Entscheidungsstichwort (Thema)
Befugnis zur Änderung eines Steuerbescheids aufgrund offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 129 AO
Leitsatz (redaktionell)
Ein während des Verlaufs einer Außenprüfung ergehender, eine Teilauswertung der Prüfungsfeststellungen vornehmender Steueränderungsbescheid führt nicht gemäß § 171 Abs. 4 AO zum Ende der Ablaufhemmung. Dies gilt auch dann, wenn der Vorbehalt der Nachprüfung zwar aufgehoben wird, die Außenprüfung betreffend den jeweiligen Steueranspruch aber noch nicht abgeschlossen ist.
Aufgrund einer Außenprüfung ergangen im Sinne des § 171 Abs. 4 AO kann auch ein solcher Steuerbescheid sein, der einen aufgrund einer Außenprüfung ergangenen Steuerbescheid ändert.
Ein aufgrund einer Außenprüfung ergangener Änderungsbescheid kann bis zum endgültigen Abschluss der Prüfung betreffend den jeweiligen Steueranspruch gemäß § 129 AO berichtigt werden.
Normenkette
AO §§ 129, 171 Abs. 4, § 173 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Befugnis zur Änderung eines Steuerbescheids aufgrund offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 129 der Abgabenordnung (AO). Die Klägerin rügt Festsetzungsverjährung im Zeitpunkt der Änderung des Bescheids. Der Beklagte - das Finanzamt (FA) - macht eine zu diesem Zeitpunkt noch andauernde Hemmung des Laufs der Verjährung gemäß § 171 Abs. 4 AO aufgrund einer noch nicht vollständig abgeschlossenen Außenprüfung geltend.
Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin der X, welche im Streitjahr 1995 ein …unternehmen betrieb. Ihre Gewerbesteuererklärung reichte die Rechtsvorgängerin im Dezember 1996 beim FA ein. Am 6. Dezember 1999 begann das FA mit einer Außenprüfung betreffend u.a. die Gewerbesteuer der Jahre 1994 - 1997. Am 24. April 2001 erteilte das FA einen "Teilbericht" (Bl. 44 ff. der GA), welcher im Feld "Weitere Bemerkungen" wie folgt näher beschrieben wurde:
"Bei diesem Bericht handelt es sich um einen Teilbericht; die Betriebsprüfung ist noch nicht abgeschlossen. Dieser Bericht enthält ausschließlich die Prüfungsfeststellungen gemäß den von den Prüfern A, B und C erstellten Prüfungsanmerkungen. Hinsichtlich des durch den Prüfer D bearbeiteten Prüfungsbereichs (Sachverhalte/Rechtsbeziehungen im Zusammenhang mit der …) wird die Betriebsprüfung fortgesetzt. Bei den aufgrund dieses Berichts zu ändernden Steuerfestsetzungen bleibt daher der Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO bestehen."
Aufgrund des Teilberichts erging am 4. Oktober 2001 ein geänderter, jedoch weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehender Gewerbesteuermessbescheid (GewStMB) für 1995. Hiergegen erhob die Klägerin am 17. Oktober 2001 Einspruch. Auf den Einspruch erteilte das FA am 5. November 2003 einen Änderungsbescheid, in welchem es zugleich den Vorbehalt der Nachprüfung aufhob. Bei der Erteilung des vorgenannten Änderungsbescheids unterlief dem Bearbeiter ein Versehen: Er brachte den Einheitswert des Betriebsvermögens anstelle zutreffender 145.300.000 DM fehlerhaft mit 14.530.000 DM in Ansatz.
Am 17. März 2006 erteilte das FA den abschließenden Bericht über die Außenprüfung, welche am 31. Januar 2006 beendet wurde. Unter Tz. 83 des Berichts kündigte das FA eine Änderung des GewStMB 1995 gemäß § 129 AO unter dem Gesichtspunkt eines Übertragungsfehlers an. Der entsprechende Änderungsbescheid mit dem Ansatz eines Einheitswerts des Betriebsvermögens in Höhe von 145.300.000 DM erging am 20. Juni 2006. Hiergegen erhob die Klägerin am 11. Juli 2006 Einspruch, welchen das FA mit Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2006 zurückwies: Die Änderungsbefugnis ergebe sich aus § 129 AO. Der GewStMB 1995 sei zu unverjährter Zeit korrigiert worden. Durch die Anordnung der Außenprüfung sei der Ablauf der Verjährungsfrist hinsichtlich sämtlicher der Prüfung unterzogenen Steueransprüche gehemmt gewesen. Die Festsetzungsfrist sei deshalb gemäß § 171 Abs. 4 AO nicht vor Erlass der aufgrund der Prüfung zu erlassenden Steuerbescheide abgelaufen. Dies gelte hinsichtlich sämtlicher in der Prüfungsanordnung bezeichneter Steuern. Durch den Zwischenbericht sei die Außenprüfung nicht beendet worden. Dies sei im Bericht ausdrücklich klargestellt worden. Die 2003 erfolgte Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung in Sachen GewStMB 1995 enge zwar den sachlichen Änderungsspielraum des FA ein, ändere aber nichts an der Änderungsbefugnis wegen offenbarer Unrichtigkeit, da eine solche jederzeit bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung zulässig sei.
Mit der am 25. August 2006 erhobenen Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend:
Das FA habe durch seine Ausführungen im "Teilbericht" vom 24. April 2001 deutlich gemacht, dass es die Prüfung u.a. in Sachen Gewerbesteuer 1995 als abgeschlossen betrachtet habe. Vor diesem Hintergrund sei wegen der Gewerbesteuer 1995 mit der Unanfechtbarkeit des letzten auf die Prüfung ergangenen Steuerbescheides Festsetzungsverjährung eingetreten. Der letzte aufgrund der Erkennt...