Prof. Dr. iur. Claus Möllenbeck
Rn. 528
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Vorbemerkungen
Unter § 15a Abs 5 Nr 1 EStG fällt nur der als Mitunternehmer anzusehende atypische stille Gesellschafter. Auf typische stille Gesellschafter ist § 15a EStG jedoch gemäß § 20 Abs 1 Nr 4 S 2 EStG sinngemäß anzuwenden: BFH vom 28.01.2014, BFH/NV 2014, 1193, womit der typisch stille Gesellschafter dem atypisch stillen Gesellschafter gleichgestellt wurde (dazu s § 15a Rn 47 (Bitz). Der typisch stille Gesellschafter darf daher Verluste grds nur noch bis zur Höhe seiner Einlage mit anderen Einkünften verrechnen. Verluste, mit denen der stille Gesellschafter zwar abweichend von § 232 Abs 2 HGB, aber handelsrechtlich zulässig, über seine Einlage hinaus belastet wird, dürfen nicht sofort abgezogen, sondern erst mit Gewinnen späterer VZ verrechnet werden.
Schwierigkeiten ergeben sich bei "sinngemäßer Anwendung" des § 15a EStG auf Einkünfte aus KapVerm, da es im Bereich der Überschusseinkünfte kein steuerliches Kapitalkonto des stillen Gesellschafters gibt. Als Nachweis kann der Gesellschafter ein Verlustkonto "Darlehenskonto" oder einen formlosen Merkposten führen (BFH vom 28.01.2014, VIII R 5/11, BFH/NV 2014, 894; BFH vom 23.07.2002, VIII R 36/01, BStBl II 2002, 858).
Rn. 529
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Nach § 20 Abs 1 Nr 4 S 2 EStG iVm § 15a Abs 1 S 1 EStG darf der einem stillen Gesellschafter zuzurechnende Anteil am Verlust des Handelsgewerbes im Verlustjahr weder mit anderen Einkünften verrechnet noch nach § 10d EStG abgezogen werden, soweit hierdurch ein negatives Einlagekonto entstehen könnte oder sich erhöhen würde. Nach BMF vom 31.08.1981, BB 1981, 1563 soll die sinngemäße Anwendung des § 15a EStG sicherstellen, dass negative Einkünfte aus KapVerm aus stillen Beteiligungen hinsichtlich der Ausgleichsmöglichkeit mit anderen (positiven) Einkünften soweit wie möglich Verlusten aus der Beteiligung an stillen Gesellschaften gleichgestellt werden, bei denen der stille Gesellschafter als Mitunternehmer iSd § 15a Abs 5 Nr 1 EStG anzusehen ist.
Beispiel zur Grundsatzregelung des § 15a Abs 1 und 2 EStG:
A ist mit einer Vermögenseinlage an einem Handelsgewerbe iHv EUR 20 000 typisch still beteiligt. Für das Jahr 01 entfällt auf A ein Verlustanteil iHv EUR 25 000. Diese EUR 25 000 sind als Verlust bei den Einkünften steuerrechtlich anzuerkennen.
Ausgleichsfähig (mit anderen positiven Einkünften) sind jedoch lediglich EUR 20 000. Die überschießenden EUR 5 000 sind in 01 nicht ausgleichsfähig, sondern nur verrechenbare Verluste iSv § 20 Abs 1 Nr 4 S 2 EStG iVm 15a Abs 2 EStG (s Rn 534).
Rn. 530
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
§ 15a Abs 1 S 2 und 3 EStG können nicht sinngemäß angewendet werden: Bei einem Kommanditisten ist eine Verlustzurechnung bis zur Höhe der vereinbarten Einlage möglich, auch wenn diese die geleistete Einlage überschreitet, sofern die vereinbarte Einlage am Bilanzstichtag im HR eingetragen ist. Nach § 172 Abs 2 HGB können sich die Gläubiger auf eine nicht eingetragene Erhöhung nur berufen, wenn ihnen diese von der Gesellschaft mitgeteilt worden ist.
Eine stille Gesellschaft ist als Innengesellschaft jedoch nicht im HR eintragungsfähig. Zwar haftet ein stiller Gesellschafter nicht gegenüber den Gläubigern des Beteiligungsunternehmens, die Gläubiger können jedoch die Forderung des Beteiligungsunternehmens aus der noch nicht geleisteten Einlage pfänden und hieraus den stillen Gesellschafter in Anspruch nehmen. Da die vereinbarte Einlage aber nicht über die Publizität des HR bekannt gemacht wird, ist die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme für den stillen Gesellschafter erheblich geringer. Es gilt § 15a Abs 5 S 1 EStG, wonach auf andere Unternehmer, die nicht Kommanditisten sind, § 15a Abs 1 S 2 und 3 EStG nicht anzuwenden sind.
Bereits nach dem allgemeinen Abflussprinzip können beim stillen Gesellschafter Verluste nur insoweit abgezogen werden, als hierdurch Vermögensgegenstände aus der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des stillen Gesellschafters ausscheiden. Die Verminderung der Einlage durch die Zurechnung des Verlustes entzieht dem stillen Gesellschafter die wirtschaftliche Verfügungsmacht über den geleisteten Teil der Einlage und bewirkt hierdurch den "Abfluss" des Verlustanteils. Werden dem stillen Gesellschafter darüber hinaus in Höhe der noch nicht eingeforderten oder rückständigen Einlagen Verluste zugerechnet, so wird dem stillen Gesellschafter kein Vermögensgegenstand entzogen, vielmehr findet ein Abfluss der wirtschaftlichen Verfügungsmacht erst statt, wenn der stille Gesellschafter die ausstehende Einlage in entsprechender Höhe eingezahlt hat. Die sinngemäße Anwendung des § 15a EStG kann infolgedessen auch beim stillen Gesellschafter nicht dazu führen, dass das Verlustausgleichsvolumen über die geleistete Einlage hinaus erweitert wird (glA Ratschow in Brandis/Heuermann, § 20 EStG Rz 235 (März 2022); Levedag in Schmidt, § 20 EStG Rz 97 (41. Aufl). Die Verpflichtung zur Schuldübernahme begründet keinen "erweiterten Verl...