Entscheidungsstichwort (Thema)
Zufluss des geldwerten Vorteils bei Erwerb von eingeschränkt handel- und beleihbaren Aktien. Berechnung des geldwerten Vorteils bei Verfügungsbeschränkungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Der als Arbeitslohn bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassende geldwerte Vorteil aus der Ausübung einer Aktienoption ist in dem Zeitpunkt realisiert, in dem der Arbeitnehmer durch die Ausübung der Option die Verfügungsmacht an den unentgeltlich oder verbilligt erworbenen Aktien erhält.
2.Der Zuflussannahme stehen gesetzliche Verfügungsbeschränkungen, sog. „restricted shares” nicht entgegen (hier: keine Beleihung und Handelbarkeit der Aktien, aber Vermittlung von Stimmrechten und Dividendenbezugsrecht).
3. Der Sachbezug ermittelt sich mit dem Kurs im Zeitpunkt der Einbuchung der Aktien in das Depot des Arbeitnehmers. Dass die Aktien innerhalb der Sperrfrist nicht veräußert bzw. beliehen werden dürfen, führt nicht dazu, dass vom Kurswert ein entsprechender Abschlag vorzunehmen ist. Das gilt vor allem, wenn –wie hier – die Verfügungsbeschränkungen den Börsenwert beeinflusst haben.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 2, 1, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 11 Abs. 1 S. 3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Überlassung von sog. „restrictedshares”, d. h. von Aktien, die hinsichtlich ihrer Handelbarkeit und Beleihbarkeit Restriktionen unterlagen, durch einen Arbeitgeber zu einem sofortigen Zufluss von geldwerten Vorteilen beim Arbeitnehmer führt.
In den Kalenderjahren 2000 und 2001 erzielte der Kläger als Arbeitnehmer der A-GmbH (ab 2001 A AG) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Die A Inc., USA, die Muttergesellschaft der Arbeitgeberin des Klägers, gewährte dem Kläger im Jahr 1997 Optionen auf den Erwerb von Aktien der A Inc., USA, die er in den Jahren 2000 und 2001 ausübte. Auf Grund der Ausübung des Optionsrechtes erwarb der Kläger so genannte „restricted shares” im Sinne von Rule 144 des SEC Act of 1933; dabei handelt es sich um Aktien, die innerhalb von zwei Jahren weder handel- noch lieferbar und nicht zur Beleihung geeignet waren. Die „restricted Shares” können nach einer Haltefrist von einem Jahr nur unter bestimmten Bedingungen verkauft werden. Eine der Bedingungen ist die Einhaltung der Publikationspflichten nach US-Aktienrecht durch die Gesellschaft, die die „restricted shares” ausgegeben hat. Nach einer Sperrfrist von einem weiteren Jahr ist ein freier Verkauf möglich.
Nach den Feststellungen einer bei der Arbeitgeberin des Klägers durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung sei der geldwerte Vorteil aus der Ausübung der Aktienoption als Arbeitslohn bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers zu erfassen. Der Zufluss des geldwerten Vorteils sei in dem Zeitpunkt realisiert, in dem der Kläger durch die Ausübung der Option die Verfügungsmacht an den Aktien erhalte; die Verfügungsbeschränkungen würden dabei den geldwerten Vorteil nicht mindern. Die Mitarbeiter könnten zwar erst nach einer Haltefrist von 2 Jahren über die Aktien frei verfügen. Gleichwohl dürften die Nutzungen gezogen werden.
Die Arbeitgeberin hatte diesen Vorteil aus der Aktienüberlassung bei Ausübung der Optionen nicht versteuert, da sie der Meinung war, dass erst im Zeitpunkt des Wegfalls der Verfügungsbeschränkung über die Aktien der Unterschiedsbetrag zwischen dem Kurswert der Aktie zu diesem Zeitpunkt und dem durch den Mitarbeiter gezahlten Preis zu versteuern sei.
Nach Auffassung der Lohnsteuer-Außenprüfung liege in der Gewährung eines nicht handelbaren Optionsrechts auf den späteren Erwerb von Aktien zu einem bestimmten Übernahmepreis gegenüber einem Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses zunächst nur die Einräumung einer Chance. Der Zufluss des geldwerten Vorteils sei in dem Zeitpunkt realisiert, in dem der Arbeitnehmer durch die Ausübung der Option die Verfügungsmacht an den Aktien erhalte, er also Eigentümer werde. Die Höhe des geldwerten Vorteils bestimme sich nach der Differenz zwischen dem Kurswert der Aktien zum Zeitpunkt der Optionsausübung und dem Übernahmepreis aufgrund des Optionsrechts.
Die Verfügungsbeschränkungen der erworbenen Aktien würden den geldwerten Vorteil nicht mindern, da den Arbeitnehmern die Möglichkeit eingeräumt worden sei, die Optionen durch Nichtausübung des Optionsrechts verfallen zu lassen, falls sie mit den Beschränkungen nicht einverstanden seien. Das Risiko des Wertverlustes sowie die Möglichkeit der Wertsteigerung der Aktie während der 2-jährigen Haltefrist würden weder zu Werbungskosten noch zu Einkünften nach § 2 Abs.1 EStG führen.
Es lägen zwei wirtschaftlich voneinander getrennte Rechtsgeschäfte vor. Zum einen das Optionsgeschäft, das dem Arbeitnehmer den Bezug von Aktien zu einem bestimmten Preis unabhängig vom Kurswert der Aktie einräume und zum anderen die Anschaffung eines Kapitals...