Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Macht eine Brauerei als Pächterin einer Gastwirtschaft im Zusammenhang mit dem Abschluß eines neuen oder der Verlängerung eines bestehenden Pachtvertrages erhebliche Aufwendungen zur Modernisierung und Instandsetzung des Gebäudes und der Gasträume, so müssen die Kosten aktiviert und auf ihre Nutzungsdauer verteilt werden.

 

Normenkette

EStG §§ 5, 6/1/1, § 7

 

Tatbestand

Das Finanzamt hat im Anschluß an eine Betriebsprüfung bei der einheitlichen Gewinnfeststellung 1951 unter anderem Aufwendungen für nicht im Eigentum der beschwerdeführenden OHG stehende Gastwirtschaften aktiviert. Die OHG schloß bereits lange Zeit vor dem Krieg mit den Eigentümer der Anwesen - die nicht zugleich Gastwirte sind - K 9 und K 47 Pachtverträge über die in diesen Häusern befindlichen Gaststätten ab. Diese Pachtverträge wurden am 5. Dezember 1950 und am 8. November 1950 verlängert. Der Pachtvertrag über die Gastwirtschaft in K 9 läuft bis zum 31. Dezember 1977 und derjenige über die Wirtschaft in K 47 bis zum 31. Dezember 1966, 343 F; Jeder der beiden Verlängerungsverträge enthält die Klausel: "Als Gegenleistung für den langjährigen Pachtvertrag läßt die Brauerei die von der Gewerbepolizei gemachten Auflagen nach ihrem Ermessen und auf ihre Kosten erfüllen. "

Das Finanzamt stellte die Höhe der gesamten Aufwendungen für die beiden Gastwirtschaften im Jahre 1951 mit 21 000 DM fest ( 4 100 DM für K 47 und 17 000 DM für K 9). Die gesamten Aufwendungen K 9 in den Jahren 1951 bis 1953 belaufen sich auf 40 500 DM. Für K 47 wurden 1952 und 1953 weitere Aufwendungen nicht getätigt. Das Finanzamt aktivierte diesen Betrag und ließ eine lineare Abschreibung von 10 % zu. Nach den von der Bgin. vorgelegten Unterlagen betrugen die Aufwendungen im Jahr 1951 für die Gastwirtschaft K 47 4 810,74 DM. Im wesentlichen handelte es sich dabei um Schreiner- und Malerarbeiten. Die Aufwendungen für K 9 beliefen sich nach den Unterlagen der Firma im Jahre 1951 auf 17 282 DM. Dabei handelte es sich um folgende Arbeiten: Beseitigung schadhafter Stellen am Dach, Herstellung neuer handgeschmiedeter Lampen, verschiedene Flaschnerarbeiten, Profilieren der Gesimsbretter, Einputzarbeiten, Verlegen von Pflaster vom Wirtschaftsgarteneingang zum Küchenausgang, Zumauern von Fenstern, Auswechseln von verfaulten Sandsteinen, Einputzen und Einstucken von sämtlichen Fenstern in sämtlichen Zimmern, Abscharieren der Fassade, verschiedene Installationsarbeiten (Auswechseln der Gasmesser, Verlegen von Leitungen usw.) , neue Türen, neue Vertäfelung, Schreinerarbeiten in den im Haus befindlichen Wohnungen, Glaserarbeiten, Fußboden- und Malerarbeiten.

Das Finanzamt ist der Ansicht, die Aufwendungen für die Pachtwirtschaften dienten neben der Absatzsicherung für die Zukunft der Abgeltung der sonst zahlbaren Hektolitervergütung und einer Pachterhöhung, die fällig geworden wäre, wenn der Hausbesitzer die Arbeiten selbst finanziert hätte. Die Aufwendungen zur Abgeltung der Hektolitervergütung und der Pachterhöhung hätten den Charakter von Rechnungsabgrenzungsposten, die gemäß dem Wertverzehr durch Vertragserfüllung oder Zeitablauf abzuschreiben seien.

Auf die Sprungberufung hin hat das Finanzgericht die Aufwendungen als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben angesehen; die Bgin. habe kein Wirtschaftsgut erworben. Nicht jeder gegen Entgelt erlangte Vorteil stelle ein Wirtschaftsgut dar; der wirtschaftliche Wert des Vorteils müsse als Einzelheit von Bedeutung und bei einer Veräußerung greifbar sein. Das Pachtrecht als solches könne nicht aktiviert werden. Der Pachtvertrag stelle ein schwebendes Geschäft dar, bei dem sich Rechte und Pflichten ausgleichen. Das Pachtrecht sei dann zu aktivieren, wenn der Pächter es durch einmalige Ausgaben erlangt oder in seinem Wert verbessert habe. Einmalige Ausgaben könnten nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (Urteil VI A 189/27 vom 28. Mai 1927, Slg. Bd. 21 S.195) sein: Pachtvorauszahlungen für mehrere Jahre oder erhebliche Investierungen des Pächters. Eine Pachtvorauszahlung habe die Bgin. nicht geleistet. Sie habe auch keine erheblichen Investierungen zur Verbesserung des Pachtrechtes gemacht. Darunter seien nur Aufwendungen zu verstehen, die nach einkommensteuerlichen Grundsätzen Herstellungsaufwand darstellten. Die übernahme von Instandsetzungen durch den Pächter genüge nicht, um solche Aufwendungen zu aktivieren. Dies müsse auch dann gelten, wenn eine Pachterhöhung unterblieben oder der Pachtvertrag verlängert worden sei. Die OHG erfülle mit der Ausführung der Arbeiten nur die ihr obliegende Verpflichtung aus den Pachtverträgen. Die herbeigeführte Verlängerung der Verträge reiche zu einer Aktivierung nicht aus.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, soweit sie sich auf den hier genannten Streitpunkt bezieht.

Die Vorinstanz ist zutreffend davon ausgegangen, daß das Pachtrecht als solches nicht aktiviert werden kann, weil sich die Rechte und Pflichten ausgleichen.

Es mag der Vorinstanz auch zugegeben werden, daß eine Pachtvorauszahlung im eigentlichen Sinne nicht vorliegt, weil nicht im einzelnen bestimmte, monatliche oder jährliche Pachtverpflichtungen im voraus abgegolten worden sind. Die Ausgaben der Bgin. können aber trotzdem nicht als laufender Aufwand anerkannt werden. Die Bgin. hat im Zusammenhang mit der Verlängerung des Pachtvertrages diese erheblichen Aufwendungen gemacht. Hätte der Verpächter selbst die umstrittenen Arbeiten durchführen lassen, so wären die laufenden Verpflichtungen der Bgin. in Form von Pachtzahlungen höher gewesen. Insofern liegen in den Aufwendungen der Bgin. Leistungen, die spätere höhere Verpflichtungen abgelten und darum Ausgaben sind, die auf die späteren Jahre verteilt werden müssen.

Es ist denkbar, daß es sich hier in erheblichem Umfange um Aufwendungen handelt, die beim Eigentümer, der die Gastwirtschaft selbst betreibt, als Erhaltungsaufwand anzusehen wären. Die von der Vorinstanz daraus gezogene Folgerung, daß Kosten, die beim Verpächter als Erhaltungsaufwand und damit als laufender Aufwand abzugsfähig wären, auch beim Pächter grundsätzlich nicht aktivierungspflichtig seien, ist nicht richtig. Es muß hier der wirtschaftliche Unterschied berücksichtigt werden, der sich aus der Besonderheit des Pachtverhältnisses auf Grund der vertraglichen Verpflichtungen ergibt, so z. B. hinsichtlich der Instandhaltung der Pachtgegenstände. Ein Pächter, der die laufende Instandhaltung vertraglich übernommen hat, kann die Ausgaben hierfür wie der Eigentümer sofort als Aufwand verbuchen. Er darf dies auch, wenn er während der Vertragsdauer die Verpflichtung mehrere Jahre hindurch nicht erfüllt hat und das Versäumte in einem späteren Jahre nachholt. Eine Aktivierung ist aber erforderlich, wenn der Pächter eine vernachlässigte Wirtschaft für eine bestimmte Dauer pachtet und alle Instandhaltungen ausführen läßt, um dadurch ein seinen Absichten dienliches Lokal zu erhalten. Es müssen hier gleichartige Grundsätze gelten, wie sie die Rechtsprechung für die Abgrenzung von Anschaffungskosten und laufendem Aufwand (Erhaltungsaufwand) beim Eigentümer ausgesprochen hat (Urteile des Reichsfinanzhofs I A 112/37 vom 13. April 1937, RStBl 1937 S. 681, Slg. Bd. 41 S. 202; I A 179/37 vom 29. Juni 1937, RStBl 1937 S. 1019; siehe auch Urteile des Bundesfinanzhofs I 176/54 U vom 25. Oktober 1955, BStBl 1955 III S. 388, Slg. Bd. 61 S. 489; IV 74/54 U vom 1. Dezember 1955, BStBl 1956 III S. 41, Slg. Bd. 62 S. 106; VI 26/55 U vom 12. Dezember 1956, BStBl 1957 III S. 36, Slg. Bd. 64 S. 92). Dem Erhaltungsaufwand hat die Rechtsprechung innerhalb bestimmter Grenzen auch Ausgaben zur Modernisierung eines Ladens zugerechnet (siehe Urteil des Bundesfinanzhofs I 15-17/59 vom 17. März 1959, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 5, Rechtsspruch 195, siehe jedoch auch Urteil des Bundesfinanzhofs I 82/56 U vom 14. August 1956, BStBl 1956 III S. 321, Slg. Bd. 63 S. 322). Gleichartige Grundsätze wie der I. Senat hat auch der IV. Senat des Bundesfinanzhofs für den Mieter (Pächter) in eingehenden Ausführungen in dem Urteil IV 295/58 U vom 19. Januar 1961 (BStBl 1961 III S. 131, Slg. Bd. 72 S. 350) vertreten. Nichts anderes kann gelten, wenn das Lokal zwar schon vorher gepachtet war, diese Aufwendungen aber im Zusammenhang mit einer Verlängerung des Vertrages auf viele Jahre gemacht werden. Die Kosten sind ebenso wie Pachtvorauszahlungen Ausgaben für die folgenden Jahre der Pachtdauer und wirken sich auf den Erfolg des Unternehmens des Pächters in den späteren Jahren aus. Sie müssen darum aktiviert und auf dem Wege der Absetzung für Abnutzung auf die späteren Jahre verteilt werden. Hierbei muß im Streitfalle auch beachtet werden, daß es sich bei den Aufwendungen Grundstück K 9 um einmalige sehr erhebliche Beträge handelt.

Wenn in dem Urteil des Bundesfinanzhofs I 307/60 U vom 4. September 1962 (BStBl 1963 III S. 6) ausgeführt wird, daß der laufende Aufwand beim Eigentümer und beim Pächter nach den gleichen Grundsätzen zu beurteilen sei, so darf jedoch der Unterschied der Rechtslage nicht unberücksichtigt bleiben, der sich daraus ergibt, daß Verpächter und Pächter in einem Vertragsverhältnis stehen, aus dem sich Rechte und Pflichten ergeben. Bei der bilanzmäßigen Behandlung der Leistungen auf Grund dieser vertragsmäßigen Rechte und Pflichten, die sich auf den Erfolg einer längeren Zeit auswirken, müssen die Grundsätze beachtet werden, die die Rechtsprechung für Aufwendungen im Rahmen schwebender Verträge entwickelt hat. Es können sich hierdurch Unterschiede gegenüber dem Eigentümer ergeben, soweit es sich um Aufwendungen des Eigentümers handelt, die nach der Rechtsprechung als Erhaltungsaufwand anzusehen sind. Die Aktivierungspflicht beim Pächter (Mieter) richtet sich hier nicht nach den für den Herstellungs- und Erhaltungsaufwand geltenden Grundsätzen, sondern nach den allgemeinen Grundsätzen der dynamischen Bilanzauffassung für schwebende Verträge. Soweit es sich um Aufwendungen auf Grund des Mietvertrages handelt, muß geprüft werden, ob die Aufwendungen des Mieters (Pächters) wirtschaftlich den Charakter von Mietvorauszahlungen haben.

Stände fest, daß sich die hier vorgenommenen Arbeiten auf die gesamte Dauer des Pachtvertrages beziehen, so wäre eine entsprechende Verteilung erforderlich. Da aber anzunehmen ist, daß ähnliche Modernisierungsarbeiten bei der Schnellebigkeit unseres Wirtschaftslebens noch vor Ablauf der Pachtzeit erneut erforderlich werden, bestehen gegen die Verteilung auf 10 Jahre und die lineare Absetzung für Abnutzung keine Bedenken.

Was hier besonders für das Grundstück K 9 gesagt ist, gilt grundsätzlich auch für das Grundstück K 47. Die Aufwendungen sind hier jedoch insbesondere auch unter Einrechnung der späteren Jahre wesentlich geringer. Mit Rücksicht hierauf trägt der Senat keine Bedenken, wenn hier der Betrag von 4 100 DM als Aufwand des Jahres 1951 behandelt wird. Zur Durchführung der einheitlichen Gewinnfeststellung unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen geht die Sache an das Finanzamt zurück.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410600

BStBl III 1963, 85

BFHE 1963, 235

BFHE 76, 235

BB 1963, 339

DB 1963, 224

DStR 1962/63, 248

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