Rz. 153

[Autor/Stand] § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b ErbStG befreit alle inländischen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen als Erwerber persönlich von der Erbschaft- und Schenkungsteuer, wenn sie (Satz 1)

  • satzungsgemäß und tatsächlich
  • sowie ausschließlich und unmittelbar
  • kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen, d.h. steuerbegünstigten,[2] Zwecken dienen.

Diese tatbestandlichen Voraussetzungen müssen im Zeitpunkt der Steuerentstehung vorliegen (§ 11 ErbStG).[3] Die Maßgeblichkeit der §§ 5168 AO (§ 51 Abs. 1 Satz 1 AO)[4] begrenzt den Kreis der potenziell privilegierten Erwerber auf die in § 1 Abs. 1 Nrn. 1–5 KStG abschließend[5] aufgezählten Rechtssubjekte des Privatrechts.[6] Körperschaften des öffentlichen Rechts scheiden damit als Adressaten aus; sie mögen zwar mit ihren Betrieben gewerblicher Art der Körperschaftsteuer unterliegen (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG), werden insoweit aber nachhaltig wirtschaftlich tätig (§ 4 Abs. 1 Satz 1 KStG).[7]

 

Rz. 154

[Autor/Stand] Anders als nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. a ErbStG sind einschlägige Erwerbe noch nicht endgültig steuerfrei. Es kommt zu einer Nachversteuerung, wenn (Satz 2)

  • die Voraussetzungen für die Anerkennung des Erwerbers als steuerbegünstigte Institution
  • innerhalb von zehn Jahren nach der Zuwendung entfallen
  • und das Vermögen nicht begünstigten Zwecken zugeführt wird.

Die Steuerbefreiung wird demnach auflösend bedingt gewährt; Bedingung ist der Wegfall der Steuerbegünstigungsvoraussetzungen innerhalb der zehnjährigen Überwachungsfrist.[9] Insoweit schädliche Momente sind auf den Steuerentstehungszeitpunkt rückwirkende Ereignisse i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 AO. Sie erlauben die ggf. erstmalige Festsetzung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer; letztere u.U. sogar gegenüber dem/n Schenker/n (§ 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG)[10] – dies dürfte besonders misslich sein, wenn die beschenkte Körperschaft infolge Insolvenz keine steuerbegünstigenden Zwecke mehr verfolgt.[11]

 

Rz. 155

[Autor/Stand] Im System der steuerlichen Förderung kirchlicher, gemeinnütziger und mildtätiger Zwecke privilegiert § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b ErbStG die unmittelbaren Zuwendungsempfänger,[13] die als sog. steuerbegünstigte Institutionen unter insoweit wortlautidentischen Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG, § 3 Nr. 6 Satz 1 GewStG auch von Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit sind. Systemadäquat sollen die Erbschaft-/Schenkungsteuerstellen (zur Zuständigkeit s. § 35 ErbStG Anm. 19 ff.) daher auch die Entscheidungen der Körperschaftsteuerstellen über die Steuerbefreiung übernehmen.[14] Und konsequent obliegt den Körperschaftsteuerstellen und Prüfungsdiensten der Finanzämter, zur Zusammenarbeit aufgefordert, die Kontrollmitteilungspflicht zur Information über insoweit schädliche Feststellungen.[15] Prinzipiell funktioniert dieses System, solange und soweit die steuerbegünstigenden Voraussetzungen nicht streitig sind. Doch die Tatsache, dass zu § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG und § 3 Nr. 6 Satz 1 GewStG weit über 100, zu § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b ErbStG jedoch lediglich acht finanzgerichtliche Entscheidungen veröffentlicht sind,[16] lässt vermuten, dass befreiungsschädliche Umstände nur höchst selten zur (Nach-)Erhebung von Erbschaft- oder Schenkungsteuer führen.[17] Ursächlich sind häufig Vorgänge, die gegen das Gebot der Selbstlosigkeit verstoßen (s. § 55 AO),[18] wie verdeckte (Gewinn-)Ausschüttungen wirken[19] oder nur als satzungswidrige Mittelverwendung zu qualifizieren sind.[20]

 

Rz. 156

[Autor/Stand] Die eher großzügige Auffassung der Finanzverwaltung zur Un-/Schädlichkeit von Zweckbetrieben und wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben steuerbegünstigter Körperschaften[22] passt in dieses Bild. Beispielhaft zeigt sie die mangelnde Konfliktfreudigkeit der Erbschaft- und Schenkungsteuerstellen.[23] Und sie dürfte Anlass sein, eventuell doch auftretende Streitigkeiten nicht finanzgerichtlich, sondern vor den Verwaltungsinstanzen zu klären, sollte tatsächlich einmal ausnahmsweise eine den Steuerpflichtigen negative Entscheidung anstehen.[24] Beachten Sie: Allerdings hat, wenn auch in anderem Zusammenhang, der Große Senat des BFH sehr deutlich darauf hingewiesen, dass das verfassungsrechtliche Legalitätsprinzip die Finanzverwaltung zum gleichmäßigen Vollzug der Steuergesetze verpflichtet.[25] Der Gesetzgeber muss daher ernstgenommen werden, wenn er die erschaft-/schenkungsteuerliche Privilegierung nur solchen Institutionen gewähren will, die ausschließlich steuerbegünstigten Zwecken dienen (s. § 56 AO). Ob die Erträgnisse aus einer wirtschaftlichen Betätigung tatsächlich dem ideellen Bereich der Empfängerkörperschaft zufließen oder nicht,[26] kann, da dies erst nach dem maßgebenden Steuerentstehungszeitpunkt (§ 11 ErbStG) geschieht, nicht entscheidungserheblich sein.

 

Rz. 156.1

[Autor/Stand] Anders als § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG und § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG definiert § 13 Abs. 1 Nr. 16 ErbStG den Begriff "Zuwendungen" nicht als Spenden und ...

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