Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 159
Stand: EL 142 – ET: 04/2020
Zivilrechtlich ist ein Grundstück gem §§ 93, 94 Abs 1 BGB eine einheitliche unbewegliche Sache, die aus Grund und Boden und wesentlichen Bestandteilen besteht, dh aus fest verbundenen Sachen, die voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass ein Bestandteil zerstört oder in seinem Wesen verändert wird. Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören insb Gebäude, es sei denn, diese sind zu einem nur vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden (Scheinbestandteil, s Rn 163) oder wurden in Ausübung eines dinglichen Rechts erstellt (Bsp in Ausübung eines Erbbaurechts), § 95 BGB. Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören gem § 94 Abs 2 BGB alle (zur Herstellung) in das Gebäude eingefügte Sachen. Für Ausstattung sowie Ein- und Vorrichtungen gilt dies dann, wenn diese wegen besonderer Anpassung an den Baukörper mit diesem eine Einheit bilden oder dem Gebäude ein bestimmtes Gepräge geben. Ist das Gebäude seinerseits wesentlicher Bestandteil des Grundstücks, sind wesentliche Bestandteile des Gebäudes zugleich solche des Grundstücks. Bestandteile des Grundstücks sind zivilrechtlich zudem Rechte, die mit dem Eigentum am Grundstück verbunden sind (zB Grunddienstbarkeit, Wassernutzungsrecht, Jagdrecht, Auffüllrecht), § 96 BGB. Der zivilrechtliche Grundstücksbegriff umfasst neben unbebauten und bebauten Grundstücken auch Gebäude auf fremdem Grund und Boden.
Kleinste bilanzrechtliche Ansatz- und Bewertungseinheit ist – unabhängig von den aggregierenden gesetzlichen Gliederungsvorgaben des § 266 Abs 2 HGB A.II.1für Grundstücke – nicht die einheitliche zivilrechtliche Sache, sondern das selbstständige WG. Bilanziell setzt sich die zivilrechtliche einheitliche Sache Grundstück aus einer Mehrheit selbstständiger WG zusammen, die überwiegend unbeweglich, teils beweglich sind bzw als beweglich gelten. Ein zivilrechtlich einheitliches Grundstück zerfällt bilanziell in das nicht abnutzbare unbewegliche WG Grund und Boden, das aufstehende abnutzbare unbewegliche WG Gebäude bzw selbstständige abnutzbare, unbewegliche oder bewegliche Gebäudeteile (sowie uU selbstständige unbewegliche Außenanlagen, Bodenschätze) als jeweils selbstständige WG (BFH v 16.07.1968, GrS 7/67, BStBl II 1969, 108).
Gebäudeteile sind als selbstständige WG bilanziell zu isolieren, wenn diese in einem von der eigentlichen Gebäudenutzung verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen, dh einem besonderen Zweck dienen (R 4.2 Abs 3 S 1, 2 EStR 2012). In diesem Sinne bilanziell selbstständige Gebäudeteile sind Betriebsvorrichtungen (s Rn 162), Scheinbestandteile (s Rn 163), Ladenein-/-umbauten (s Rn 163a), sonstige Mieterein-/-umbauten (die keine Betriebsvorrichtungen oder Scheinbestandteile sind, s Rn 164) und selbstständige sonstige Gebäudeteile (s Rn 165). Das zivilrechtlich einheitliche unbewegliche Grundstück stellt sich bilanziell als Mehrheit unbeweglicher und beweglicher WG insgesamt wie folgt dar:
Wirtschaftsgüter-Mehrheit Grundstück
Grundstücksgleiche Rechte (Bsp Erbbaurecht, § 11 Abs 1 S 1 ErbbauRG; Wohnungseigentum, § 1 Abs 1 WEG) sind selbstständige immaterielle WG. Gleiches gilt für Rechte, die mit dem Eigentum am Grundstück iSd § 96 BGB verbunden sind, bei Verselbstständigung (Abspaltung), vgl zum Wassernutzungsrecht BFH v 24.08.1989, IV R 38/88, BStBl II 1989, 1016, nicht aber bei einheitlicher Übertragung, vgl zum Auffüllrecht BFH v 20.03.2002, IV R 27/01, BStBl II 2003, 878.