Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsschutzinteresse an einer Fortsetzungsfeststellungsklage

 

Leitsatz (NV)

Ein Rechtsschutzinteresse an einer Fortsetzungsfeststellungsklage (hier: zum Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren wegen strittiger doppelter Haushaltsführung) kann zu verneinen sein, wenn für das Jahr des betreffenden Lohnsteuerabzug bereits eine Veranlagung durchgeführt ist und in Folgejahren mit geänderten tatsächlichen Verhältnissen gerechnet werden kann.

 

Normenkette

FGO § 100 Abs. 1 S. 4; EStG § 9 Abs. 1 Nr. 5, § 39a Abs. 1 Nr. 1, § 41c Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg (Urteil vom 15.06.2005; Aktenzeichen 5 K 202/03)

 

Gründe

Die Beschwerde ist nicht begründet, da die geltend gemachten Divergenzen nicht bestehen.

1. Das angefochtene Urteil bejaht mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der abgelehnten Eintragung auf der Lohnsteuerkarte ungeachtet einer fehlenden rechtlichen Bindung für die Folgejahre, wenn anzunehmen ist, dass sich die Beteiligten --bei unveränderter Sachlage-- der Auffassung des Gerichts anschließen werden. Das Finanzgericht (FG) verneint indessen im Streitfall die unveränderte Sachlage aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen und hält deswegen ein Feststellungsinteresse für nicht gegeben.

In rechtlicher Hinsicht verneint das FG eine Bindung für das Streitjahr, weil die diesbezügliche Veranlagung bereits durchgeführt worden sei und weil sich im Übrigen die Rechtsprechung infolge der Gesetzesänderung durch Art. 1 Nr. 24 des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerrechtlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2645, BStBl I 2003, 710) geändert habe.

Da in dem vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) als divergierend bezeichneten Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 7. Juni 1989 X R 12/84 (BFHE 157, 370, BStBl II 1989, 976) eine natürliche Bindung an die zu einem Vorjahr ergangene Entscheidung nur für den Fall der unveränderten Sachlage angenommen wird, liegt eine Abweichung durch das FG nicht vor; denn dieses geht nicht von einer unveränderten Sachlage aus.

2. Es liegt auch keine Divergenz zum BFH-Urteil vom 29. Mai 1979 VI R 21/77 (BFHE 128, 148, BStBl II 1979, 650) vor. Denn auch in dieser Entscheidung wird ein Feststellungsinteresse für das Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren nur mit der Begründung bejaht, dass die Gerichte bei einer erneuten Entscheidung im Veranlagungsverfahren bei unveränderter Sachlage den gleichen Rechtsstandpunkt wie im Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren einnehmen werden. Demgegenüber hat das FG ein Feststellungsinteresse deswegen verneint, weil es keine unveränderte Sachlage angenommen hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1507143

BFH/NV 2006, 1335

DStRE 2006, 840

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