Leitsatz (amtlich)
1. Bis zum Wirtschaftsjahr 1964/65 ist die VOL auch auf solche Landwirte anzuwenden, die ausschließlich auf fremde Arbeitskräfte angewiesen sind und mit Verlust arbeiten.
2. Die Vorschriften der Verordnung über landwirtschaftliche Buchführung (VOBL) vom 5. Juli 1935 (RGBl I 1935, 908) über die Führung besonderer Verzeichnisse und Register (§§ 4-5) verstoßen nicht gegen den Gleichheitssatz des GG.
2. Das Schreiben des BdF vom 22. Januar 1970 (BStBl I 1970, 184) stellt keine von den Gerichten zu beachtende, durch § 131 AO gedeckte Billigkeitsmaßnahme dar.
Normenkette
EStG § 13
Tatbestand
Streitig ist bei der einheitlichen Feststellung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft der Hofgemeinschaft X,
a) ob die landwirtschaftliche Buchführung der Gemeinschaft trotz Fehlens oder unzureichender Führung verschiedener nach der Verordnung über landwirtschaftliche Buchführung vorgeschriebenen Register und trotz gewisser Mängel der Finanzbuchhaltung als ordnungsmäßig anzuerkennen und deshalb der einheitlichen Gewinnfeststellung der in der Buchführung ausgewiesene Verlust zugrunde zu legen ist und
b) ob, sofern die Buchführung als nicht ordnungsmäßig anzusehen ist, der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach den Vorschriften der VOL vom 2. Juni 1949 (WiGBl 1949, 95) zu ermitteln oder in Anlehnung an den in der Buchführung ausgewiesenen Verlust zu schätzen ist.
Der Kläger und Revisionskläger und die Beigeladene (die Steuerpflichtigen) sind Geschwister. Sie waren Mitunternehmer eines land- und forstwirtschaftlichen Anwesens.
Für den landwirtschaftlichen Betrieb war eine Buchführung eingerichtet. Bilanzstichtag war der 30. Juni. Nach dem Ergebnis ihrer Buchführung erklärten die Steuerpflichtigen für das Rumpfwirtschaftsjahr vom 1. April bis 30. Juni 1956 einen Verlust aus Land- und Forstwirtschaft von 4 000 DM und für das Wirtschaftsjahr 1956/57 (1. Juli 1956 bis 30. Juni 1957) einen Verlust von 12 000 DM.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA), stellte erklärungsgemäß den Gesamtverlust der Gemeinschaft für 1956 auf 10 000 DM fest und rechnete den beiden Gemeinschaftern einen Verlustanteil von je 5 000 DM zu.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Ansicht, die Buchführung des Betriebs sei nicht ordnungsgemäß, weil ein Teil der nach der Verordnung über landwirtschaftliche Buchführung vorgeschriebenen Verzeichnisse und Register, nämlich das Grundstücksverzeichnis, das Anbau- und Ernteverzeichnis, das Viehregister und das Naturalienregister nicht geführt worden seien; der Gewinn sei daher nach der VOL zu ermitteln. Das FA schloß sich dieser Auffassung an und stellte mit Berichtigungsbescheid einen nach der VOL ermittelten Gewinn der Gemeinschaft für 1956 in Höhe von 100 DM fest.
Einspruch und Berufung (= Klage) waren ohne Erfolg.
Mit der Revision beantragt der Kläger, den einheitlichen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft der Hofgemeinschaft in Anlehnung an das Buchführungsergebnis festzustellen. Der Kläger begründet seine Revision wie folgt:
1. Die Gewinnermittlung nach der VOL sei unzulässig, weil eine ordnungsmäßige Buchführung vorliege.
[wird im einzelnen ausgeführt]
2. Selbst wenn jedoch die Buchführung als nicht ordnungsgemäß angesehen werden müßte, wäre die VOL nicht anwendbar, denn die VOL sei durch § 29 EStG nicht gedeckt. Da Landwirte, die ausschließlich auf fremde Arbeitskräfte angewiesen seien, seit einem Jahrzehnt ausnahmslos mit Verlusten arbeiteten, führe die VOL zu einer unzutreffenden Besteuerung. Wenn der BFH die VOL für das Wirtschaftsjahr 1964/65 noch für anwendbar erklärt habe, so sei dies zum Schutz des Steuerbürgers geschehen. In allen Fällen, in denen Landwirte mit fremden Arbeitskräften arbeiteten, würde aber die Anwendung der gesetzwidrigen VOL gegen das schutzwürdige Interesse einer Gruppe von Steuerzahlern verstoßen. Es sei deshalb nicht anzunehmen, daß auch insoweit die VOL gelten solle.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
1. Die Vorentscheidung ist zu Recht davon ausgegangen, daß der Gewinn der Hofgemeinschaft für das streitige Jahr nach den Vorschriften der VOL zu ermitteln ist.
a) Unzutreffend ist der Einwand des Klägers, aus dem Urteil IV 11/64 S vom 5. November 1964 (BFH 80, 356, BStBl III 1964, 602) ergebe sich, daß die VOL für das Streitjahr 1956 nicht mehr angewendet werden dürfe. Der Senat hat in diesem Urteil zwar ausgesprochen, daß die VOL ungültig sei, weil sie gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße und mit § 29 EStG unvereinbar sei; gleichzeitig hat der Senat jedoch betont, daß es aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes geboten sei, die Gewinnermittlung bis zum Ende des Wirtschaftsjahrs 1964/65 so vorzunehmen als ob die VOL anwendbar wäre. Dem entspricht es, daß auch der Gesetzgeber in § 18 Abs. 2 GDL die VOL ausdrücklich als noch bis zum Wirtschaftsjahr 1964/65 für anwendbar erklärte. Der Senat hat mit Urteil IV R 193/68 vom 20. Februar 1969 (BFH 95, 384, BStBl II 1969, 434) entschieden, daß diese Vorschrift, jedenfalls soweit sie das damals streitige Jahr 1961 betraf, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliege. Die rechtlichen Erwägungen, die diese Entscheidung tragen, gelten in gleicher Weise, ja sogar erst recht für das im vorliegenden Falle streitige Jahr 1956. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird deshalb in erster Linie auf dieses Urteil verwiesen. Der Senat hat seinerzeit insbesondere betont, daß der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zu einer Nichtanwendung der VOL nur dann führen könne, wenn mit einer Anwendung der VOL nicht zu rechnen gewesen sei. Hieran hält der Senat fest. Für den Streitfall bedeutet dies, daß die Steuerpflichtigen nicht mit Erfolg einen Anspruch auf Vertrauensschutz geltend machen können.
Der Senat hält aus den Gründen, die in seiner Entscheidung IV R 193/68 entwickelt sind, auch an der Auffassung fest, daß es nur recht und billig ist, wenn der Gesetzgeber die Weiteranwendung der VOL insgesamt anordnete, und nicht etwa nur auf Fälle beschränkte, in denen die Anwendung der VOL im einzelnen Besteuerungsabschnitt für den Steuerpflichtigen vorteilhaft ist.
b) Zu Unrecht wendet der Kläger ein, die VOL sei insoweit nicht durch § 29 EStG gedeckt, als sie in ihren Geltungsbereich Landwirte einbeziehe, die ausschließlich auf fremde Arbeitskräfte angewiesen seien, denn diese Landwirte müßten notwendigerweise mit Verlust arbeiten, so daß eine Anwendung der VOL auf sie zu einer unzutreffenden Besteuerung führe.
Der Kläger übersieht bereits, daß der Gesetzgeber in einem formellen Gesetz, nämlich in § 18 Abs. 2 GDL, die Vorschriften der VOL als Ganzes ausdrücklich als noch bis zum Wirtschaftsjahr 1964/65 für anwendbar erklärte. Die Frage, ob und inwieweit die VOL als abgeleitete Rechtsnorm durch § 29 EStG gedeckt war, ist damit für die Zeit bis zum Beginn des Wirtschaftsjahrs 1965/66 gegenstandslos geworden.
Hiervon abgesehen kann dem Kläger aber auch nicht zugegeben werden, daß eine Besteuerung von Landwirten, die ausschließlich auf fremde Arbeitskräfte angewiesen sind, nach Maßgabe der Vorschriften der VOL durch § 29 EStG nicht gedeckt sei. Die Gewinnermittlung nach der VOL knüpft an die maßgebenden Einheitswerte an. Die der Feststellung der Einheitswerte zugrunde liegenden ha-Sätze beruhen auf der Annahme, daß der landwirtschaftliche Ertrag ausschließlich unter Verwendung fremder Arbeitskräfte erzielt würde. Diese Voraussetzung trifft dann nicht zu, wenn der Betriebsinhaber und seine Familienangehörigen im Betrieb tätig sind und dadurch Arbeitslöhne erspart werden. § 2 Abs. 2 VOL schreibt deshalb vor, daß dem Grundbetrag der Wert der Arbeitsleistung des Betriebsinhabers und seiner im Betrieb tätigen Familienangehörigen mit den in § 4 VOL genannten Beträgen hinzuzusetzen ist (vgl. dazu BFH-Urteil IV 57/62 vom 11. August 1966, BFH 87, 5). Von einem allgemeinem Erfahrungssatz, daß Landwirte, die ausschließlich mit fremden Arbeitskräften arbeiten, unabhängig von Betriebsgröße und Betriebsstruktur keine Gewinne erwirtschaften können und deshalb die Anwendung der VOL auf die Gruppe von Landwirten zu einer unzutreffenden Besteuerung führen müsse, konnte weder bei Erlaß der VOL noch zu irgendeinem späteren Zeitpunkt ihres zeitlichen Geltungsbereichs die Rede sein (vgl. hierzu auch BFH-Urteil IV 11/64 S).
2. Der Vorentscheidung ist des weiteren darin beizupflichten, daß die einzelnen Voraussetzungen für eine Anwendung der VOL sämtlich erfüllt sind.
Nach § 1 VOL wird der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft auf Grund des Einheitswerts des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ermittelt, wenn der Steuerpflichtige nicht zur Führung von Büchern verpflichtet ist, ordnungsmäßige Bücher nicht geführt werden oder die Bücher sachliche Unrichtigkeit vermuten lassen und der Umsatz eine von den Finanzbehörden zu bestimmende Grenze, die auf höchstens 40 000 DM festgesetzt werden darf, nicht übersteigt.
Die Vorinstanz hat mit überzeugender Begründung dargetan, daß die Steuerpflichtigen nicht zur Führung von Büchern verpflichtet waren (§ 1 Nr. 1 VOL in Verbindung mit § 161 AO) und daß die Umsatzgrenze von 40 000 DM (§ 1 Nr. 3 VOL) nicht überschritten war. Der Senat hat dem nichts hinzuzufügen, um so mehr als die Revision die Ausführungen des FG insoweit nicht angreift.
Aber auch die von der Revision bekämpfte Annahme der Vorinstanz, ordnungsgemäße Bücher seien nicht geführt worden (§ 1 Nr. 2 erste Alternative VOL) ist nicht zu beanstanden.
a) Das FG geht zutreffend davon aus, daß eine ordnungsmäßige Buchführung im Sinne von § 1 Nr. 2 VOL nur dann vorliegt, wenn den Vorschriften der VOBL genügt ist. Nach § 2 Abs. 1 VOBL ist der Gewinn auf Grund des Abschlusses der Bücher zu ermitteln, wenn der Steuerpflichtige nach den Vorschriften der §§ 161, 162 AO und nach den Vorschriften dieser Verordnung über den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft ordnungsmäßige, den Gewinn nachweisende Bücher führt. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 VOBL gelten die Bücher vorbehaltlich der sachlichen Richtigkeit u. a. dann als ordnungsmäßig, wenn sie den Vorschriften der §§ 3 bis 5 dieser Verordnung genügen, d. h. wenn u. a. die in den §§ 4 bis 5 VOBL genannten Verzeichnisse und Register (Vermögensverzeichnis, Grundstücksverzeichnis, Anbau- und Ernteverzeichnis, Viehregister, Naturalienregister und Lohnregister) geführt werden.
Nach den Feststellungen des FG wurden gesonderte Verzeichnisse und Register im Sinne der §§ 4 und 5 VOBL im Streitfall nicht geführt.
[wird im einzelnen ausgeführt]
b) Entgegen der Ansicht der Revision verstoßen die Vorschriften der VOBL über die Führung besonderer Verzeichnisse und Register (§§ 4 bis 5) nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des GG.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG (vgl. z. B. BVerfGE 26, 302 [310], BStBl II 1970, 156 [158, 159] mit weiteren Nachweisen) ist der Gesetzgeber an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit gebunden, der sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergibt. Die Anwendung dieser Rechtsnorm beruht auf einem Vergleich von Lebensverhältnissen, die nie in allen, sondern stets nur in einzelnen Elementen gleich sind. Welche Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse maßgebend dafür sind, sie rechtlich gleich oder ungleich zu behandeln, entscheidet grundsätzlich der Gesetzgeber. Die weitgehende Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers endet erst dort, wo die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein ausreichender Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt und diese willkürlich wäre.
Der Senat kann der Revision nicht darin folgen, daß der Verordnungsgeber Landwirte gegenüber Gewerbetreibenden und Angehörigen freier Berufe willkürlich ungleich behandelt, wenn er nur bei Landwirten die Führung besonderer Verzeichnisse und Register verlangt, die eine Mengenrechnung zum Inhalt haben und eine Kontrolle der in der Finanzbuchhaltung ausgewiesenen Geldrechnungen ermöglichen sollen. Landwirtschaftliche Betriebe haben primär die Produktion von Erzeugnissen zum Gegenstand, die der menschlichen Ernährung dienen und zu einem nicht unbeträchtlichen Teil wiederum im Betrieb selbst verbraucht werden. In ihrer Produktionsweise unterscheiden sich landwirtschaftliche Betriebe grundlegend von der weitaus überwiegenden Zahl aller Gewerbebetriebe. Produktionsverhältnisse, wie sie für die Landwirtschaft typisch sind, finden sich in der gewerblichen Wirtschaft in ähnlicher Form nur ausnahmsweise. Wie die Vorentscheidung zu Recht betont, hat die landwirtschaftliche Betriebswirtschaftslehre es gerade im Hinblick auf diese Eigenart, die landwirtschaftliche Betriebe von Gewerbebetrieben unterscheidet, seit jeher für notwendig erachtet, daß die Finanzbuchführung aus Gründen der internen Betriebskontrolle, der Betriebsplanung und der Kalkulation mit einer Mengenrechnung verbunden wird, die wiederum nur auf der Grundlage bestimmter Register und Verzeichnisse möglich ist. Demgemäß ist in der landwirtschaftlichen Betriebswirtschaftslehre auch anerkannt, daß die Führung z. B. des Viehregisters oder des Naturalienregisters für Zwecke der Betriebsbuchführung selbst dann unentbehrlich ist, wenn sie steuerlich nicht mehr gefordert wird (vgl. Möhring/Halbig, Buchführung in der Landwirtschaft, S. 267 f., insbesondere S. 269-270 und 277; ferner z. B. Müller, Die steuerliche Betriebsprüfung 1969 S. 258/262 mit Nachweisen). Damit stimmt überein, daß die Landwirtschaftsverwaltung z. B. öffentliche Mittel zur Förderung von einzelbetrieblichen Investitionen in der Land- und Forstwirtschaft ab einer bestimmten Größenordnung nur dann zur Verfügung stellt, wenn eine Buchführung eingerichtet ist, die mit einer im wesentlichen den Vorschriften der VOBL entsprechenden Mengenrechnung verbunden ist (vgl. Ministerialblatt des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 1971 S. 20 Tz. 4.3.3.). Wenn unter diesen Umständen der Verordnungsgeber bei Landwirten anders als bei Gewerbetreibenden nur eine den Eigenarten der landwirtschaftlichen Produktionsweise angepaßte Buchführung als ordnungsmäßig anerkennt und zu diesem Zwecke verlangt, daß grundsätzlich unabhängig vom Inhalt der Finanzbuchführung wenigstens ein Teil der von der landwirtschaftlichen Betriebswirtschaftslehre als unentbehrlich angesehenen Register zur Ermöglichung einer Mengenrechnung geführt werden, so kann dies keinesfalls als mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise unvereinbar, d.h. als willkürlich angesehen werden, selbst wenn man über die Frage, inwieweit die Registerführung für steuerliche Belange schlechthin unentbehrlich ist, unterschiedlicher Meinung sein kann. Hinzu kommt, daß von unterschiedlichen Anforderungen an die Buchführung von Landwirten und Gewerbetreibenden jedenfalls insoweit keine Rede sein kann, als die VOBL die Führung bestimmter Verzeichnisse wie z. B. des Grundstücksverzeichnisses, das im Streitfall ebenfalls fehlt, verlangt, die reine Inventarfunktion haben. Ein Inventar ist von jedem Kaufmann zu erstellen (vgl. § 39 HGB); fehlt ein Inventar, so reicht das regelmäßig bereits aus, um der Buchführung die Ordnungsmäßigkeit abzusprechen (BFH-Urteil VI 245/65 vom 14. Dezember 1966, BFH 87, 616, 619, BStBl III 1967, 247). Wenn die VOBL mit dem Grundstücksverzeichnis ein Inventar fordert, das sich insofern vom Inventar eines Kaufmanns unterscheidet als darin auch die Nutzungsart anzugeben und Grundflächen aufzuführen sind, die nicht im Eigentum des Betriebsinhabers stehen, so entspricht dies der Eigenart eines landwirtschaftlichen Betriebs, für den Art und Ausmaß des bewirtschafteten Bodens schlechthin grundlegend sind, und kann nur als sachgerecht bezeichnet werden.
Ebensowenig kann es als willkürlich angesehen werden, daß eine ordnungsmäßige Finanzbuchführung zwar einen Gewerbetreibenden von der Führung des Wareneingangsbuchs befreit, die Verpflichtung zur Führung der in den §§ 4 und 5 VOBL bezeichneten Register hingegen auch dann bestehenbleibt, wenn die Finanzbuchführung ordnungsmäßig ist. Die Revision verkennt, daß bei einem Gewerbetreibenden das Wareneingangskonto seinem Inhalt nach das Wareneingangsbuch überflüssig macht, weil es mindestens in Verbindung mit den Belegen zu den einzelnen Buchungen auf dem Wareneingangskonto den gleichen Inhalt hat wie das Wareneingangsbuch. Gleiches läßt sich jedoch für die von einem Landwirt zu führenden Konten der Finanzbuchführung im Verhältnis zu den in den §§ 4 und 5 VOBL bezeichneten Registern nicht sagen. Der Kläger behauptet selbst nicht, daß alle Angaben, die in die Verzeichnisse nach den §§ 4 und 5 VOBL hätten eingetragen werden müssen, im Streitfall aus der Finanzbuchhaltung ersichtlich gewesen seien. Insoweit liegen also die zu regelnden Sachverhalte verschieden. Ihre unterschiedliche Regelung kann daher den Gleichheitsgrundsatz nicht verletzen, sondern ist durch diesen sogar geboten.
c) Schließlich kann sich die Revision auch nicht darauf berufen, daß die Verwaltung mit Schreiben des BdF vom 22. Januar 1970 (BStBl I 1970, 184) erklärt hat, eine landwirtschaftliche Buchführung sei auch dann als ordnungsmäßig anzuerkennen, wenn entgegen den Vorschriften der §§ 4 und 5 VOBL ein Ernteverzeichnis, ein Naturalienregister und ein Viehregister nicht geführt werde. Der Senat hat bereits mit Urteil IV R 170/67 vom 3. Dezember 1970, BFH 101, 373, BStBl II 1971, 321 entschieden, daß diese Verwaltungsanweisung keine von den Gerichten zu beachtende Billigkeitsmaßnahme im Sinne des § 131 AO darstellt und den Senat nicht von der Bindung an die VOBL befreien kann. An dieser Auffassung hält der Senat fest. Die offenbar primär durch das politische Gewicht der Landwirtschaft bedingte Verwaltungsmaßnahme ist nach Auffassung des Senats nicht durch § 131 AO gedeckt, weil sich nicht sagen läßt, daß generell eine sachliche Härte vorliegt, wenn gesetzliche Vorschriften, zu deren Tatbestandsmerkmal die Nichtordnungsmäßigkeit der Buchführung gehört - so z. B. die VOL - angewendet werden, sofern die in den §§ 4 und 5 VOBL geforderten Verzeichnisse nicht vorliegen (vgl. dazu auch BFH-Urteil IV 34/69 vom 9. Juli 1970, BFH 99, 448, BStBl II 1970, 696).
Fundstellen
Haufe-Index 413195 |
BStBl II 1972, 754 |
BFHE 1972, 26 |