Leitsatz (amtlich)
Hat ein Parkettverleger an der Beschaffung des Materials (Parkettholzes) als Verkaufsagent einer Parkettfabrik und durch Beratung des Bauherrn mitgewirkt, so kann wegen des Parkettholzes entsprechend den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen eine Materialbeistellung(-gestellung) durch den Bauherrn in der Regel nicht anerkannt werden.
Normenkette
UStG 1951 § 3
Tatbestand
Der Revisions- und Berufungskläger (Steuerpflichtiger) ist Inhaber eines Parkettlegerbetriebes und Verkaufsagent einer Parkettfabrik. Der Agenturvertrag zwischen dem Steuerpflichtigen und der Parkettfabrik hat im wesentlichen folgenden Inhalt: Der Steuerpflichtige übernahm die Verkaufsvertretung des von der Parkettfabrik hergestellten Parketts; der Verkauf sollte im Namen und im Auftrag der Fabrik erfolgen; der Steuerpflichtige war verpflichtet, Bauinteressenten aufzusuchen, sie auf die Besonderheiten des Parkettfußbodens hinzuweisen und sie fachmännisch anhand des Werbematerials der Fabrik zu beraten; der Steuerpflichtige erhielt ein Auftragsbuch der Firma und hatte alle erteilten Aufträge an diese weiterzuleiten; für diese Tätigkeit sollte der Steuerpflichtige eine bestimmte nach der verkauften qm-Zahl berechnete Provision erhalten.
In Ausführung dieses Vertrages wurden die Bauherren, die den Steuerpflichtigen aufsuchten, von diesem beraten, die in Betracht kommenden Räume von ihm vermessen und die Bauherren sodann veranlaßt, die von dem Steuerpflichtigen berechnete, zum Verlegen benötigte Menge der Parketthölzer auf einem Formular der Parkettfabrik bei dieser zu bestellen. Die Parkettfabrik rechnete unmittelbar mit den Bauherren ab. Der Steuerpflichtige erhielt von der Parkettfabrik die vereinbarte Provision. Das Parkett wurde sodann von dem Steuerpflichtigen verlegt. Bei einem erheblichen Teil der von dem Steuerpflichtigen den Bauherren erteilten Rechnungen stellte dieser zunächst auch den Preis des gelieferten Parkettholzes in Rechnung, zog diesen am Schluß jedoch wieder ab.
Nach einer Betriebsprüfung beim Steuerpflichtigen im Juni 1963 erkannte das FA im Hinblick auf die Mitwirkung des Steuerpflichtigen an der Beschaffung des Parkettholzes eine Materialgestellung durch die Bauherren an den Steuerpflichtigen nicht an, rechnete seinen Entgelten die Entgelte für die Lieferung des Parkettholzes hinzu und zog den Steuerpflichtigen auch insoweit für die Jahre 1957 bis 1961 durch Berichtigungsbescheide vom 30. August 1963 und für das Jahr 1962 durch erstmaligen Umsatzsteuerjahresbescheid vom selben Tage zur Umsatzsteuer heran.
Hiergegen richteten sich Einspruch und Berufung (jetzt Klage) des Steuerpflichtigen, die beide erfolglos blieben. Nach Auffassung des FG ging das wirtschaftliche Wollen des Steuerpflichtigen entsprechend seinen Vereinbarungen mit den Bauherren dahin, diesen "einen fertigen, von Sachmängeln freien Parkettboden, demnach ein Fertigerzeugnis zu liefern, also nicht nur Parkettholz zu verlegen." Außerdem habe der Steuerpflichtige durch fachmännisches Aussuchen, Prüfen und Verarbeiten des Materials in einem solchen Maße an der Beschaffung des Holzes durch die Bauherren mitgewirkt, daß eine Anerkennung einer Materialgestellung durch die Bauherren ausgeschlossen sei. Der vorliegende Sachverhalt sei auch anders gelagert als der vom BFH durch Urteil V 160/60 S vom 30. Mai 1963 (BFH 77, 82, BStBl III 1963, 346) entschiedene Sachverhalt.
Mit der Rechtsbeschwerde (jetzt Revision) begehrt der Steuerpflichtige Herabsetzung der Umsatzsteuer für die streitigen Jahre um den Steuerbetrag, der auf die vom FA seinen Umästzen hinzugerechneten Entgelte für das Parkettholz entfällt. Er ist der Auffassung, die Sachverhaltsfeststellungen des FG seien zum Teil widerspruchsvoll, weil sie nicht erkennen ließen, ob die Bauherren die Verträge über die Parkettholzlieferungen mit dem Steuerpflichtigen oder mit der Parkettfabrik abgeschlossen hätten. Die vom FG getroffene Feststellung, daß der Steuerpflichtige für die Güte und Beschaffenheit des Holzes hafte, sei unzutreffend. Der Steuerpflichtige sieht ferner einen wesentlichen Verfahrensmangel in der Tatsache, daß das FG es angeblich unterlassen habe, sein Vorbringen vollständig zu würdigen. Im übrigen ist der Steuerpflichtige der Auffassung, daß entsprechend den Grundsätzen des Urteils V 160/60 S vom 30. Mai 1963 (a. a. O.) "nach den Besonderheiten des Sachverhalts wesentliche Beweisanzeichen, die die Annahme eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorganges rechtfertigen, nicht festzustellen sind". Ebenso wie in diesem Falle stehe bei einem Parkettverleger die handwerkliche Leistung im Vordergrund. Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung müsse daher auch hier der von den Parteien gewählten bürgerlichrechtlichen Gestaltung - Lieferung des Parkettholzes durch die Parkettfabrik an die Bauherren, Gestellung des Holzes durch die Bauherren an den Steuerpflichtigen und Verlegen des Holzes durch den Steuerpflichtigen - folgen. Hauptinhalt des Leistungsaustausches sei das Verlegen des Parketts.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Die verfahrensrechtlichen Rügen des Steuerpflichtigen greifen nicht durch.
Es ist dem Steuerpflichtigen zuzustimmen, daß der Wortlaut der Ausführungen in dem vorinstanzlichen Urteil zur Frage, ob der Steuerpflichtige die Verträge zur Lieferung des Parkettholzes im eigenen Namen abgeschlossen hat oder ob diese Verträge durch Vermittlung des Steuerpflichtigen zwischen den Bauherren und der Parkettfabrik zustande gekommen sind, zunächst mißverständlich erscheint. Der Inhalt der weiteren Ausführungen des vorinstanzlichen Urteils läßt indessen eindeutig erkennen, daß die Vorinstanz ihrer Beurteilung den von der Steuerpflichtigen behaupteten Sachverhalt zugrunde gelegt hat, nämlich, daß der Steuerpflichtige beim Verkauf des Parkettholzes als Agent der Parkettfabrik aufgetreten ist.
Soweit in dem vorinstanzlichen Urteil festgestellt ist, daß nach dem Inhalt der Verträge zwischen den Bauherren und dem Steuerpflichtigen dieser einen fertigen und von Sachmängeln freien Parkettfußboden zu liefern hatte und daß er demzufolge u. a. auch für die Güte und Beschaffenheit des Holzes hafte, ist der Senat im Revisionsverfahren an die getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, da in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe nicht vorgebracht sind (§ 118 Abs. 2 FGO). Es ist insbesondere darauf hinzuweisen, daß das FG ohne Verstoß gegen die Regeln der Beweiswürdigung zu diesen Feststellungen kommen konnte, da der Steuerpflichtige in seinen Ausführungen zur Einspruchsbegründung vom 26. September 1963 - von ihm als Begründung der Sprungberufung bezeichnet - selbst ausgeführt hat, es liege eine unteilbare Leistung vor, der Wille der Bauherren ginge regelmäßig dahin, verlegtes Parkett geliefert zu erhalten.
Soweit das FG auf bestimmte Ausführungen des Steuerpflichtigen nicht eingegangen ist, kann darin ein Verfahrensmangel nicht erblickt werden, da es auf diese Ausführungen nicht ankommt. Wenn schließlich der Steuerpflichtige in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, in der Bemessungsgrundlage für die Steuerberechnung seien auch die Provisionen des Steuerpflichtigen enthalten, handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, dessen Bedeutung in der Revisionsinstanz nach § 118 FGO nicht mehr rechtlich gewürdigt werden kann.
II.
Auch in materieller Hinsicht ist die Entscheidung der Vorinstanz im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Die Entscheidung der Frage, ob der Steuerpflichtige neben den Entgelten für die Verlegung des Parketts auch die Entgelte für die Lieferung des Parkettholzes zu versteuern hat, ist allein davon abhängig, ob hinsichtlich dieser Gegenstände nach den von der Rechtsprechung des Senats aufgestellten Grundsätzen eine Materialbeistellung (bzw. - Gestellung -) durch die Bauherren anerkannt werden kann. Solchenfalls würde das Material (Parkettholz) aus dem Leistungsaustausch zwischen dem Steuerpflichtigen und den Bauherren ausscheiden. Andernfalls sind den Entgelten des Steuerpflichtigen für die Parkettverlegung die Entgelte für das Parkettholz hinzuzurechnen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats liegt eine Materialbeistellung dann nicht vor, wenn der Werkunternehmer an der Beschaffung des Werkstoffes in irgendeiner Weise beteiligt ist (Entscheidungen des BFH V 117/53 S vom 30. Oktober 1953, BFH 58, 196, BStBl III 1953, 366; V 156/61 U vom 20. März 1964, BFH 79, 166, BStBl III 1964, 291). Der typische Fall einer solchen Beteiligung an der Materialbeschaffung ist die agenturweise Bestellung des Materials durch den leistenden Unternehmer, der entweder als Einkaufsagent des Auftraggebers (Bauherren) oder als Verkaufsagent des Materiallieferanten tätig wird (vgl. Urteil des BFH V 223/64 vom 27. Juni 1968, BFH 93, 497, BStBl II 1968, 836). Unstreitig hat im vorliegenden Fall der Steuerpflichtige auf Grund des mit der Parkettfabrik abgeschlossenen Vertrages den Verkauf des später von ihm verlegten Parkettholzes an die Bauherren vermittelt. Die Mitwirkung des Steuerpflichtigen an der Materialbeschaffung war indessen entsprechend diesem Vertrag tatsächlich nicht auf diese Tätigkeit beschränkt. Nach den Feststellungen der Vorinstanz wurden die Kunden, die ihn aufsuchten, von ihm beraten, die Räume, in denen das Parkett verlegt werden sollte, von ihm vermessen und die Kunden sodann veranlaßt, auf Auftragsformularen der Parkettfabrik das Parkettholz bei dieser zu bestellen.
Solchenfalls kann dem Steuerpflichtigen nicht gefolgt werden, wenn er ausführt, im vorliegenden Fall stehe ebenso wie bei dem durch das Urteil V 160/60 S vom 30. Mai 1963 (a. a. O.) entschiedenen Sachverhalt die handwerkliche Leistung, das Verlegen des Parketts, so stark im Vordergrunde, daß die Annahme einer einheitlichen Leistung, die die Lieferung des Parkettholzes mitumfasse, ausgeschlossen sei. Anders als bei der Auswahl von Tapeten, bei denen letztlich das Muster und die Farbe die entscheidende Rolle spielen, fordert die Auswahl von Baumaterialien, zu denen auch das Parkettholz gehört, eine erhebliche Sachkunde des Handwerkers. Insoweit kommt der Beratung der Bauherren durch den Steuerpflichtigen eine besondere Bedeutung zu. Anders als im Falle des oben bezeichneten Urteils hat auch die Vorinstanz im vorliegenden Falle ausdrücklich festgestellt, daß nach dem Inhalt der zwischen dem Steuerpflichtigen und den Bauherren geschlossenen Verträge, der Steuerpflichtige nicht nur Parkettholz zu verlegen, sondern einen fertigen, von Sachmängeln freien Parkettfußboden zu liefern hatte. Soweit der Steuerpflichtige jetzt einen anderen Sachverhalt vorträgt, kann er damit im Revisionsverfahren nicht mehr gehört werden (§ 118 Abs. 2 FGO). Die Vorinstanz hat ferner festgestellt, daß im vorliegenden Fall - ebenfalls abweichend von dem Sachverhalt der Entscheidung V 160/60 S - der Steuerpflichtige bei einer erheblichen Anzahl von Bauherren Gesamtrechnungen ausgestellt hat, in denen zunächst auch der Wert des gelieferten Holzes enthalten, am Schluß aber wieder abgezogen war. Anderseits ist zu beachten, daß das Verlegen des Parketts weit über den Kreis der Tätigkeit eines Handelsvertreters hinausgeht, so daß nicht angenommen werden kann, der Steuerpflichtige habe lediglich die Stellung eines Agenten gehabt (vgl. das oben bezeichnete Urteil V 156/61 U vom 20. März 1964, a. a. O.).
Unter Vermeidung jeder typisierenden Betrachtung und bei sorgfältiger Abwägung aller von der Vorinstanz festgestellten Merkmale ist es daher nicht zu beanstanden, wenn diese zu dem Ergebnis kommt, der Steuerpflichtige habe gegenüber den Bauherren unbeschadet der bürgerlich-rechtlichen Gestaltung einheitliche Werklieferungen (§ 3 Abs. 2 UStG 1951) ausgeführt. Diesem auf der Summe der festgestellten Indizien beruhenden Ergebnis steht insbesondere nicht entgegen, daß das Agenturverhältnis des Steuerpflichtigen "in den wirtschaftlichen Notwendigkeiten begründet" war. Etwas anderes kann auch aus dem von dem Steuerpflichtigen angezogenen Zitat in Steuer und Wirtschaft 1954 Sp. 372 nicht gefolgert werden.
Fundstellen
Haufe-Index 68547 |
BStBl II 1969, 453 |
BFHE 1969, 415 |