Leitsatz (amtlich)
In Streitfällen über die Rechtmäßigkeit einer Betriebsprüfungsanordnung ist der Streitwert regelmäßig mit 50 v. H. der mutmaßlich zu erwartenden Mehrsteuern anzusetzen, die im Einzelfall geschätzt werden müssen. Fehlen geeignete Schätzungsgrundlagen und bietet der bisherige Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte dafür, welche Bedeutung die Sache nach dem gestellten Antrag hat, so ist der Streitwert auf 4 000 DM zu bestimmen.
Normenkette
FGO § 155; ZPO § 3; GKG § 13 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) - eine GbR -, die im Jahr 1974 gegründet wurde, betreibt ein Bauunternehmen. Im Jahr 1980 war sie für die Jahre 1976 bis 1978 geprüft worden. Im Juni 1982 wurde bei der Klägerin eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Zeitraum Januar 1981 bis April 1982 durchgeführt.
Am 31. März 1983 ordnete der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) eine Betriebsprüfung bei der Klägerin gemäß § 193 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) an, die sich auf die Feststellung der Einkünfte 1979 bis 1981 und die Umsatzsteuer 1979 bis März 1983 erstrecken sollte.
Die Beschwerde gegen die Prüfungsanordnung blieb erfolglos. Die Klage führte zur Aufhebung der Prüfungsanordnung, soweit sie die Umsatzsteuer 1982 bis März 1983 erfaßte. Das Finanzgericht (FG) führt aus, die Prüfungsanordnung sei rechtmäßig, soweit sie die Jahre 1979 bis 1981 betreffe. Die Klägerin unterläge nach § 193 Abs. 1 AO 1977 der Außenprüfung. Es sei nicht zu beanstanden, daß die Klägerin für die letzten drei Jahre, für die Steuererklärungen vorlägen, überprüft würde. Damit werde die Klägerin, die inzwischen Großbetrieb geworden sei, nicht schlechter als ein Mittelbetrieb behandelt. Auch ein Mittelbetrieb dürfte im Anschluß geprüft werden. Eine besondere Begründung sei nicht erforderlich gewesen. Soweit die Prüfungsanordnung sich auf die Umsatzsteuer 1982 bis März 1983 erstrecke, sei sie mangels ausreichender Begründung nicht rechtmäßig.
Mit der Revision wird Verletzung von Art. 3 des Grundgesetzes (GG) und § 4 Abs. 2 der Betriebsprüfungsordnung (Steuer) - BpO(St) - gerügt. Dazu wird vorgebracht, die Revision sei zulässig, denn der Streitwert betrage mehr als 10 000 DM. Dem FA müsse bekannt sein, daß sich aufgrund einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für das Kalenderjahr 1981 eine Umsatzsteuernachzahlung von über 100 000 DM ergeben habe, was auch zu erheblichen Einkommensteuernachzahlungen geführt habe. Die Revision sei auch begründet, da sich die Finanzverwaltung gemäß § 4 Abs. 2 BpO(St) selbst gebunden und festgestellt habe, daß bei Mittelbetrieben Anschlußprüfungen nicht durchgeführt werden sollten. Das müsse besonders bei der Klägerin gelten, bei der die Vorprüfung keine Mehrergebnisse für die Verwaltung erbracht habe. Der Gleichheitssatz werde verletzt, wenn bei der Klägerin ohne Angabe von Gründen eine Anschlußprüfung erfolge.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Prüfungsanordnung in Gestalt der Beschwerdeentscheidung aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
Nach § 115 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs gehört zur Zulässigkeit einer Revision, die nicht zugelassen oder zulassungsfrei ist, daß der Wert des Streitgegenstandes 10 000 DM übersteigt. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, weil der Wert des Streitgegenstandes 4 000 DM beträgt.
Nach § 155 FGO i. V. m. § 3 der Zivilprozeßordnung ist der Wert des Streitgegenstandes nach freiem Ermessen zu bestimmen. In Streitfällen über die Rechtmäßigkeit einer Betriebsprüfungsanordnung ist der Streitwert regelmäßig mit 50 v. H. der mutmaßlich zu erwartenden Mehrsteuern anzusetzen, die im Einzelfall geschätzt werden müssen (Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 17. September 1974 VII B 122/73, BFHE 113, 411, BStBl II 197 5, 197). Fehlen geeignete Schätzungsgrundlagen und bietet der bisherige Sachund Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte dafür, welche Bedeutung die Sache nach dem gestellten Antrag hat, so ist der Streitwert in Anlehnung an § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes auf 4 000 DM zu bestimmen.
Im Streitfall sind brauchbare Anhaltspunkte für eine Schätzung der voraussichtlichen Mehrsteuern nicht vorhanden. Der Hinweis der Klägerin auf erhebliche Mehrsteuern aufgrund einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für das Jahr 1981 rechtfertigt nicht den Ansatz eines höheren Streitwerts. Sollte mit dem Vorbringen die Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Klägerin gemeint sein, so ist dazu auszuführen, daß die Feststellungen aus der Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom FA bereits vor Anordnung der Betriebsprüfung bei der Klägerin ausgewertet waren, so daß Mehrsteuern aus der Umsatzsteuer-Sonderprüfung nicht mehr zu erwarten waren. Der Hinweis steht auch zu dem sonstigen Vorbringen der Klägerin in Gegensatz, die betont hat, daß die Vorprüfung bei ihr keine Mehrergebnisse erbracht habe und hiervon auch bei der angeordneten Betriebsprüfung auszugehen sei.
Fundstellen
Haufe-Index 425967 |
BStBl II 1985, 257 |
BFHE 1985, 542 |