Entscheidungsstichwort (Thema)
Grobes Verschulden bei unvollständiger Ausfüllung des ESt-Erklärungsformulars
Leitsatz (NV)
Ein Steuerpflichtiger muß sich grobes Verschulden vorwerfen lassen, wenn er nicht überprüft, ob die Angaben aus seiner Kladde oder einer Entwurfsfassung seiner Steuererklärung in den für das FA bestimmten Erklärungsbogen vollständig und richtig übertragen worden sind.
Normenkette
AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 2
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sich in dem angestrebten Revisionsverfahren eine Rechtsfrage stellen würde, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts der Klärung durch den Bundesfinanzhof (BFH) bedarf. Die in der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob ein "Übertragungsfehler" bei der Abgabe einer Steuererklärung den Vorwurf groben Verschuldens rechtfertigt, läßt sich jedoch jedenfalls insoweit anhand der bisherigen Rechtsprechung des BFH ohne weiteres beantworten, als sie sich in dem angestrebten Revisionsverfahren stellen würde.
Nach der Rechtsprechung des BFH handelt i. S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) grob schuldhaft der Steuerpflichtige, der die bei der Abgabe einer Steuererklärung erforderliche und ihm persönlich zuzumutende Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt (BFH-Urteile vom 3. Februar 1983 IV R 153/80, BFHE 137, 547, BStBl II 1983, 324, und vom 18. Mai 1988 X R 57/82, BFHE 153, 304, BStBl II 1988, 713). Zu der bei der Ausfüllung einer Steuererklärung erforderlichen und einem Steuerpflichtigen im allgemeinen auch zuzumutenden Sorgfalt gehört, ohne daß dies zweifelhaft sein könnte, daß der Steuerpflichtige ggf. überprüft, ob die Angaben aus seiner Kladde oder einer Entwurfsfassung der Steuererklärung in den für das Finanzamt (FA) bestimmten Erklärungsbogen vollständig und richtig übertragen worden sind. Fehlen die Angaben zu ganzen Sachverhaltskomplexen -- wie hier zu dem Feld "Unterhalt für bedürftige Personen" --, kann dies auch bei einer nur flüchtigen Kontrolle der für das FA bestimmten Erklärung im allgemeinen unschwer festgestellt werden; es ist daher dem Steuerpflichtigen, wenn er einen solchen Fehler nicht bemerkt, ohne weiteres als grobes Verschulden ebenso anzurechnen, wie wenn er nach flüchtigem Studium des Erklärungsvordrucks sich über die Beantwortung der entsprechenden Fragen zu diesem Sachverhaltskomplex Gedanken zu machen von vornherein unterläßt.
Die weitere, in der Beschwerdeschrift sinngemäß aufgeworfene allgemeine Frage, ob bei Rechen- und bloßen Flüchtigkeitsfehlern grobes Verschulden unter anderen Umständen zu verneinen sein kann, würde sich in einem künftigen Revisionsverfahren nicht stellen.
Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Angabe von weiteren Gründen.
Fundstellen
Haufe-Index 423781 |
BFH/NV 1997, 384 |
BFH/NV 1997, 385 |