Leitsatz (amtlich)
Im Ausland gezahlte Personensteuern, die der deutschen Einkommensteuer entsprechen, können auch vom Gesamtbetrag der Einkünfte einer Körperschaft nur wie Sonderausgaben im Sinne des Einkommensteuerrechts abgezogen werden.
Normenkette
KStG § 12 Nr. 2; KStDV 1955 § 15 Nr. 2; EStDV 1955 § 51
Tatbestand
Die Rechtsvorgängerin der Revisionsklägerin (im folgenden als Steuerpflichtige bezeichnet), die in den Jahren 1954 bis 1956 Verluste zu verzeichnen hatte, hatte in diesen Jahren in einer Reihe von ausländischen Staaten Einkommensteuern gezahlt und die aufgewendeten Beträge als Betriebsausgaben verbucht. Der Revisionsbeklagte (FA) hatte bei der Veranlagung der Steuerpflichtigen für das Jahr 1957 die Berücksichtigung dieser Beträge im Rahmen der abzugsfähigen Vorjahresverluste abgelehnt. Derartige Aufwendungen könnten nach § 51 EStDV 1955, der nach § 15 KStDV 1955 auch für Körperschaften gilt, zwar vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, erhöhten indes nicht den Verlustabzug; bei negativem Gesamtbetrag der Einkünfte sei ein Abzug nicht möglich.
Einspruch und Berufung der Steuerpflichtigen blieben ohne Erfolg. Das FG, dessen Entscheidung in EFG 1966, 31 veröffentlicht ist, führte aus:
Die Vorschrift des § 51 EStDV 1955 bestimme, daß unbeschränkt Steuerpflichtige, die im Ausland zu einer Steuer herangezogen werden, die der deutschen Einkommensteuer entspricht, diese Steuer in Höhe des nachweislich gezahlten Betrages vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen könnten, soweit diese Steuer auf Einkünfte entfällt, die der deutschen Einkommensteuer unterliegen. Es handele sich dabei um eine Maßnahme zur Milderung der Doppelbesteuerung in denjenigen Fällen, in denen eine zweimalige Erfassung der gleichen Einkünfte nicht durch zwischenstaatliche Doppelbesteuerungsabkommen ausgeschlossen sei. Die von der Steuerpflichtigen gezahlten Steuern entsprächen der deutschen Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer; sie seien in der Zeit vor dem 31. Dezember 1956 entrichtet worden, so daß § 51 EStDV 1955 Anwendung finde (§ 84 Abs. 15 EStDV 1956/57).
Die von der Steuerpflichtigen entrichteten Beträge stellten zwar nach dem Urteil des BFH I 196/59 U vom 3. April 1962 (BFH 74, 685, BStBl III 1962, 254) Betriebsausgaben dar, seien jedoch nach § 12 Nr. 2 KStG nicht abzugsfähig und deshalb bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens dem Gewinn laut Handelsbilanz hinzuzurechnen. Einen Unterschied zwischen im Inland und im Ausland gezahlten Steuern mache diese Vorschrift nicht. Wenn die Bestimmung des § 51 EStDV 1955 dieses Abzugsverbot auch einschränke und damit scheinbar eine Ausnahme vom Abzugsverbot der Vorschrift des § 12 Nr. 2 KStG begründe, so blieben durch diese Einschränkung doch nach den Ausführungen des BFH im Urteil I 196/59 U (a. a. O.) der Charakter der gezahlten Steuern und der gesetzgeberische Grund des Abzugsverbots unberührt. Wenn danach die im Ausland gezahlten Personensteuern wie Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzugsfähig seien, so könnten die streitigen Beträge bei der Steuerpflichtigen nicht deshalb als Betriebsausgaben behandelt werden, weil Kapitalgesellschaften - abstellend auf ihre Rechtsnatur - keine nichtbetriebliche Sphäre hätten. Nach Wesen und Zweck des Verlustabzuges (§ 10d EStG) müßten alle für die Gewinnermittlung maßgebenden Vorschriften bei der Berechnung des Verlustes berücksichtigt werden; es schieden somit diejenigen Vorschriften aus, die nicht den betrieblichen Gewinn abgrenzten und somit nicht mit dem Betrieb, sondern mit der Person des Steuerpflichtigen zusammenhingen. Wenn Körperschaften begrifflich nur Betriebsausgaben kennten, so schließe das nicht aus, auch bei ihnen bestimmte Betriebsausgaben wie Sonderausgaben zu behandeln, so daß sie den Verlust nicht erhöhen könnten. Die Steuerpflichtige verliere damit zwar in Verlustjahren die Möglichkeit, die im Ausland gezahlten Personensteuern vom Gesamtbetrag ihrer Einkünfte abzuziehen. Mit der Bestimmung des § 51 EStDV 1955 habe sich der Gesetzgeber jedoch eindeutig dahin entschieden, die im Ausland gezahlten Steuern nur bis zur Grenze der Steuerfreiheit zum Abzug zuzulassen. Diese Regelung treffe natürliche Personen und Körperschaften gleichermaßen. Es sei kein Grund dafür ersichtlich, daß der Gesetzgeber die Körperschaften von dieser Einschränkung habe ausnehmen wollen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die als Revision zu behandelnde Rechtsbeschwerde, zu deren Begründung die Revisionsklägerin folgendes vortragen läßt:
Die Auffassung des FG, daß die Rechtsnatur der Kapitalgesellschaft nicht zu einer anderen Behandlung der streitigen Beträge zwinge, als bei natürlichen Personen, sei mit dem BFH-Urteil I 39/50 S vom 16. Januar 1951 (BFH 55, 93, BStBl III 1951, 37) nicht vereinbar. Mit diesem Urteil habe der BFH die Eigenschaft der Vermögensteuerzahlung einer Körperschaft als Betriebsausgabe bestätigt. Auch Spendenausgaben seien bei einer Körperschaft Betriebsausgaben und als solche gemäß § 11 Nr. 5 KStG abzugsfähig, während sie bei den natürlichen Personen als Sonderausgaben behandelt würden. Ebenso falle der Verlustabzug bei den natürlichen Personen unter die Sonderausgaben; wären die Sonderausgaben der natürlichen Personen den Betriebsausgaben der Körperschaften gleichzusetzen, hätte es der Anführung des § 10d EStG in der Bestimmung des § 15 Nr. 1 KStDV hinsichtlich seiner Anwendbarkeit im Körperschaftsteuerrecht nicht bedurft. In gleicher Weise sei aber auch die Bestimmung des § 51 EStDV 1955 in § 15 Nr. 2 KStDV für anwendbar erklärt worden. Da der Begriff "Gesamtbetrag der Einkünfte" im Einkommensteuerrecht dem Begriff "Gewinn/Verlust" im Körperschaftsteuerrecht entspreche, sei in § 15 Nr. 2 KStDV die Sonderausgabe des § 51 EStDV 1955 im Körperschaftsteuerrecht zur Betriebsausgabe erklärt mit der sich daraus im Körperschaftsteuerrecht ergebenden Folge der Erhöhung des Verlustabzuges.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
Die Steuerpflichtige anerkennt grundsätzlich, daß nach dem BFH-Urteil I 196/59 U (a. a. O.) - dessen Rechtsausführungen der Senat im Urteil I R 115/66 vom 21. November 1967 (BFH 91, 33, BStBl II 1968, 189) bestätigt hat - auch die von einer Körperschaft im Ausland gezahlten Personensteuern dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 2 KStG unterliegen. Sie ist indes der Auffassung, daß die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 51 EStDV 1955 im Bereich der Körperschaftsteuer (§ 15 Nr. 2 KStDV 1955) die im Ausland gezahlten Personensteuern als Betriebsausgaben charakterisiere mit der Folge der Erhöhung der abzugsfähigen Verluste aus Vorjahren. Dem kann der Senat nicht folgen.
Unbeschadet der Tatsache, daß die streitigen Beträge ihrer Natur nach Betriebsausgaben der Steuerpflichtigen sind, verneint § 12 Nr. 2 KStG deren Abzugsfähigkeit. Sie bleiben damit bei der Gewinnermittlung außer Betracht und können deshalb auch einen von der Steuerpflichtigen für einen Veranlagungszeitraum auszuweisenden Verlust nicht erhöhen. In gleicher Weise schließt § 12 Nr. 3 EStG bei den natürlichen Personen den Abzug der Steuern vom Einkommen sowie sonstiger Personensteuern aus, deren Entrichtung damit auch bei den natürlichen Personen nicht in die Gewinnermittlung (gewinnmindernd) eingeht und deshalb einen von ihnen für einen Veranlagungszeitraum auszuweisenden Verlust aus Gewerbebetrieb nicht erhöht. Diese Gleichstellung der natürlichen und der nichtnatürlichen Personen (Körperschaften) ist der Ausdruck eines allgemeinen, die Einkommensermittlung bestimmenden Gedankens.
Diese Rechtslage erfährt - im Gegensatz zur Auffassung der Steuerpflichtigen - auch dadurch keine Änderung, daß die Bestimmung des § 15 Nr. 2 KStDV 1955 die Bestimmung des § 51 EStDV 1955 bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer für anwendbar erklärt. Der Begriff des Gesamtbetrags der Einkünfte ist auch dem Körperschaftsteuerrecht nicht fremd; die Vorschrift des § 2 Abs. 2 EStG, die den "Gesamtbetrag der Einkünfte" als die Summe der (positiven) Einkünfte aus den in § 2 Abs. 3 EStG bezeichneten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, definiert (siehe dazu BFH-Urteil VI 122/60 U vom 4. November 1960, BFH 72, 11, BStBl III 1961, 6; Hermann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, Anm. 9 zu § 2 EStG; Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 8. Aufl., Anm. 14 zu § 2), ist auch bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer anwendbar (§ 15 Nr. 1 KStDV). Dem Gesamtbetrag der Einkünfte stehen die Sonderausgaben gegenüber. Daß das KStG den Begriff der Sonderausgaben nicht kennt, zwingt indes nicht dazu, die im Ausland gezahlten Personensteuern - entgegen dem Wortlaut und dem Sinngehalt der Bestimmung des § 51 EStDV 1955 - in die Gewinnermittlung der Körperschaften einzubeziehen mit der Begründung, daß deren Entrichtung durch die Körperschaften bei diesen grundsätzlich eine Betriebsausgabe darstelle, und dies in der Erkenntnis, daß diese Ausgabe nach ausdrücklicher Vorschrift des § 12 Nr. 2 KStG im Rahmen der Gewinnermittlung der Körperschaften nicht abzugsfähig ist. Denn daß das Abzugsverbot des § 12 Nr. 2 KStG den Vorrang vor den Vorschriften des EStG und den Bestimmungen der EStDV verlangt (BFH-Urteil I 39/50 S, a. a. O.), hat auch die Steuerpflichtige selbst nicht in Abrede gestellt. Daß das KStG den Begriff der Sonderausgaben nicht kennt, schließt aber auch nicht aus, daß es bestimmte, im Einkommensteuerrecht als oder wie Sonderausgaben behandelte Ausgaben zum Abzug vom Gesamtbetrag der Einkünfte zuläßt (wie z. B. die Verluste aus Gewerbebetrieb: § 10d EStG, § 15 Nr. 1 KStDV). Das gilt im Ergebnis auch für die im Ausland gezahlten, der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Personensteuern (§ 51 EStDV 1955), die nunmehr gemäß § 34c EStG in Verbindung mit § 15 Nr. 1 KStDV insoweit auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen sind, als sie auf die im Veranlagungszeitraum bezogenen Einkünfte entfallen. (Daneben verbleibt es bei der Möglichkeit ihres Abzugs vom Gesamtbetrag der Einkünfte, wenn die im Ausland gezahlten Personensteuern der deutschen Einkommensteuer nicht entsprechen: § 68 f. EStDV in Verbindung mit § 15 Nr. 2 KStDV.)
Der Senat hat deshalb bereits im Urteil I 196/59 U (a. a. O.) ausgesprochen, daß der über die Bestimmung des § 15 Nr. 2 KStDV 1955 auch den Körperschaften ermöglichte Abzug der im Ausland gezahlten Personensteuern nur scheinbar eine Ausnahme von dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 2 KStG begründe. Zwar werde technisch die Zweckbestimmung des § 51 EStDV 1955 in Form einer Einkommensminderung herbeigeführt. Materiell sei Gegenstand jener Bestimmung jedoch die Milderung der Doppelbesteuerung, die insoweit eintritt, als der Steuerpflichtige auf die im Ausland erzielten Einkünfte deutsche und ausländische Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer zu zahlen hat. Dem FG und den von ihm angezogenen Autoren ist deshalb darin zuzustimmen, daß die Zulassung des Abzugs dieser Steuern vom Gesamtbetrag der Einkünfte sie "mehr als eine Sonderausgabe erscheinen" lasse, wenngleich dieser Begriff dem Körperschaftsteuerrecht fremd sei. Nichts spricht indes dafür, die Zulassung des Abzugs dieser Steuern bei den Körperschaften über Wortlaut und Sinngehalt der Bestimmung des § 51 EStDV 1955 hinaus auszudehnen und die Körperschaften damit vor den natürlichen Personen zu bevorzugen.
Fundstellen
Haufe-Index 68388 |
BStBl II 1969, 140 |
BFHE 1969, 243 |