Besteuerung von Renten: Bundesfinanzhof entwickelt Berechnungsformel
Für die Ermittlung einer doppelten Besteuerung von Renten hat der Bundesfinanzhof nun erstmals genaue Berechnungsparameter festgelegt. Danach liegt eine doppelte Besteuerung nicht vor, wenn die Summe der voraussichtlichen steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Altersvorsorgeaufwendungen. Der Grundfreibetrag und andere Beträge, die bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens des Rentners abziehbar sind oder steuerfrei gestellt werden, sind in die Vergleichsrechnung nicht einzubeziehen.
Hintergrund
Der Kläger S war bis 2007 als Steuerberater berufstätig. Er war zunächst als Angestellter in der Rentenversicherung Pflichtmitglied und später als Selbstständiger freiwillig weiterversichert. Die Beiträge zahlte er größtenteils aus eigenem Einkommen und konnte sie nur begrenzt als Sonderausgaben abziehen. Im Jahr 2008 wurde seine Rente mit einem Besteuerungsanteil von 54 % berücksichtigt.
S und seine Ehefrau E waren der Ansicht, dass aufgrund der hohen Zahlungen aus bereits versteuertem Einkommen der Ansatz von 54 % zu einer unzulässigen doppelten Besteuerung der Rente führte.
Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Nach Berechnung der Finanzrichter überstiegen die voraussichtlich steuerfreien Rentenbeträge die aus versteuertem Einkommen gezahlten Beträge.
Entscheidung
Die Revision scheiterte ebenfalls. Der Bundesfinanzhof bestätigte das Finanzgerichtsurteil im Ergebnis und entschied, dass eine doppelte Besteuerung nicht vorliegt, wenn die Summe der voraussichtlich steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus dem bereits versteuerten Einkommen aufgebrachten Rentenversicherungsbeiträge.
Die Finanzverwaltung ging bisher davon aus, dass der Grundfreibetrag bei der Berechnung der steuerfreien Rente einberechnet werden muss. Das hat zur Folge, dass sich der steuerfreie Rentenbetrag erheblich erhöht und eine Doppelbesteuerung vermieden wird. Diese Auffassung weist der Bundesfinanzhof entschieden zurück. Seiner Ansicht nach ist der Grundfreibetrag nicht zu berücksichtigen. Darüber hinaus legt der Bundesfinanzhof erstmals konkrete Berechnungsparameter für die Ermittlung einer doppelten Besteuerung fest.
I. Ermittlung des steuerfreien Rentenanteils
Steuerfrei zufließende Rentenbeträge
Der für S selbst ermittelte Betrag ergibt sich, wenn der jährliche steuerfreie Teilbetrag der Rente mit der im Zeitpunkt des Renteneintritts zu erwartenden durchschnittlichen statistischen weiteren Lebenserwartung des S nach der vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Sterbetafel multipliziert wird. Maßgebend ist die zuletzt verfügbare Sterbetafel im Zeitpunkt des Renteneintritts.
Einbeziehung der künftigen Hinterbliebenenrente
Auch die mögliche künftige Hinterbliebenenrente der E hat ihre Grundlage in dem Versicherungsverhältnis des S zur Deutschen Rentenversicherung. Die Anwartschaft wurde durch die von S geleisteten Beiträge mit erworben.
Bei Rentnern, die keine Hinterbliebenen hinterlassen, die rentenberechtigt sind (Witwe/Witwer, Waise), wird kein Rentenfreibetrag aus einer etwaigen Hinterbliebenenrente angesetzt. Sie gelangen daher bereits früher in den Bereich einer rechnerischen Doppelbesteuerung als solche Rentner, bei denen nach dem statistisch zu erwartenden Verlauf voraussichtlich eine Rente an Hinterbliebene gezahlt werden wird. Diese rechnerische Wirkung ist sachgerecht, da in beiden Fällen dieselben Rentenversicherungsbeiträge gezahlt wurden, aus einem Versicherungsverhältnis mit zu versorgenden Hinterbliebenen aber insgesamt voraussichtlich höhere Rentenleistungen zu erwarten sind als bei einem – sonst gleichen – Versicherungsverhältnis ohne Hinterbliebene.
Werbungskosten-Pauschbetrag, Grundfreibetrag und weitere Abzugsbeträge sind keine steuerfreien Rententeilbeträge
Der Werbungskostenabzug dient der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und kann daher nicht zugleich der Vermeidung einer doppelten Besteuerung dienen. Gleiches gilt für den Werbungskosten-Pauschbetrag.
Der Grundfreibetrag dient der Verschonung des Existenzminimums. Folglich kann er nicht nochmals herangezogen werden, um die steuerliche Belastung einer speziellen Einkunftsart zu reduzieren oder als Puffer zur Abfederung verfassungsrechtlich unzulässiger doppelter Steuerzugriffe zu dienen.
Die als Sonderausgaben abziehbaren Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge der Rentner sind ebenfalls nicht in die Vergleic...