhnliche Gesellschaft zu behandeln ist (so auch BFH vom 10.08.2010, BFH/NV 2011, 20 Rz 22 ff; BFH vom 01.07.2010, BFH/NV 2010, 2056; BFH vom 03.03.1998, BStBl II 1998, 401; FG BBg vom 20.11.2007, EFG 2008, 548 rkr; FG Nds EFG 1998, 735; Hennerkes/Binz, DB 1985, 1308; wegen der fehlerhaften Gesellschaft iSd Zivilrechts Hinweis auf Gernhuber, Bürgerliches Recht, 2. Aufl 1983, § 7).
Bei einer Erbengemeinschaft wird der Nachlass gemeinschaftliches Vermögen der Erben (§ 2032 Abs 1 BGB). Die Miterben stehen zueinander in einem dem zivilrechtlichen Gesellschaftsverhältniswirtschaftlich vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnis, wenn zum Nachlass ein Gewerbebetrieb gehört (GrS BFH vom 05.07.1990, BStBl II 1990, 837 zu II.1.a. der Begründung; auch s Rn 57). Im Einzelnen Felix, Das "Miterben-Unternehmen" in der Steuerberatung, KÖSDI 1991, 8436; Geuenich, Die geborene Mitunternehmerschaft der Erben – Eine nach wie vor überzeugende Konzeption?, ZEV 1998, 62.
Bei einer ehelichen Gütergemeinschaft werden das Vermögen des Mannes und das der Frau gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten (§ 1416 Abs 1 Nr 1 BGB). Gehört zu diesem "Gesamtgut" ein Gewerbebetrieb, der auf Rechnung und Gefahr beider Ehegatten geführt wird, auch wenn er nur von einem Ehegatten betrieben wird, so ist der andere Ehegatte wegen seiner Beteiligung an den Erträgen, seiner dinglichen Berechtigung am Gesamtgut einschließlich der stillen Reserven und wegen der Haftung des Gesamtguts sowie der den Kommanditistenstatus übersteigenden Mitwirkungs-, Auskunfts- und Kontrollrechte Mitunternehmer (BFH vom 18.1...