Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde; zur Divergenz und zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung
Leitsatz (NV)
1. Fehler bei der Feststellung oder Würdigung von Tatsachen durch das FG rechtfertigen keine Zulassung wegen Divergenz.
2. Richtet sich die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde der Sache nach gegen die Tatsachenwürdigung des FG, reicht dies zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nicht aus.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2
Verfahrensgang
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten und Beschwerdeführers (Finanzamt -- FA --) ist unbegründet. Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.
1. Die vom FA geltend gemachte Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. April 1975 III R 93/72 (BFHE 116, 43, BStBl II 1975, 657) liegt nicht vor. Von dem in diesem Urteil aufgestellten Rechtssatz, daß eine als Schuld zu qualifizierende Verpflichtung nur abzugsfähig ist, wenn sie "auch eine ernsthafte wirtschaftliche Last am Stichtag" darstellt, ist das Finanzgericht (FG) in der angegriffenen Entscheidung nicht abgewichen. Denn der vom FA zitierten finanzgerichtlichen Urteilsbegründung ("Nach der ... Überzeugung des Senats steht fest, daß der Kläger und die Beigeladene zu 1. die notarielle Verpflichtungserklärung vom 23. Januar 1985 noch im Januar 1985 an die Bank übergeben haben. Das hat der Zeuge M. glaubhaft bekundet. Damit war eine Verbindlichkeit gegeben, die zum 1. 1. 1986 Bestand hatte.") läßt sich nicht entnehmen, daß das FG auf das Erfordernis einer ernsthaften wirtschaftlichen Last verzichten wollte. Dem FG ging es -- wie der Hinweis auf die Beweisaufnahme durch die Vernehmung des Zeugen M. erkennen läßt -- vielmehr nur um die Prüfung, ob der Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) sowie die Beigeladene zu 1 gegenüber der Bank eine Verpflichtung eingegangen waren. Daß diese Verpflichtung nach Auffassung des FG eine wirtschaftliche Belastung für den Kläger und die Beigeladenen zu 1 darstellten, folgt im übrigen aus den sich anschließenden Ausführungen des FG zur "Werthaltigkeit der Forderungen zum 1. 1. 1986". Ob aber das FG die vom Kläger und der Beigeladenen zu 1 abgegebene Verpflichtungserklärung zutreffend als Begründung einer Verbindlichkeit gegenüber der Bank gewürdigt hat oder ob -- was das FA geltend macht -- die Verpflichtungserklärung nur das Innenverhältnis zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1 betraf, hat der Senat nicht zu prüfen. Denn Fehler bei der Feststellung oder Würdigung von Tatsachen durch das FG rechtfertigen keine Zulassung wegen Divergenz (s. Senatsbeschluß vom 20. Februar 1980 II B 26/79, BFHE 129, 313, BStBl II 1980, 211 m. w. N.).
2. Soweit das FA die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO geltend macht, ist die Beschwerde bereits unzulässig.
Grundsätzliche Bedeutung ist gegeben, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich dabei um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Rechtsfrage handeln (vgl. Senatsbeschluß vom 6. August 1986 II B 53/86, BFHE 147, 219, BStBl II 1986, 858 m. w. N.).
In der Beschwerdeschrift ist die grundsätzliche Bedeutung darzulegen (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Dazu sind substantiierte und konkrete Angaben darüber erforderlich, aus welchen Gründen die erstrebte Revisionsentscheidung der Rechtsklarheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung dienen kann. Das bedeutet, daß das FA konkret darauf eingehen mußte, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist und ggf. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist (vgl. BFH-Beschluß vom 11. Dezember 1986 V B 61/86, BFH/NV 1987, 309 m. w. N.).
Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdeschrift nicht.
Das FA begründet seine Beschwerde insoweit im wesentlichen damit, daß im Revisionsverfahren geklärt werden könne, ob die "einer dritten Person übergebene einseitige Verpflichtungserklärung eine Schuld i. S. des § 103 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes ist, obwohl diese Erklärung auch nicht den geringsten Hinweis auf irgendeinen Gläubiger enthält, dem dann ein entsprechendes Forderungsrecht zustehen könnte."
Mit diesen Ausführungen hat das FA nicht dargetan, daß eine für den Rechtsstreit erhebliche Frage vorliegt, die im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig sei. Hierfür genügt auch nicht der Hinweis, daß derartige Verpflichtungserklärungen im Geschäftsverkehr immer wieder auftauchten. Denn aus der Darlegung des FA ergibt sich nicht, warum die Frage strittig und im Streitfall entscheidungserheblich sein soll, daß eine abzugsfähige Schuld das Vorhandensein eines Gläubigers voraussetzt. Auch das FG geht von dem Erfordernis eines Gläubigers aus, der aufgrund der Verpflichtungserklärung des Klägers und der Beigeladenen zu 1 sein Forderungsrecht durchsetzen kann. Die Begründung des FA richtet sich daher der Sache nach gegen die Tatsachenwürdigung des FG, das einen der Verpflichtung des Klägers und der Beigeladenen zu 1 entsprechenden Anspruch bejaht hat. Auch wenn man davon ausginge, daß dieser Einwand des FA sachlich begründet ist, würde die Fehlerhaftigkeit des Urteils der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung geben (vgl. BFH-Beschluß vom 17. März 1988 III B 82/85, BFH/NV 1988, 512).
Fundstellen
Haufe-Index 420586 |
BFH/NV 1995, 811 |