Leitsatz (amtlich)
Für ein Fernsehgerät, das ein Fernsehautor und Regisseur außerhalb seiner Wohnung in beruflich genutzten Räumen aufgestellt hat und das er nur in unwesentlichem Umfang privat nutzt, ist Investitionszulage zu gewähren.
Normenkette
BerlinFG § 19; EStG § 4 Abs. 1, § 12 Nr. 1 S. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Schriftsteller, Film- und Fernsehautor und Regisseur für Film, Fernsehen und Bühne. Er bewohnt mit seiner Frau und seinem Kind eine Dreizimmerwohnung in Berlin. Außerdem hat er in der IV. Etage desselben Hauses drei Räume gemietet, die er ausschließlich beruflich nutzt.
Im Jahre 1976 schaffte der Kläger einen Video-Kassettenrecorder und ein Fernsehgerät an, die in den Räumen in der IV. Etage aufgestellt sind. In seiner Privatwohnung hat der Kläger ein weiteres Fernsehgerät.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) gewährte dem Kläger zwar die Investitionszulage für den Video-Kassettenrecorder nach § 19 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG), lehnte jedoch eine Zulage von 10 v. H. der Anschaffungskosten für das Fernsehgerät in Höhe von 2 298 DM ab. Auch der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das FA bezog sich dabei auf den Beschluß des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Oktober 1970 GrS 2/79 (BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17) und vertrat die Auffassung, daß der Fernseher nicht zum Anlagevermögen der selbständigen Tätigkeit des Klägers gehöre, weil er unstreitig auch privat mitbenutzt werde und eine Trennung in einen privaten und einen betrieblichen Nutzungsanteil nicht leicht und einwandfrei möglich sei.
Dagegen hat der Kläger Klage erhoben. Er legte dem Gericht eine Aufstellung seiner Radio-, Fernseh-, Theater- und Kinofilmproduktion vor. Das Finanzgericht (FG) vernahm den Kläger außerdem als Partei. Der Kläger erklärte dabei folgendes:
Er habe sich den Fernseher zusammen mit einem Video-Kassettenrecorder und einigen Bändern im Jahre 1976 angeschafft, um sich auf sein erstes Filmprojekt als Regisseur vorzubereiten. Er habe damit beabsichtigt, die Kameraführung, die Ausleuchtung, den Schnitt, die Schauspielführung und alles, was für die Regie relevant sei, zu studieren. Er verfolge insbesondere Fernsehfilme und Spielfilme, sehe sich aber auch Sendungen von allgemeinem Informationswert an, vor allem Sendungen aus der Arbeitswelt, aber auch Sendungen wie Report, Bilanz und Panorama. Vorher ausgesuchte Sendungen schneide er mit. Auch soweit er sich Sendungen von allgemeinem Informationswert ansehe, liege nach seiner Auffassung eine berufliche Nutzung vor. Er sei das, was man einen gesellschaftskritischen Autor nenne, und die Kenntnis der politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Vorgänge sei eine Grundvoraussetzung für seine Arbeit. Eine Fußballübertragung oder eine Show würde er als eine private Nutzung ansehen. Eine solche private Nutzung komme bei dem hier streitigen Gerät aber so gut wie nie vor.
Das FG hat der Klage stattgegeben. Es rechnet das Fernsehgerät zum Anlagevermögen des Klägers. Denn es sei zum unmittelbaren Einsatz in seinem Betrieb bestimmt und stehe in einem objektiven Zusammenhang zu diesem Betrieb. Das FG verweist dann auf das Urteil des erkennenden Senats vom 4. November 1977 III R 145/74 (BFHE 124, 470, BStBl II 1978, 353), in dem der Senat entschieden hat, daß bei teils betrieblich und teils privat genutzten Wirtschaftsgütern eine Investitionszulage nur gewährt werden könne, wenn die private Nutzung von untergeordneter Bedeutung sei. Diese Voraussetzung sah das FG als gegeben an. Dabei vertrat das FG allerdings die Auffassung, daß auch das Ansehen von nur allgemein informierenden Sendungen wie Panorama, Report und Bilanz beim Kläger wegen der Besonderheit seines Berufs als einem gesellschaftskritischen Autor beruflich veranlaßt sei. Denn der Kläger sehe sich diese Sendungen an, um sich das für seine Arbeit erforderliche Wissen zu verschaffen oder dieses zu erweitern. Insoweit stehe nicht der Gedanke der allgemeinen Bildung im Vordergrund, die allerdings ihren Grund in der allgemeinen Lebensführung hätte und insoweit nicht beruflich veranlaßt wäre.
Das FG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) zugelassen.
Das FA beanstandet in der Revision, daß das FG das Ansehen von allgemein informierenden Sendungen als eine berufliche Nutzung angesehen habe. Solche Sendungen interessierten viele Bürger, die gleichwohl ihr Fernsehgerät aus versteuertem Einkommen bezahlen müßten. Der Kläger dürfe aber nicht bessergestellt werden, nur weil ihm diese Sendungen auch beruflich von Nutzen seien. Der Gesetzgeber habe diesen Gedanken in § 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zum Ausdruck gebracht. Danach seien Aufwendungen für den Haushalt des Steuerpflichtigen auch dann nicht steuerlich absetzbar, wenn sie gleichzeitig den Beruf oder die sonstige Tätigkeit des Steuerpflichtigen förderten. Gesellschaftskritische Aspekte fänden heute in viele Berufe Eingang, nicht nur in die Tätigkeit von Autoren. Wenn für diese eine Ausnahme zugelassen werde, dann seien die Kriterien für die Abgrenzung der beruflichen von der privaten Nutzung verwischt.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Das FG hat das streitige Fernsehgerät zu Recht dem Betriebsvermögen des Klägers zugerechnet. Das FA verkennt, daß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG in diesem Zusammenhang nicht anwendbar ist. Diese Vorschrift enthält ein grundsätzliches Aufteilungsverbot für Aufwendungen für Gegenstände, die zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehören, dort aber nicht nur privat, sondern auch beruflich genutzt werden. Es handelt sich dabei im allgemeinen um Gegenstände des privaten Lebensbedarfs, wie Fernseh- und Radiogeräte, Kühlschränke, Waschmaschinen und ähnliches, die in der Wohnung des Steuerpflichtigen aufgestellt sind. Nur diese Gegenstände hat der Große Senat des BFH in seinem Beschluß in BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17 angesprochen. Das kommt deutlich in Ziff. 2 und 7 dieser Entscheidung zum Ausdruck. Denn dort wird unterschieden zwischen dem Radio, das die Familie in der Wohnung benutzt, und dem Radio, das in der Fabrikhalle steht und in der Mittagspause für die Arbeitnehmer spielt. Als weitere Beispielsfälle werden der Fön genannt, den der Architekt zum Trocknen der Tusche benutzt, das Tonbandgerät, das im Fernsehstudio steht, und das Konversationslexikon in der gewerblichen Leihbücherei. Für alle diese Wirtschaftsgüter kann es aufgrund ihrer Nutzung in betrieblichen Räumen keinen Zweifel geben, daß sie zum Betriebsvermögen gehören. Für sie trifft das Aufteilungsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG deshalb nicht zu.
2. Nach diesen Grundsätzen ist auch das Fernsehgerät des Klägers zu beurteilen. Es gehört zu seinem (notwendigen) Betriebsvermögen. Denn das Gerät steht außerhalb seiner Privatwohnung in vom Kläger ausschließlich beruflich genutzten Räumen, und das Gerät wird dort unstreitig überwiegend beruflich genutzt. Auch hat der Kläger für private Zwecke ein zweites Fernsehgerät in seiner Privatwohnung.
3. Nun hat der Senat allerdings in dem vom FG bereits berücksichtigten Urteil in BFHE 124, 470, BStBl II 1978, 353 entschieden, daß für ein privat mitbenutztes Wirtschaftsgut eine Investitionszulage nicht zu gewähren sei, es sei denn, daß die private Nutzung nur von ganz untergeordneter Bedeutung sei. Der Bundesminister der Finanzen (BdF) sieht diese Grenze in seinem Schreiben vom 25. September 1978 (BStBl I 1978, 383) bei 10 v. H. als gegeben an. Ob diese Grenze, die der Senat für zutreffend hält, im jeweiligen Einzelfall überschritten ist, muß das FG als Tatsacheninstanz feststellen. Diese Abgrenzung muß entgegen der Auffassung des FA auch vorgenommen werden, wenn sie nicht aufgrund objektiver Merkmale leicht und zuverlässig getroffen werden kann. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG ist in diesem Zusammenhang nicht anwendbar. Der Senat hält es für zutreffend, wenn das FG dabei auch das Ansehen von Sendungen mit nur allgemeinem Informationswert als beruflich veranlaßt angesehen hat. Denn auch hier muß berücksichtigt werden, daß sich diese Vorgänge in den betrieblichen Räumen des Klägers abspielen und die Sendungen für den Kläger beruflich nützlich oder gar notwendig sind. Anders wäre es, und diese Fälle meint offensichtlich das FA, wenn der Kläger nur ein Fernsehgerät hätte, dieses in seiner Wohnung stünde und der Kläger dort Sendungen von allgemeinem Informationswert ansähe. So lag auch der durch Beschluß des BFH vom 19. Oktober 1970 GrS 3/70 (BFHE 100, 317, BStBl II 1971, 21) entschiedene Fall. Dann wäre das Fernsehgerät nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG kein Betriebsvermögen, auch wenn diese Sendungen für den Kläger beruflich von Interesse wären. Hier liegt aber gerade die Besonderheit vor, daß der Kläger zwei Fernsehgeräte besitzt, davon eines in seinen betrieblichen Räumen aufgestellt ist und der Kläger sich die allgemein interessierenden Sendungen aus beruflichen Erwägungen ansieht. Berücksichtigt man ferner, daß das Fernsehgerät dem Kläger auch für das Mitschneiden von Sendungen auf seinem Video-Kassettenrecorder und für die Wiedergabe dieser Sendungen dient, so ist die Entscheidung des FG, daß der Kläger das Fernsehgerät nur geringfügig für private Zwecke nutzt, nicht zu beanstanden.
Fundstellen
Haufe-Index 73519 |
BStBl II 1980, 412 |
BFHE 1980, 221 |