A. Allgemeines
Rz. 1
Nach dem Verzeichnis der für die Verwaltung der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer zuständigen Finanzämter obliegt die Aufgabe, diese Steuern nach Maßgabe des ErbStG "gleichmäßig festzusetzen und zu erheben" (§ 85 Satz 1 AO), zurzeit 46 deutschen Finanzbehörden (s. auch Anm. 3.1). § 35 ErbStG grenzt nicht nur die Geschäftskreise dieser Behörden voneinander ab, sondern regelt gleichzeitig als Verpflichtungsnorm, welches Finanzamt im Einzelfall tätig werden muss.
Rz. 2
Die danach vorzunehmende Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit ist unmittelbar bedeutsam für die ordnungsgemäße Erfüllung der Anzeigepflichten der Steuerpflichtigen (§ 30 Abs. 1, 2 ErbStG) und der in §§ 33, 34 ErbStG genannten Unternehmen, Institutionen und Behörden. Mit dem Eingang ihrer Mitteilungen hat das derart informierte Finanzamt seine eigene Zuständigkeit zu prüfen und ggf. die Unterlagen an die zuständige Stelle abzugeben. Beachten Sie: Sofern der Schenker nicht verstirbt, beginnt die Festsetzungsfrist für die Schenkungsteuer nicht vor dem Ende des Kalenderjahrs, in dem die Bediensteten der örtlich zuständigen Schenkungsteuerstelle Kenntnis vom Vollzug der Schenkung erhalten (§ 170 Abs. 5 Nr. 2 AO; s. § 30 ErbStG Anm. 5 ff.).
Rz. 3
Über das im Einzelfall zuständige Finanzamt ist auch der jeweilige Steuergläubiger zu individualisieren. Dies folgt aus Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Art. 107 Abs. 1 Satz 1 GG, wonach die – ausschließlich – als Ländersteuer konzipierte Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer nach Maßgabe des örtlichen Aufkommens verteilt wird. § 35 ErbStG hat somit auch steuerschuldrechtliche Bedeutung.
Rz. 3.1
Beachten Sie: Das Saarland ist seit dem 1.1.2015 nicht mehr Gläubiger der Erbschaft-/Schenkungsteuer. Die mit dem Staatsvertrag zwischen den Ländern Rheinland-Pfalz und Saarland über die Kooperation auf den Gebieten der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der Grunderwerbsteuer v. 23.9.2014 erfolgte Verlagerung der Verwaltungszuständigkeit umfasst auch das Erhebungsverfahren. Für vor dem 1.1.2015 entstandene Steueransprüche hat dieser Staatsvertrag daher die Wirkung einer Abtretung.
Rz. 3.2
Die Verwaltung der saarländischen Erbschaft-/Schenkungsteuerfälle erfolgt durch das rh.-pf. Finanzamt Kusel-Landstuhl im Wege der Organleihe (Art. 1 Abs. 1 Staatsvertrag). Das bislang zuständige Finanzamt Saarbrücken Mainzer Straße erlässt daher keine Erbschaft-/Schenkungsteuerbescheide mehr, konsequent sind keine Entscheidungen des FG Saarland mehr zu erwarten (§ 38 Abs. 1, 63 Abs. 1 FGO). Mittelbar tangiert der Staatsvertrag somit auch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Dass dies möglicherweise problematisch ist, zeigt § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG (i.V.m. § 70 Satz 1 FGO). Für einen vor Rechtshängigkeit einer Klage organisatorisch verfügten Behördenwechsel fehlt eine entsprechende gesetzliche Grundlage.
Rz. 4
In der täglichen Praxis findet die Norm kaum Beachtung. Ihre Anwendung ist in Erbfällen und bei "normalen" Schenkungsfällen i.d.R. unproblematisch. Sie erweist sich jedoch gerade für die Schenkungsteuer als Besteuerungsbremse, wenn und/oder weil die zur Zuständigkeitsbestimmung notwendige Personifizierung von Schenker und/oder Erwerber nicht einfach ist oder bewusst und gezielt erschwert wird.
Rz. 5– 6
Einstweilen frei.
B. Einzelheiten
I. Systematik der Vorschrift
Rz. 7
Die Zuständigkeit für die Verwaltung der Erbschaftsteuer richtet sich primär nach dem Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers (§ 35 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 19 Abs. 1 AO). Für Zwecke der Schenkungsteuer gilt die erste Aufmerksamkeit der Person des Erwerbers. Nur wenn er/sie eine natürliche Person ist (§ 35 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG – Umkehrschluss), wird a...