Grundstücksunternehmen: Ist eine erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags möglich?
Beseitigen Mietvertragsparteien einen Streit über die Wirksamkeit des Mietvertrags vor Überlassung des Mietobjekts dadurch, dass sie das Mietverhältnis übereinstimmend für beendet erklären und der Mieter zur Abgeltung sämtlicher wechselseitiger Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem Mietvertrag eine Schlusszahlung an den Vermieter entrichtet, stellt diese Schlusszahlung eine Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz dar. Sie unterliegt der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.
Hintergrund
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Im Jahr 2010 schloss sie als Vermieterin einen Gewerberaummietvertrag. In diesem Mietvertrag verpflichtete sich die Klägerin, ein ganzes Grundstücksareal umzubauen und an die Mieterin zur Nutzung zu überlassen. Als Mietbeginn legten die Parteien den 1.8.2012 fest. Die Dauer des Mietvertrags sollte 15 Jahre betragen. Ein ordentliches Kündigungsrecht vereinbarten die Parteien nicht.
Nachdem sich die Umbauarbeiten aus verschiedenen Gründen verzögerten und auch der Übergabe mehrmals verschoben wurde, einigten sich die Vertragsparteien schließlich im August 2015 in einer "Schlussvereinbarung zum Mietvertrag" darauf, das Mietverhältnis gegen Zahlung eines Geldbetrags durch die Mieterin i. H. v. 4.750.000 EUR zu beenden.
In der Gewinn- und Verlustrechnung auf den 31.12.2015 erfasste die Klägerin die Zahlung des Schlussbetrags als sonstigen betrieblichen Ertrag. In der Gewerbesteuererklärung 2015 beantragte sie die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass es sich bei der Zahlung des Schlussbetrags nicht um eine Zahlung im Zusammenhang mit der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes gehandelt habe.
Entscheidung
Der Klägerin steht im Streitjahr die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu. Anstelle der "einfachen" Kürzung kann bei Grundstücksunternehmen auf Antrag die sog. erweiterte Kürzung greifen. Der Zweck dieser sog. erweiterten Kürzung besteht darin, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer zum Zweck der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen freizustellen, die nur private Vermögensverwaltung betreiben. Nach dem mit dieser Vorschrift verfolgten Zweck ist die erweiterte Kürzung erst dann ausgeschlossen, wenn die Verwaltung oder Nutzung des eigenen Grundbesitzes die Grenzen zur Gewerblichkeit überschreitet.
Die Klägerin hat im Urteilsfall die Grenzen der Gewerblichkeit nicht überschritten. Die Vermietung von Grundbesitz bleibt auch dann private Vermögensverwaltung, wenn der Besitz sehr umfangreich ist und zur Verwaltung ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb unterhalten wird.
Führt eine grundstücksverwaltende Personengesellschaft (Vermieterin) im eigenen Namen und auf eigene Rechnung nach Überlassung des Mietobjekts Rechtsstreitigkeiten aus einem fortbestehenden – eigenen Grundbesitz betreffenden – Mietvertrag, ist diese Tätigkeit integraler Bestandteil der Nutzung und Verwaltung ihres eigenen Grundbesitzes. Solche Aktivitäten dienen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Grundbesitzes.
Dies muss auch dann gelten, wenn die Mietvertragsparteien vor Überlassung des Mietobjekts den Streit über die fortbestehende Wirksamkeit eines Mietvertrags dadurch ausräumen, dass sie das Mietverhältnis übereinstimmend für beendet erklären und der Mieter zur Abgeltung sämtlicher wechselseitiger Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem Mietvertrag eine Schlusszahlung an den Vermieter entrichtet.
Ebenso bewegt sich die Geltendmachung möglicher Schadensersatzansprüche im Rahmen der Nutzung und Verwaltung des eigenen Grundbesitzes. Eine andere Beurteilung hätte das sinnwidrige Ergebnis zur Folge, dass der Vermieter auf die Geltendmachung möglicher Schadensersatzansprüche verzichten müsste, um die erweiterte Kürzung nicht zu gefährden.