Rz. 153
§ 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b ErbStG befreit alle inländischen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen als Erwerber persönlich von der Erbschaft- und Schenkungsteuer, wenn sie (Satz 1)
- satzungsgemäß und tatsächlich
- sowie ausschließlich und unmittelbar
- kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen, d.h. steuerbegünstigten, Zwecken dienen.
Diese tatbestandlichen Voraussetzungen müssen im Zeitpunkt der Steuerentstehung vorliegen (§ 11 ErbStG). Die Maßgeblichkeit der §§ 51–68 AO (§ 51 Abs. 1 Satz 1 AO) begrenzt den Kreis der potenziell privilegierten Erwerber auf die in § 1 Abs. 1 Nrn. 1–5 KStG abschließend aufgezählten Rechtssubjekte des Privatrechts. Körperschaften des öffentlichen Rechts scheiden damit als Adressaten aus; sie mögen zwar mit ihren Betrieben gewerblicher Art der Körperschaftsteuer unterliegen (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG), werden insoweit aber nachhaltig wirtschaftlich tätig (§ 4 Abs. 1 Satz 1 KStG).
Rz. 154
Anders als nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. a ErbStG sind einschlägige Erwerbe noch nicht endgültig steuerfrei. Es kommt zu einer Nachversteuerung, wenn (Satz 2)
- die Voraussetzungen für die Anerkennung des Erwerbers als steuerbegünstigte Institution
- innerhalb von zehn Jahren nach der Zuwendung entfallen
- und das Vermögen nicht begünstigten Zwecken zugeführt wird.
Die Steuerbefreiung wird demnach auflösend bedingt gewährt; Bedingung ist der Wegfall der Steuerbegünstigungsvoraussetzungen innerhalb der zehnjährigen Überwachungsfrist. Insoweit schädliche Momente sind auf den Steuerentstehungszeitpunkt rückwirkende Ereignisse i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 AO. Sie erlauben die ggf. erstmalige Festsetzung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer; letztere u.U. sogar gegenüber dem/n Schenker/n (§ 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG) – dies dürfte besonders misslich sein, wenn die beschenkte Körperschaft infolge Insolvenz keine steuerbegünstigenden Zwecke mehr verfolgt.
Rz. 155
Im System der steuerlichen Förderung kirchlicher, gemeinnütziger und mildtätiger Zwecke privilegiert § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b ErbStG die unmittelbaren Zuwendungsempfänger, die als sog. steuerbegünstigte Institutionen unter insoweit wortlautidentischen Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG, § 3 Nr. 6 Satz 1 GewStG auch von Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit sind. Systemadäquat sollen die Erbschaft-/Schenkungsteuerstellen (zur Zuständigkeit s. § 35 ErbStG Anm. 19 ff.) daher auch die Entscheidungen der Körperschaftsteuerstellen über die Steuerbefreiung übernehmen. Und konsequent obliegt den Körperschaftsteuerstellen und Prüfungsdiensten der Finanzämter, zur Zusammenarbeit aufgefordert, die Kontrollmitteilungspflicht zur Information über insoweit schädliche Feststellungen. Prinzipiell funktioniert dieses System, solange und soweit die steuerbegünstigenden Voraussetzungen nicht streitig sind. Doch die Tatsache, dass zu § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG und § 3 Nr. 6 Satz 1 GewStG weit über 100, zu § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b ErbStG jedoch lediglich acht finanzgerichtliche Entscheidungen veröffentlicht sind, lässt vermuten, dass befreiungsschädliche Umstände nur höchst selten zur (Nach-)Erhebung von Erbschaft- oder Schenkungsteuer führen. Ursächlich sind häufig Vorgänge, die gegen das Gebot der Selbstlosigkeit verstoßen (s. § 55 AO), wie verdeckte (Gewinn-)Ausschüttungen wirken oder nur als satzungswidrige Mittelverwendung zu qualifizieren sind.
Rz. 156
Die eher großzügige Auffassung der Finanzverwaltung zur Un-/Schädlichkeit von Zweckbetrieben und wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben steuerbegünstigter Körperschaften passt in dieses Bild. Beispielhaft zeigt sie die mangelnde Konfliktfreudigkeit der Erbschaft- und Schenkungsteuerstellen. Und sie dürfte Anlass sein, eventuell doch auftretende Streitigkeiten nicht finanzgerichtlich, sondern vor den Verwaltungsinstanzen zu klären, sollte tatsächlich einmal ausnahmsweise eine den Steuerpflichtigen negative Entscheidung anstehen. Beachten Sie: Allerdings hat, wenn auch in anderem Zusammenhang, der Große Senat des BFH sehr deutlich darauf hingewiesen, dass das verfassungsrechtliche Legalitätsprinzip die Finanzverwaltung zum gleichmäßigen Vollzug der Steuergesetze verpflichtet. Der Gesetzgeber muss daher ernstgenommen werden, wenn er die erschaft-/schenkungsteuerliche Privilegierung nur solchen Institutionen gewähren will, die ausschließlich steuerbegünstigten Zwecken dienen (s. § 56 AO). Ob die Erträgnisse aus einer wirtschaftlichen Betätigung tatsächlich dem ideellen Bereich der Empfängerkörperschaft zufließen oder nicht, kann, da dies erst nach dem maßgebenden Steuerentstehungszeitpunkt (§ 11 ErbStG) geschieht, nicht entscheidungserheblich sein.
Rz. 156.1
Anders als § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG und § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG definiert § 13 Abs. 1 Nr. 16 ErbStG den Begriff "Zuwendungen" nicht als Spenden und ...