Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Anbringung einer Klageschrift beim Finanzamt bei Übersendung nur zur Kenntnisnahme
Leitsatz (redaktionell)
- Die Anbringung einer Klageschrift beim Finanzamt setzt voraus, dass sich durch Auslegung des Schriftstücks unter sinngemäßer Anwendung von § 133 BGB erkennen lässt, dass es sich um ein für das Finanzgericht bestimmtes Schriftstück handelt.
- Ein Telefax, dem als Anlage zur Kenntnis eine vom gleichen Tag an das Finanzgericht adressierte Klageschrift beigefügt ist, reicht als Anbringung einer Klageschrift bei der Behörde nicht aus, wenn aus dem Telefax ersichtlich, dass die Klageschrift nur zur Kenntnisnahme und nicht zur Weiterleitung an das Gericht bestimmt ist.
Normenkette
FGO § 47 Abs. 2 S. 1
Streitjahr(e)
2000
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger als ehemaliger Geschäftsführer der G. GmbH (GmbH) für die Steuerschulden der Gesellschaft nach §§ 69, 34 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) in Anspruch genommen werden kann.
Die GmbH wurde…in K. gegründet. Ihr Betätigungsfeld lag im Handel, In- und Export von Waren und Rechten aller Art, sowie die Vermittlung jeglicher Sach- und Dienstleistungen. Alleiniger Geschäftsführer war der Kläger. Ende März 1997 stellte die GmbH ihre Tätigkeit ein, das Gewerbe wurde bei der Stadt K. abgemeldet. Zum…1997 erfolgt eine Anmeldung der Gesellschaft bei der Gemeinde S.
Der Kläger wurde vom Beklagten mit Haftungsbescheid vom…für Steuerschulden und ausstehende steuerliche Nebenleistungen der GmbH in Höhe von insgesamt…DM in Anspruch genommen. Der gegen den Verwaltungsakt erhobene Einspruch wurde mit Einspruchsbescheid vom 6. April 2000, der nach Abgabevermerk des Sachbearbeiters in der Rechtsbehelfsstelle des Beklagten am gleichen Tag zur Post gegeben wurde, zurückgewiesen.
Am 10. April 2000 erreichte den Beklagten ein Telefax des Klägers. In diesem wurde die an das Niedersächsische Finanzgericht adressierte Klageschrift vom gleichen Tag als Anlage zur Kenntnis übersendet. Der Kläger erklärte in dem Fax, die GmbH sei seiner Meinung nach vom Beklagten absichtlich liquidiert worden, so dass aus diesem Vorgang heraus entsprechende Forderungen in der Klage geltend gemacht würden. Eine Klagebegründung würde nach erfolgter Akteneinsicht abgegeben werden. Der Kläger werde eine Durchschrift dem Finanzgericht zusenden. Der Beklagte leitete die beigefügte Klageschrift nicht an das Finanzgericht weiter.
Am 18. April 2000 teilte der Kläger dem Beklagten in einem weiteren Schriftsatz mit, dass er den aus den Handlungen des Finanzamts K. resultierenden Schaden infolge der Liquidierung der GmbH nunmehr geltend mache. Er werde diesen Anspruch in das Verfahren beim Finanzgericht einbringen.
Am 10. Mai 2000 ging die Klageschrift vom 10. April 2000 bei Gericht ein; der Poststempel des Briefumschlags datierte vom 9. Mai 2000, 16 Uhr.
Der Kläger beantragte in der Klageschrift, das Gericht möge den Beklagten anweisen, ihm die Einsichtnahme in die Steuerakten zu gewähren. Mit gerichtlicher Verfügung vom 21. Juni 2000 wurde der Beklagte gebeten, die Einsichtnahme in die bei ihm befindlichen Steuerakten zu ermöglichen. Hiervon wurde der Kläger durch das Gericht unterrichtet.
Das Gericht hat den Kläger mit gerichtlicher Verfügung vom 16. August 2000 auf die Versäumung der Klagefrist und auf die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hingewiesen sowie um Stellungnahme binnen zwei Wochen gebeten. Mit Schreiben vom 24. August 2000 erklärte der Kläger, er habe den Einspruchsbescheid erst am 13. April 2000 erhalten und daher fristgerecht Klage erhoben. Es möge sein, dass der Verwaltungsakt vom Beklagten am 6. April 2000 worden sei. Seine Datierung beweise den Abgang zur Post aber nicht. Hinsichtlich der Klagebegründung stelle er Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da diese Versäumnis auf einer verspäteten Gewährung von Akteneinsicht durch den Beklagten beruhe. Mit Schreiben vom 15. September 2000 wies der Beklagte auf das Fax des Klägers vom 10. April 2000 hin. Die gerichtliche Verfügung, mit der der Kläger um Aufklärung des Sachverhalts gebeten wurde, blieb unbeantwortet.
Der Kläger rügt die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Weiter ist er der Auffassung, eine Inanspruchnahme für die Lohnsteuerabzugsbeträge für den Monat Februar 1997 sei nicht möglich. Der Beklagte sei für den Erlass des Haftungsbescheids gegen ihn örtlich unzuständig gewesen. Das nach seiner Meinung zuständige Finanzamt K. habe im März 1997 eine nach Auffassung des Klägers illegale Kontenpfändung bei der Hausbank der GmbH durchgeführt. Diese habe dann die Kreditlinien gekündigt, so dass die GmbH nicht habe überleben können. Die geltend gemachten Beträge seien zu keinem Zeitpunkt vom Beklagten oder vom Finanzamt K. fällig gestellt worden.
Der Kläger trägt vor, es könne sein, dass er die Klage dem Gericht bereits vorab per Fax übermittelt habe. Einen...