Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung durch Duldungsbescheid
Leitsatz (NV)
Die Frist für die Anfechtung der unentgeltlichen Übertragung eines Erbbaurechtsanteils des Stpfl. an seine Ehefrau durch die Finanzbehörde mittels Duldungsbescheids beginnt, wie bei der Übertragung aller dinglichen Rechte an einem Grundstück, mit dem Zeitpunkt der Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch (hier: Erbbaugrundbuch).
Normenkette
AnfG § 3 Abs. 1 Nr. 4; AO 1977 § 191; BGB §§ 873, 925; FGO § 142 Abs. 1
Tatbestand
Der Ehemann der Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) hat seit Jahren erhebliche Steuerschulden. Am 9. Oktober 1991 machte er der Antragstellerin in notarieller Form ein unbefristetes Angebot zum Abschluß eines Vertrages über die schenkweise Übertragung des ihm gehörenden hälftigen Miteigentumsanteils an dem am Grundstück X bestehenden Erbbaurecht; die andere Hälfte gehörte bereits der Antragstellerin. Am 5. Dezember 1991 wurde eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Antragstellerin im Erbbaugrundbuch des Amtsgerichts eingetragen. Aufgrund der vom Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt -- FA --) betriebenen Zwangsvollstreckung wurden dort ferner am 13. April 1994 auf dem Erbbaurechtsanteil des Ehemannes der Antragstellerin eine Zwangssicherungshypothek und am 31. Januar 1995 die Anordnung der Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft eingetragen. Am 22. März 1995 nahm die Antragstellerin das Angebot ihres Ehemannes vom 9. Oktober 1991 in der gehörigen notariellen Form an. Die Eintragung des Übergangs des Miteigentumsanteils am Erbbaurecht auf die Klägerin im Erbbaugrundbuch erfolgte am 21. November 1995.
Mit Datum vom 25. Juli 1996 erließ das FA gegen die Antragstellerin einen auf §191 der Abgabenordnung (AO 1977) i. V. m. §3 Abs. 1 Nr. 4 des Anfechtungsgesetzes (AnfG) gestützten Duldungsbescheid, wonach die Antragstellerin wegen der in der Anlage zu diesem Bescheid zusammengestellten Umsatzsteuerrückstände ihres Ehemannes in Höhe von ... DM die Vollstreckung in den ihr von diesem unentgeltlich übertragenen hälftigen Anteil am Erbbaurecht zu dulden habe. Der Einspruch der Antragstellerin hatte keinen Erfolg.
Mit ihrer beim Finanzgericht (FG) anhängigen Klage bringt die Antragstellerin im wesentlichen vor, die zweijährige Anfechtungsfrist sei im Zeitpunkt des Erlasses des Duldungsbescheids bereits abgelaufen, denn der Erwerb des Erbbaurechtsanteils sei schon mit der Annahme des Schenkungsangebots am 9. Oktober 1991 zustandegekommen; die "wiederholte Annahme des Angebots" am 22. März 1995 sei ebenso unschädlich wie die Tatsache, daß die Eintragung des Rechtsübergangs im Grundbuch erst am 21. November 1995 erfolgt sei.
Das FA ist der Klage entgegengetreten und hat dabei darauf hingewiesen, daß nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bei der Übertragung von Grundstücken oder Rechten an Grundstücken erst die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch den Beginn der Anfechtungsfrist in Lauf setze.
Den für die vorliegende Klage gestellten Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihres Prozeßbevollmächtigten hat das FG mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg der Klage abgelehnt. Die Antragstellerin habe nach §191 AO 1977 i. V. m. §3 Abs. 1 Nr. 4 AnfG die Vollstreckung in den ihr von ihrem Ehemann schenkweise übertragenen hälftigen Miteigentumsanteil am Erbbaurecht zu dulden. Die zweijährige Anfechtungsfrist sei beim Erlaß des Duldungsbescheids noch nicht abgelaufen gewesen. Bestehe nämlich das anfechtbare Rechtsgeschäft wie im Falle einer Grundstücksübertragung aus mehreren Rechtsakten, nämlich dem schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft und dem dinglichen Erfüllungsgeschäft, so sei grundsätzlich der Gesamtvorgang als einheitliche Rechtshandlung im Sinne des Anfechtungsrechts anzusehen mit der Folge, daß nicht die einzelnen Rechtsakte der Anfechtung unterlägen, sondern die Anfechtung erst nach Abschluß des Gesamtvorgangs in Betracht komme. Im Falle einer Grundstücksveräußerung bzw. der streitgegenständlichen Übertragung des Erbbaurechts sei die Anfechtung daher erst nach Abschluß des dinglichen Erfüllungsgeschäfts, d. h. nach der Eintragung des Rechtsübergangs im Grundbuch, möglich. Erst von diesem Zeitpunkt an beginne nach allgemeiner Meinung auch die Anfechtungsfrist zu laufen.
Mit der vorliegenden Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung der PKH durch das FG verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Sie wendet fehlerhafte Rechtsanwendung des FG ein, ohne jedoch ihre Beschwerde näher zu begründen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Der Antragstellerin kann, wie von der Vorinstanz zutreffend entschieden, PKH nicht gewährt werden, weil es an dem Bewilligungserfordernis der hinreichenden Erfolgsaussicht für das Klageverfahren fehlt (§142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO -- i. V. m. §114 der Zivilprozeßordnung).
Fehl geht das Vorbringen der Antragstellerin, der Duldungsbescheid sei deshalb rechtswidrig, weil die zweijährige Anfechtungsfrist des §3 Abs. 1 Nr. 4 AnfG abgelaufen sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, die sich ihrerseits auf die Rechtsprechung der Zivilgerichte stützen kann (vgl. die Senatsurteile vom 14. Juli 1981 VII R 49/80, BFHE 133, 501, BStBl II 1981, 751; vom 8. März 1984 VII R 43/83, BFHE 141, 106, BStBl II 1984, 576; vom 15. Oktober 1996 VII R 35/96, BFHE 181, 268, BStBl II 1997, 17, m. w. N. aus der zivilgerichtlichen Rechtsprechung), beginnt die Anfechtungsfrist bei mehraktigen Rechtsgeschäften mit dem Vollzug des Zuwendungsvorgangs, d. h. der Vollendung des Erwerbs. Bei der Schenkung oder Veräußerung eines Grundstücks ist daher die den Eigentumserwerb vollendende Eintragung des Eigentumsübergangs im Grundbuch (§873 des Bürgerlichen Gesetzbuchs -- BGB --) maßgeblich, sofern diese -- wie regelmäßig und so auch im Streitfall -- der Auflassung (§925 BGB) nachfolgt. Entsprechendes gilt für die entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung aller dinglichen Rechte an einem Grundstück (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs -- BGH -- vom 21. Januar 1993 IX ZR 275/91, BGHZ 121, 179, 188). Daher hat der BGH auch entschieden, daß der maßgebliche Zeitpunkt für den Beginn der Anfechtungsfrist bei der Übertragung eines Erbbaurechtsanteils der Zeitpunkt der Eintragung der Rechtsänderung im Erbbaugrundbuch ist (BGH-Urteil vom 20. Oktober 1965 VIII ZR 168/63, Neue Juristische Wochenschrift 1966, 730). Der Senat folgt dieser Auffassung.
Da im Streitfall die Eintragung des Übergangs des der Antragstellerin von ihrem Ehemann übertragenen Erbbaurechtsanteils im Erbbaugrundbuch erst am 21. November 1995 erfolgt ist, ist die durch den Duldungsbescheid vom 25. Juli 1996 herbeigeführte Anfechtung fristgerecht. Auf die der Eintragung vorausgegangenen schuldrechtlichen und dinglichen Vorgänge zwischen dem Ehemann der Antragstellerin als ursprünglichem Rechtsinhaber und der Antragstellerin als neuer Rechtsinhaberin kommt es für die rechtliche Beurteilung im Streitfall nicht an.
Da die Antragstellerin ihre Beschwerde nicht weiter begründet hat und bei der gebotenen summarischen Betrachtung auch keinerlei Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG erkennbar sind, sieht der Senat unter Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung von einer weiteren Begründung ab (§113 Abs. 2 Satz 3 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 66919 |
BFH/NV 1998, 681 |