Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Anforderungen an die Darlegung eines Grundes für die Zulassung der Revision
Leitsatz (NV)
1. Die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde muss ein Mindestmaß an Klarheit, Geordnetheit und Verständlichkeit des Vortrags aufweisen. Es ist weder Aufgabe des Beschwerdegerichts, aus den eingereichten Unterlagen das herauszusuchen, was möglicherweise zur Begründung der Beschwerde geeignet sein könnte, noch ist es dessen Aufgabe, selbst anhand der Akten mögliche Zulassungsgründe zu ermitteln (Bestätigung der Rechtsprechung).
2. Die Frage, ob die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde den gesetzlichen Anforderungen genügt, ist nur nach den innerhalb der Begründungsfrist vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen (Bestätigung der Rechtsprechung). Soweit spätere bloße Erläuterungen oder Ergänzungen zu berücksichtigen wären, können sie nicht dazu führen, dass eine zuvor unzulässige Beschwerde nachträglich in die Zulässigkeit hineinwächst.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2, § 116 Abs. 3
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 25.01.2012; Aktenzeichen 1 K 1041/10) |
Gründe
Rz. 1
Die Beschwerde ist unzulässig und war deshalb zu verwerfen.
Rz. 2
1. Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision auf die Beschwerde gegen die Nichtzulassung nur zuzulassen, wenn (1) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2) die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert oder (3) ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Rz. 3
2. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO). Die Begründungsfrist kann nach § 116 Abs. 3 Satz 4 FGO von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.
Rz. 4
3. Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO müssen in der Begründung der Beschwerde die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden.
Rz. 5
a) "Darlegen" bedeutet, dass zumindest das Vorliegen der in § 115 Abs. 2 FGO ausdrücklich genannten Tatbestandsmerkmale näher erläutert werden muss (u.a. BFH-Beschluss vom 26. Januar 2007 VIII B 14/06, BFH/NV 2007, 951). Dabei stellt § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO hinsichtlich aller Revisionszulassungsgründe auch Anforderungen an die Klarheit, Verständlichkeit und Überschaubarkeit des Beschwerdevorbringens. Die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde muss hiernach eine an den gesetzlichen Zulassungsgründen orientierte Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes durch den Prozessbevollmächtigten erkennen lassen sowie ein Mindestmaß an Klarheit, Geordnetheit und Verständlichkeit des Vortrags aufweisen (u.a. BFH-Beschluss vom 23. Juli 2008 VI B 78/07, BFHE 222, 54, BStBl II 2008, 878, m.w.N.). Es ist nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, aus den eingereichten Unterlagen das herauszusuchen, was möglicherweise --bei wohlwollender Auslegung-- zur Begründung der Beschwerde geeignet sein könnte; ebenso ist es nicht dessen Aufgabe, selbst anhand der Akten mögliche Zulassungsgründe zu ermitteln (BFH-Beschluss in BFHE 222, 54, BStBl II 2008, 878, m.w.N.). Werden die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt, ist die Beschwerde unzulässig (u.a. BFH-Beschluss vom 31. Mai 2005 III B 143/04, BFH/NV 2005, 1632).
Rz. 6
b) Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Frage, ob die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde den gesetzlichen Anforderungen genügt, nur nach den innerhalb der Begründungsfrist vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen (u.a. BFH-Beschluss vom 15. Juni 2011 IV B 143/09, BFH/NV 2011, 1694, unter 3. der Gründe, m.w.N.), wie aus § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO folgt. Spätere Darlegungen sind daher --abgesehen von bloßen Erläuterungen und Ergänzungen-- nicht zu berücksichtigen (u.a. BFH-Beschlüsse vom 29. September 2000 X B 23/00, BFH/NV 2001, 437, und vom 20. Juni 2007 X B 116/06, BFH/NV 2007, 1705, unter 5. der Gründe).
Rz. 7
4. Den Anforderungen an die Darlegung eines Grundes für die Zulassung der Revision genügt die Beschwerde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nicht.
Rz. 8
a) Innerhalb der am 10. April 2012 abgelaufenen Begründungsfrist hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger einen Grund für die Zulassung der Revision weder benannt noch dargelegt. Die vorgebrachten bzw. wiederholten, zum Teil von den Feststellungen im angefochtenen Urteil abweichenden Einzelheiten zum Sachverhalt, zum Vorgehen des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt) und zu der nach Ansicht des Prozessbevollmächtigten der Kläger zutreffenden rechtlichen Beurteilung sind nicht geeignet, die Zulassung der Revision zu begründen. Denn damit wendet er sich gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung und die vom Finanzgericht vorgenommene Einzelfallwürdigung, womit jedoch ein Revisionszulassungsgrund nicht ordnungsgemäß dargelegt wird (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 7. September 2005 IV B 67/04, BFH/NV 2006, 234).
Rz. 9
b) Der (weitere) Schriftsatz vom 14. Mai 2012, mit dem der Prozessbevollmächtigte der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) sowie wegen Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) beantragt, kann schon deshalb zu keiner anderen Beurteilung führen, weil er erst nach Ablauf der Begründungsfrist für die Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingegangen ist. Es bedarf keiner Entscheidung, ob dieser Schriftsatz den Anforderungen an die Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes genügt hätte. Wäre das der Fall, handelte es sich nicht mehr um bloße Erläuterungen oder Ergänzungen der zunächst vorgebrachten Begründung. Denn bloße Erläuterungen oder Ergänzungen können nicht dazu führen, dass eine zuvor mangels hinreichender Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes unzulässige Beschwerde nachträglich in die Zulässigkeit hineinwächst.
Fundstellen
Haufe-Index 3214265 |
BFH/NV 2012, 1621 |
BFH-ONLINE 2012 |