Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassungsfreie Revision; Anforderungen an die Verfahrensrüge des § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO
Leitsatz (NV)
Die Beteiligten sind nach Vorschrift des Gesetzes vertreten, wenn sie Gelegenheit haben, entweder selbst oder durch einen berufenen Vertreter ihren Standpunkt darzulegen.
Normenkette
FGO § 116 Abs. 1 Nr. 3, § 119 Nr. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hat die Untätigkeitsklage der Kläger und Revisionskläger (Kläger) als unzulässig abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision hat der erkennende Senat durch Beschluß vom heutigen Tage als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der auf § 119 Nr. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestützten Revision tragen die Kläger vor, sie seien im finanzgerichtlichen Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten gewesen. Durch die direkte Zustellung des Gerichtsbescheids auch an die Kläger sei ihr Prozeßbevollmächtigter faktisch aus dem Verfahren ausgeschlossen worden. Das FG habe damit nicht nur die gesetzliche Anweisung in § 62 Abs. 3 Satz 5 FGO mißachtet, sondern auch das rechtliche Gehör der Kläger verletzt. Die Kläger hätten in der mündlichen Verhandlung nur zwei bis drei Minuten Zeit für Befangenheits- und Sachanträge erhalten. Befangenheitsanträge seien nicht zur Kenntnis genommen, sondern stets als rechtsmißbräuchlich angesehen worden. Die Farce einer mündlichen Verhandlung führe dazu, daß die Kläger i. S. des § 119 Nr. 4 FGO nicht vertreten gewesen seien.
Die Kläger beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und das Verfahren zur anderweitigen Verhandlung an das FG zurückzuverweisen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt) beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig. Die Kläger haben Gründe für eine zulassungsfreie Revision nach § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO nicht schlüssig dargelegt.
Die §§ 116 Abs. 1 Nr. 3, 119 Nr. 4 FGO sollen gewährleisten, daß die Beteiligten entweder selbst oder durch einen berufenen Vertreter Gelegenheit haben, ihren Standpunkt darzulegen (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 27. Januar 1988 IV R 14/86, BFHE 152, 196, BStBl II 1988, 447; BFH-Urteil vom 8. Februar 1991 III R 190/86, BFH/NV 1992, 41). Der mündlichen Verhandlung kommt hierbei wesentliche Bedeutung zu (vgl. § 90 Abs. 1 Satz 1 FGO). Ein Verfahrensmangel i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO ist deshalb dann gegeben, wenn das Gericht entweder bei der Vorbereitung oder Durchführung der mündlichen Verhandlung den Vorschriften des Gesetzes nicht genügt und dadurch den Beteiligten die Teilnahme unmöglich macht (BFH-Urteil vom 10. August 1988 III R 220/84, BFHE 154, 17, BStBl II 1988, 948) oder irrtümlich von einem Verzicht auf mündliche Verhandlung ausgeht und unter Verstoß gegen § 90 Abs. 1 und 2 FGO durch Urteil entscheidet (BFH-Urteil vom 2. März 1990 III R 123/86, BFH/NV 1990, 793). Einen solchen oder einen diesem vergleichbaren Sachverhalt haben die Kläger nicht vorgetragen. Ihr Bevollmächtigter war zur mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladen worden.
Soweit die Kläger die Verletzung rechtlichen Gehörs rügen (§ 119 Nr. 3 FGO), kann dies nach § 116 Abs. 1 FGO keine zulassungsfreie Revision eröffnen. Im übrigen haben die Kläger nicht substantiiert vorgetragen, wozu sie sich nicht hätten äußern können und was sie bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätten.
Fundstellen
Haufe-Index 420425 |
BFH/NV 1995, 888 |