Entscheidungsstichwort (Thema)

Bekanntgabe des im Klageverfahren geänderten Steuerbescheids an den Prozessbevollmächtigten; Anforderungen an die Vorsteuerabzugsberechtigung im Abzugsverfahren nach § 18 Abs. 8 UStG i.V.m. §§ 51 ff. UStDV

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Nach Inkrafttreten des § 68 FGO i.d.F. des FGO-ÄndG vom 21.12.1992 ist das Ermessen der Finanzbehörde in Fällen, in denen während des Klageverfahrens ein angefochtener Steuerbescheid geändert wird, dahingehend eingeschränkt, dass die Bekanntgabe gegenüber dem Prozessbevollmächtigten erfolgen muss. Wird der Bescheid dem Stpfl. selbst bekannt gegeben, liegt ein Ermessenfehler vor.
  2. Im Abzugsverfahren nach § 18 Abs. 8 UStG i.V.m. § 51 ff. UStDV gelten für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug dieselben Anforderungen wie im allgemeinen Besteuerungsverfahren.
  3. Die Berechtigung zum Vorsteuerabzug setzt u. a. voraus, dass die vom Stpfl. für sein Unternehmen bezogenen Leistungen von dem Unternehmer ausgeführt worden sind, der über die Leistungen abgerechnet hat.
  4. Für den Nachweis der Identität von leistendem Unternehmer und Rechnungsaussteller trägt der Stpfl. die objektive Beweislast.
 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1, § 18 Abs. 8; AO §§ 5, 122 Abs. 1 S; FGO § 68; UStDV § 51

 

Streitjahr(e)

1991, 1992

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Berechtigung des Klägers zum Vorsteuerabzug aus Rechnungen einer britischen Gesellschaft, die nach Ansicht des Beklagten die abgerechneten Leistungen nicht selbst ausgeführt hat.

Der Kläger betreibt ein Hoch- und Tiefbauunternehmen. In den Streitjahren 1991 und 1992 unterhielt er Geschäftsbeziehungen zu den Herren W., v.d.B. und B., die für die D. Ltd. nach außen aufgetreten sind. Die D. Ltd. war am 13. Februar 1991 in Großbritannien als „private limited company” britischen Rechts gegründet worden. Zum alleinigen geschäftsführenden Direktor war am 5. März 1991 der niederländische Staatsangehörige C. berufen worden.

Der Kläger setzte zur Ausführung von Mauerwerksarbeiten die D. Ltd., vertreten durch die Herren W., v.d.B. und B. als Subunternehmer ein. Die Mauerwerksarbeiten wurden dem Kläger von der D. Ltd. in Rechnung gestellt. Die Rechnungen wiesen Umsatzsteuer in Höhe von 2.393,72 DM für 1991 und 37.732,43 DM für 1992 gesondert aus. Außerdem trugen sie den Vermerk „Auftraggeber müssen MwSt an Finanzamt abführen. Laut § 18 UStG/§ 51 UStDV”. Der Kläger beglich die Rechnungen der D. Ltd. mittels Schecks, die er Herrn B. übergab. Dabei behielt er die ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge ein und bezahlte nur die Nettobeträge. In seinen Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre meldete er die von der D. Ltd. ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge an, führte sie gemäß § 51 UStDV ab und machte gleichzeitig Vorsteuern in gleicher Höhe geltend. Im Anschluß an eine beim Kläger durchgeführte steuerliche Außenprüfung ließ der Beklagte die in den Rechnungen der D. Ltd. gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuern beim Kläger nicht als Vorsteuern zum Abzug zu und änderte die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre entsprechend.

Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage. Zu deren Begründung trägt der Kläger vor, bei der D. Ltd. handle es sich nicht um eine Briefkastenfirma. Das ergebe sich aus den umfänglichen Geschäfts- und Behördenkontakten, die die D. Ltd. in der Bundesrepublik Deutschland unterhalten habe. Hierfür nimmt er Bezug auf die von ihm mit Schriftsatz vom 9. September 1996 als Anlage K1 bis K7 zur Gerichtsakte gereichten Unterlagen. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, weshalb eine Briefkastenfirma eine Betriebshaftpflicht-Versicherung mit einem jährlichen Prämienaufwand von 5.446,00 DM benötige. Außerdem habe das FA L. in einem Parallelverfahren auf der Grundlage von Erkenntnissen des Bundesamtes für Finanzen (BfF) festgestellt, dass die Handelsbilanz der D. Ltd. bei einem Umsatz von 10.713 Millionen Pfund einen Gewinn von 5.192 Pfund ausgewiesen habe. Die Erkenntnisse der Finanzverwaltung selbst ergäben somit erhebliche wirtschaftliche Aktivitäten der D. Ltd., womit sich die Annahme einer Briefkastenfirma verbiete.

Letztlich sei es aber unerheblich, ob es sich bei der D. Ltd. um eine Briefkastenfirma gehandelt habe. Entscheidend seien die zivilrechtlichen Vertragsbeziehungen, die zwischen ihm, dem Kläger, und der D. Ltd. zustande gekommen seien. Es sei vom Beklagten weder vorgetragen noch bewiesen worden, dass die D. Ltd. die Genehmigung eines durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht geschlossenen Vertrages verweigert habe. Die Mauerwerksarbeiten seien tatsächlich durchgeführt worden und der D. Ltd. aufgrund der Zivilrechtslage zuzurechnen. Ob die D. Ltd. ihre Umsätze ordnungsgemäß versteuert habe, sei für die Beurteilung der Berechtigung zum Vorsteuerabzug bei ihm, dem Kläger, unerheblich.

Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuern für 1991 um 2.393,72 DM und für 1992 um 37.732,43 DM herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung seines Antrags nimmt er im Wesentlichen Bezug auf die Ausführungen ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Steuer Office Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge