Welche Unternehmen eine Rückstellung für Betriebsprüfung bilden dürfen


Kapitel
Rückstellung für Betriebsprüfung: Betroffene Unternehmen

Jahrelang haben die Betriebsprüfer eine Rückstellung für die oft erheblichen Kosten einer Betriebsprüfung nur anerkannt, wenn am Bilanzstichtag eine Prüfungsanordnung ergangen war. Ein Unternehmen klagte dagegen und bekam Recht. Seitdem bedarf es dazu keiner Prüfungsanordnung mehr, doch müssen andere Bedingungen erfüllt werden.

Das FG Baden-Württemberg (Urteil vom 14.10.2010, 3 K 2555/09) ist der Argumentation eines Steuerpflichtigen gefolgt, die Rückstellung sei auch dann zu bilden, wenn noch keine Prüfungsanordnung vorliegt. Die Finanzbehörden wollten das nicht akzeptieren. Im Jahr 2012 hat der Bundesfinanzhof (Urteil vom 6.6.2012, I R 99/10) in letzter Instanz die Auffassung des Unternehmens bestätigt: Wenn eine Betriebsprüfung zu erwarten ist, muss eine entsprechende Rückstellung gebildet werden, auch wenn es noch keine Prüfungsanordnung gibt. Trotz dieser klaren Entscheidung sind nicht alle Unternehmen betroffen. Auch muss definiert werden, in welcher Höhe die Rückstellung zu bilden ist. Wie bei vielen Rückstellungen ist auch hier die Argumentation für die Höhe der gewählten Beträge wichtig.

Praxis-Hinweis: Hier ergibt sich für den Bilanzierenden durchaus ein Gestaltungsspielraum, dessen Ausgestaltung durch Erfahrungswerte erfolgen muss. Doch zunächst muss festgestellt werden, ob das Unternehmen zu den betroffenen Steuerpflichtigen gehört.

Tipp: Stellen Sie zunächst in einer Überschlagsrechnung fest, welche Beträge in Ihrem Unternehmen für die Rückstellung zu erwarten sind und welche Auswirkungen diese tatsächlich haben. Erst wenn ein ausreichender Betrag erreicht ist, lohnt sich der Aufwand für eine detaillierte Betrachtung.

Bedingung 1: Überschreitung der Grenzen für Großbetriebe

Der BFH hat in seiner Entscheidung festgehalten, dass der klagende Steuerzahler mit einer 80-prozentigen Wahrscheinlichkeit mit einer Betriebsprüfung zu rechnen hatte. Das war dem Senat ausreichend.
Praxis-Hinweis: Aus Kapazitätsgründen prüfen Finanzbehörden Kleinst-, Klein- und Mittelbetriebe nur selten, solange es keine Verdachtsmomente gibt. Nur Großbetriebe müssen mit einer regelmäßigen Betriebsprüfung aller Jahre rechnen. Daher liegt bei Großbetrieben die Wahrscheinlichkeit bei 80 %.
Jedes Jahr neue Grenzen
Die Finanzbehörden der Länder legen regelmäßig die Grenzen fest, die einen Großbetrieb bestimmen. Die Werte können sich also ändern. Derzeit reicht es, wenn das Unternehmen entweder die folgende Umsatz- oder Gewinngrenze überschreitet: 

Unternehmensart

Umsatz größer als

Gewinn größer als

Handelsbetrieb

8.600.000 €

335.000 €

Fertigungsbetrieb

5.200.000 €

300.000 €

Freier Beruf

5.600.000 €

700.000 €

Sonstige

6.700.000 €

400.000 €

Bedingung 2: Es handelt sich um einen G1- oder auch G2-Betrieb

Nicht alle Großbetriebe erhalten eine Anschlussprüfung. Die Behörden unterscheiden detailliert die drei folgenden Gruppen: 

G1-Betriebe mit einem Umsatz über 39 Mio. EUR erhalten immer eine Anschlussprüfung. Daher liegt die Wahrscheinlichkeit einer Betriebsprüfung bei 100 %, d.h. eine Rückstellung muss zwingend gebildet werden.
G2-Betriebe mit einem Umsatz von mehr als 10 Mio. EUR, aber nicht mehr als 39 Mio. EUR. Diese erhalten in der Regel eine Anschlussprüfung. Es kann jedoch auch zu einer qualifizierten Absetzung kommen. Dabei wird zunächst geprüft, ob mit einer signifikanten Steuernachzahlung zu rechnen ist. Unter Umständen kann die Betriebsprüfung vor Ort entfallen. Die Wahrscheinlichkeit einer Betriebsprüfung ist kleiner als 100 %, d.h. keine zwingende Rückstellungsbildung.
G3-Betriebe sind alle Großbetriebe mit einem Umsatz von nicht mehr als 10 Mio. Euro. Diese können ähnlich wie Mittelbetriebe mit ungeprüften Jahren rechnen. Die Wahrscheinlichkeit kann nicht genau ermittelt werden, d.h. keine zwingende Rückstellungsbildung. 

Praxis-Hinweis: Die vorgenannte Einteilung wird nicht in allen Ländern so umgesetzt. Es gibt durchaus Unterschiede in der Systematik und den Grenzwerten. Eine exakte Einordnung kann der Steuerberater feststellen.

Tipp: G2- und G3-Betriebe dürften über die Rückstellungsbildung diskutieren, zunächst mit den Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern, später mit dem Betriebsprüfer. Dabei überspringen G2-Betriebe sehr wahrscheinlich die 80 %-Grenze, G3-Betriebe eher nicht. Gute Argumente bietet die Vergangenheit. Wenn ein G2-Betrieb bisher immer eine Anschlussprüfung erhalten hat, ist das auch für die Zukunft anzunehmen.

Schlagworte zum Thema:  Betriebsprüfung, Rückstellung