Leitsatz (amtlich)
Übertragen Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft, bei der das Festkapitalkonto jedes Gesellschafters dessen Beteiligung an den Sachwerten und den darin enthaltenen stillen Reserven ausdrückt, einen Bruchteil ihres Festkapitalkontos an einen neu eintretenden Gesellschafter, ist in die Berechnung des Veräußerungsgewinns nur der Buchwert des abgegebenen Bruchteils des Festkapitalkontos und nicht ein entsprechender Bruchteil der neben dem Festkapitalkonto noch bestehenden Sonderkonten (Kapitalkonto II, Privatkonto, Darlehenskonto des Gesellschafters usw.) einzubeziehen. Dies gilt nicht, wenn von den Sonderkonten ebenfalls ein Bruchteil veräußert worden ist.
Normenkette
EStG § 16
Verfahrensgang
Tatbestand
An der Klägerin und Revisionsklägerin zu 1. (Klägerin) - einer KG - waren bis zum 30. September 1966 A als Komplementär und der inzwischen verstorbene B und die C als Kommanditisten beteiligt. Für den Komplementär war eine Festbeteiligung vereinbart. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) waren die Festbeteiligung des Komplementärs und die Kommanditbeteiligungen der Kommanditisten maßgeblich für die Beteiligung der Gesellschafter am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven.
Am 1. Oktober 1966 trat D - die Beigeladene und Revisionsklägerin zu 2. - als Kommanditistin mit einer Einlage von 75 000 DM in die Klägerin ein. Nach den Feststellungen des FG verkauften ihr die bisherigen Gesellschafter Anteile von ihren festen Kapitalkonten, und zwar:
A 15 000 DM Kapitalanteil
gegen Zahlung von 39 000 DM;
B 9 000 DM Kapitalanteil
gegen Zahlung von 23 400 DM;
C 51 000 DM Kapitalanteil
gegen Zahlung von 132 600 DM.
D zahlte somit für den Erwerb ihres Kapitalanteils von
75 000 DM insgesamt 195 000 DM.
Aufgrund einer Betriebsprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) folgende Auffassung: Zur Ermittlung eines Veräußerungsgewinns oder -verlustes aus den Anteilsveräußerungen hätten neben den festen Kapitalkonten auch die übrigen Gesellschafterkonten der veräußernden Gesellschafter in die Berechnung miteinbezogen werden müssen; die Summe aller Konten jedes Gesellschafters stelle seine Kapitalbeteiligung dar.
Von diesen Kapitalbeteiligungen hätten abgegeben:
A 5 v. H.; Veräußerungsverlust 25 283 DM;
B 3 v. H.; Veräußerungsverlust 15 170 DM;
C 17 v. H.; Veräußerungsverlust 144 271 DM. Für die neu eingetretene Gesellschafterin D sei eine Ergänzungsbilanz aufzustellen, in der der Minderwert ihres Anlagevermögens anzusetzen sei; dieser Betrag sei in 10 Jahren abzuschreiben (im Streitjahr mit einem halben Jahresbetrag).
Das FA berücksichtigte - da das Geschäftsjahr der Klägerin vom Kalenderjahr abwich (Bilanzstichtag 31. März) - die errechneten Veräußerungsverluste bei der einheitlichen Gewinnfeststellung 1967.
In ihrer nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage hielt die Klägerin die Einbeziehung der übrigen Gesellschafterkonten bei der Ermittlung des Ergebnisses aus der Anteilsveräußerung für fehlerhaft. Nach der Klageerhebung erließ das FA mehrfach berichtigte einheitliche Gewinnfeststellungsbescheide, in denen die Besteuerungsgrundlagen geringfügig geändert wurden. Diese Bescheide wurden Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens. Nach dem letzten maßgeblichen Bescheid stellte das FA den Gesamtgewinn der Klägerin auf 250 000 DM fest. Davon rechnete es den Gesellschaftern zu:
Anteil am Anteil am Veräußerungs-
laufenden Gewinn gewinn oder -verlust
A ... DM ./. 25 283 DM
B ... DM ./. 15 170 DM
D ... DM -
C ... DM ./. 144 828 DM
zusammen 435 281 DM ./. 185 281 DM
Demgegenüber begehrte die Klägerin folgende einheitliche
Gewinnfeststellung:
Gesamtgewinn 300 000 DM
davon entfallen auf:
Anteil am Anteil am Veräußerungs-
laufenden Gewinn gewinn oder -verlust
A ... DM + 5 121 DM
B ... DM + 3 070 DM
D ... DM -
C ... DM ./. 41 445 DM
zusammen 333 254 DM ./. 33 254 DM
Das FG hat die Klage abgewiesen. Es führte aus, nach § 16 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei der Wert des Betriebsvermögens eines jeden Gesellschafters für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG zu ermitteln. Betriebsvermögen sei steuerrechtlich die Summe der Buchwerte sämtlicher Konten eines Gesellschafters, auch wenn es handelsrechtlich denkbar sei, daß der Gesellschafter nur bestimmte Konten veräußere. Steuerrechtlich sei dabei zu prüfen, ob der Erwerber Mitunternehmer geworden sei und inwieweit stille Reserven auf ihn übergegangen seien. Die übergegangenen stillen Reserven errechneten sich für steuerliche Zwecke - wie es das FA getan habe - nach dem Verhältnis des auf den Erwerber überführten Betriebsvermögens zum gesamten Betriebsvermögen. Steuerrechtlich sei jeweils nur ein Betriebsvermögen vorhanden, möge es handelsrechtlich oder bilanztechnisch geteilt werden in Kapitalkonten, Darlehenskonten, Privatentnahmekonten, Gewinn- und Verlustkonten usw.
Gegen diese Entscheidung wenden sich die Klägerin und die beigeladene D mit ihren Revisionen. Sie rügen Verletzung materiellen Rechts. Im Streitfall richte sich die Beteiligung an den stillen Reserven nicht nach den Anteilen am gesamten Betriebsvermögen (also der Summe der für die einzelnen Gesellschafter unterhaltenen Konten), sondern ausschließlich nach dem Verhältnis der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Festkapitalkonten zueinander. Die neben diesen Festkapitalkonten zugunsten der Beteiligten geführten sonstigen Gesellschafterkonten hätten weder für die Verteilung des laufenden Ergebnisses noch für die Beteiligung der Gesellschafter an den stillen Reserven der Gesellschaft Bedeutung. Sonst wäre es kaum zu erklären, weshalb die im Zeitpunkt der Änderung der Beteiligungsverhältnisse zugunsten der Altgesellschafter geführten sonstigen Gesellschafterkonten handelsbilanzmäßig und damit mit Wirkung für und gegen alle Gesellschafter in unveränderter Höhe weitergeführt worden seien. Das FG verkenne, daß unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns der vereinbarte Veräußerungspreis nur dem nach den Grundsätzen der § 4 Abs. 1 und § 5 EStG ermittelten Betriebsvermögen gegenübergestellt werden könne, welches tatsächlich auf den Erwerber der Mitunternehmeranteile übergegangen sei. Bei der Ermittlung des Buchwerts dieses übergegangenen Betriebsvermögens sei noch zu berücksichtigen, daß für die steuerliche Gewinnermittlung der Klägerin eine steuerliche Ergänzungsbilanz geführt werde, in der außerhalb der Handelsbilanz aufgedeckte stille Reserven ausgewiesen würden.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen sind begründet.
I.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin (Gesellschaft) die Festsetzung eines höheren Gesamtgewinns und bei zwei Altgesellschaftern den Ansatz eines Veräußerungsgewinns statt eines Veräußerungsverlustes und bei der Altgesellschafterin C den Ansatz eines niedrigeren Veräußerungsverlustes begehrt. Gleichwohl sind die Klägerin und ihre Gesellschafter durch den einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid des FA beschwert (§ 40 Abs. 2 FGO). Es ist anerkannt, daß ein Steuerpflichtiger auch durch eine zu niedrige Steuerfestsetzung - bei einer einheitlichen Gewinnfeststellung durch einen zu niedrigen Gewinnanteil oder durch einen zu hohen Anteil an einem Veräußerungsverlust - in seinen Rechten verletzt ist, wenn die Festsetzung sich in späteren Veranlagungszeiträumen zu seinen Ungunsten auswirken kann (vgl. BFH-Urteil vom 7. August 1979 VIII R 153/77, BFHE 129, 325, BStBl II 1980, 181, unter II. mit Rechtsprechungsnachweis). Im Streitfall geht es letztlich darum, wie die Kapitalkonten der einzelnen Gesellschafter nach der Anteilsübertragung auf D zu bemessen sind. Es ist nicht ausgeschlossen, daß sich infolge des Grundsatzes des Bilanzenzusammenhangs in Zukunft ein steuerlicher Nachteil für die Gesellschafter ergibt, wenn die vom FA errechneten Kapitalkonten beibehalten werden.
II.
Die bisherigen Feststellungen des FG reichen nicht aus, um dessen rechtliche Schlußfolgerung zu decken, daß zur Errechnung des Veräußerungsgewinns oder -verlustes aus den Anteilsveräußerungen an die neu eintretende Gesellschafterin D sämtliche Konten der abgebenden Gesellschafter (Kapitalkonten, Privatkonten, Darlehenskonten der Gesellschafter usw.) einzubeziehen seien.
1. Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG auch Gewinne, die aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils erzielt werden. In diesem Falle ist nach § 16 Abs. 2 EStG als Veräußerungsgewinn der Betrag anzusetzen, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt. Der Wert des Anteils ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG zu ermitteln. Scheidet ein Gesellschafter durch Veräußerung seiner (gesamten) Beteiligung aus einer Personenhandelsgesellschaft aus, ist der Veräußerungsgewinn oder -verlust der Unterschied zwischen dem Veräußerungspreis und dem Buchwert seiner Beteiligung.
Der Senat stimmt mit dem FG darin überein, daß § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht nur dann anzuwenden ist, wenn ein Gesellschafter einer Personengesellschaft seinen Anteil vollständig an die übrigen Gesellschafter oder an einen Dritten veräußert. Die Vorschrift gilt auch, wenn die Anteilsrechte in sonstiger Weise verändert werden. Das kann z. B. vorliegen, wenn die Gesellschafter nur einen Teil ihrer Beteiligung veräußern (sie bleiben weiterhin Mitunternehmer, aber künftig mit entsprechend niedrigerer Gewinnbeteiligung) oder wenn die Gesellschafter eine andere Beteiligung am Gewinn oder Verlust vereinbaren, ohne die bisherigen Kapitalkonten zu verändern. Jeder dieser besonderen Veräußerungsfälle ist unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks des Gesetzes unter § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG einzuordnen. Die Rechtsprechung ist erkennbar hiervon ausgegangen (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 4. Juli 1934 VI A 1014/32, RStBl 1934, 1360; BFH-Urteile vom 21. August 1961 I 32/61 U, BFHE 73, 643, BStBl III 1961, 500, und vom 5. Juli 1972 I R 230/70, BFHE 107, 108, BStBl II 1972, 928). Gegen diese Auffassung sind zwar Bedenken geäußert worden (vgl. z. B. Runge, Betriebs-Berater 1970 S. 342 - BB 1970, 342 -; Leingärtner in Finanz-Rundschau 1975 S. 181 - FR 1975, 181 -). Diesen Bedenken ist die Finanzverwaltung nicht gefolgt (Schreiben des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen - BMWF - vom 14. Dezember 1971, BStBl I 1971, 649, unter Abschn. II; Oberfinanzdirektion - OFD - Köln vom 14. Mai 1971, BB 1971, 1137). Der von der Rechtsprechung vertretenen Auffassung stimmen ausdrücklich die Erläuterungsbücher zum Einkommensteuergesetz von Blümich/Falk (11. Aufl., § 16 Anm. VI 2) und Lademann/Söffing/Brockhoff (§ 16 Anm. 33) zu.
Veräußert ein Gesellschafter einen Teil seiner Beteiligung, bleibt er also weiterhin Mitunternehmer, ist anhand der gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen und des Veräußerungsvertrags zu prüfen, wieviel der Gesellschafter von seiner Beteiligung an den Erwerber abgegeben hat. Das beurteilt sich nach bürgerlichem Recht und Handelsrecht. Erst wenn auf dieser Grundlage der Gegenstand der Veräußerung feststeht, ist als nächster Schritt für die Zwecke der Ermittlung eines steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns der Wert dieses veräußerten Teils der Beteiligung zu bestimmen.
2. Nach diesen Grundsätzen kommt es im Streitfall entscheidend darauf an, wie die Gesellschafter ihre Beteiligungsverhältnisse geregelt haben.
a) Für die OHG spricht § 120 Abs. 2 HGB vom Kapitalanteil eines jeden Gesellschafters. Das Gesetz sagt allerdings nicht, was unter Kapitalanteil zu verstehen ist. Nach der herrschenden Lehre (vgl. Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 215, mit Literaturnachweisen) ist er eine Rechnungsziffer, die den Wert der jeweiligen wirtschaftlichen Beteiligung des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen zum Ausdruck bringt. Nach der Regelung des § 120 Abs. 2 HGB werden jedes Jahr bei der Bilanzfeststellung die Gewinnanteile oder die anteiligen Verluste und die Entnahmen auf den Kapitalanteil des Gesellschafters verrechnet. Nach dem Muster des Gesetzes ist der Kapitalanteil eines jeden Gesellschafters variabel. Er ist der Saldo sämtlicher bisheriger Einlagen, Gewinne, Verluste und Entnahmen des Gesellschafters. Dem entspricht ein einheitliches Kapitalkonto, auf dem die Einlagen, Gewinne, Verluste und Entnahmen des Gesellschafters verbucht werden.
Für Kommanditisten gilt nach § 167 Abs. 1 i. V. m. § 120 Abs. 2 HGB Entsprechendes. Dem Kapitalanteil des Kommanditisten wird der Gewinn allerdings nur solange gutgeschrieben, als der Kapitalanteil den Betrag der bedungenen Einlage nicht erreicht (§ 167 Abs. 2 HGB). Am Verlust nimmt der Kommanditist nur bis zum Betrag seines Kapitalanteils und seiner noch rückständigen Einlage teil. Nach dem Gesetz hat also der Kommanditist - solange sein Kapitalanteil den Betrag der bedungenen Einlage nicht erreicht - nur ein variables Konto. Nach Erreichen des Betrages der bedungenen Einlage wird das Kapitalkonto festgeschrieben. Der Kommanditist muß sodann nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Gewinne (über ein entsprechendes Konto) entnehmen. Bei späteren Verlusten der Gesellschaft ist er zur Rückzahlung der in der Vergangenheit bezogenen Gewinne nicht verpflichtet.
b) Abweichend von der gesetzlichen Regelung hat die Vertragspraxis in Anlehnung an das Recht der Kapitalgesellschaften das System der festen Kapitalanteile und der geteilten Kapitalkonten entwickelt (Huber, a. a. O., S. 236f.). Dieses System besteht darin, daß der Feststellung der Beteiligungsquote nicht der schwankende und schwer feststellbare Wert des Gesellschaftsvermögens zugrunde liegt, sondern eine unveränderliche Ziffer, vergleichbar dem Grund- oder Stammkapital der Kapitalgesellschaften. Die Gesellschafter sind am wirklichen Wert des gesamten Gesellschaftsvermögens in dem Verhältnis beteiligt, in dem sie an der Ziffer des festen Gesellschaftskapitals beteiligt sind. Gewinne, Verluste, Entnahmen der Gesellschafter werden dann auf einem besonderen Konto - häufig als Kapitalkonto II bezeichnet - verbucht. Die Bewegungen auf diesem Konto ändern in der Regel weder die Beteiligungsverhältnisse noch die von der Höhe der Kapitalanteile abhängigen Beziehungen (die Anteile am laufenden Gewinn und Verlust, die Höhe der erlaubten Entnahmen, Stimmrecht, Zuschußpflichten, Anteile am Liquidationserlös nach Auflösung der Gesellschaft usw.). Diese Regelung sichert das Rechte- und Pflichtenverhältnis der Gesellschafter gegen unerwartete Änderungen, die das Einvernehmen stören könnten (Baumbach/Duden, Handelsgesetzbuch, 24. Aufl., § 120 Anm. 3 B). Im System der festen Kapitalanteile und geteilten Kapitalkonten ist somit in der Regel die gegenwärtige Einlage jedes Gesellschafters auf zwei Konten verteilt: Auf das erste Konto, das - von möglichen späteren Änderungen abgesehen - die ursprüngliche Einlage des Gesellschafters festhält (Kapitalkonto I), und auf das zweite Konto, auf dem Gewinne, Verluste und Entnahmen festgehalten werden (Kapitalkonto II). Der Saldo beider Konten ergibt die Rechengröße, die das Gesetz in § 120 Abs. 2 HGB als Kapitalanteil bezeichnet. Bei dieser Gestaltung ist das (variable) Kapitalkonto II in der Regel ebenfalls ein echtes Einlage- oder Beteiligungskonto. Ist für die Kommanditisten gleichfalls das System der festen Kapitalanteile und der geteilten Kapitalkonten vereinbart, nimmt der Kommanditist sowohl mit dem Guthaben auf dem ersten (festen) als auch mit dem Guthaben auf dem zweiten (variablen) Kapitalkonto am Verlust teil (Huber, a. a. O., S. 261). Das Guthaben auf diesem Konto (Kapitalkonto II) ist daher nicht als endgültig anzusehen, da es jederzeit durch Verluste gemindert werden kann. Ist nichts anderes vereinbart, besteht hinsichtlich dieses Guthabens kein Recht des Gesellschafters auf Vorwegbefriedigung im Rahmen einer Auseinandersetzung (Kübler, Der Betrieb 1972 S. 942 - DB 1972, 942 -). Es kann sogar sein, daß laut Gesellschaftsvertrag die (beweglichen) Kapitalkonten II ebenfalls an den stillen Reserven teilnehmen (Sudhoff, Neue Juristische Wochenschrift 1956 S. 321 - NJW 1956, 321 -).
Bei dem System der festen Kapitalanteile und geteilten Kapitalkonten kann es neben den als Beteiligungskonten anzusehenden Kapitalkonten I und II noch weitere Gesellschafterkonten geben, die vielfach als Privatkonten oder Darlehenskonten der Gesellschafter geführt werden und über die der laufende Zahlungsverkehr zwischen Gesellschaft und Gesellschafter abgewickelt wird. Entsprechen diesen weiteren Konten keine gesellschaftsrechtlichen Befugnisse und können sie ferner nicht durch Abschreibung von Verlusten geschmälert werden, sind sie im Zweifel handelsrechtlich dazu bestimmt, echte Forderungen und Schulden der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft auszuweisen; daran ändern auch Entnahmebeschränkungen nichts (Urteile des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 21. Mai 1952 II ZR 114/51, DB 1952, 486, BB 1952, 478; vom 23. Februar 1978 II ZR 175/76, BB 1978, 630; ferner BFH-Urteile vom 3. Dezember 1980 II R 66/77, BFHE 132, 329, BStBl II 1981, 280; vom 17. Dezember 1980 II R 36/79, BFHE 132, 345, BStBl II 1981, 325; vgl. dazu auch Gutachten des Hauptausschusses des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Die Wirtschaftsprüfung 1976 S. 114 - Wpg 1976, 144 -).
3. Die bisherigen Feststellungen des FG deuten zwar darauf hin, daß die Gesellschafter der Klägerin (KG) das System der festen Kapitalanteile und geteilten Kapitalkonten vereinbart haben. Die Vorentscheidung enthält aber keine Feststellungen, wie die Gesellschafter ihre Rechtsbeziehungen untereinander geregelt haben. Es ist weder der Inhalt des zur Zeit der Anteilsveräußerungen geltenden Gesellschaftsvertrags noch ist festgestellt, welche verschiedenen Konten im Veräußerungszeitpunkt für die einzelnen Gesellschafter geführt wurden und welche Eigenschaft diesen Konten beizumessen war (Beteiligungskonten, Forderungskonten). Das FG hat ferner den Inhalt der Verträge, die den Anteilsveräußerungen an D zugrunde liegen, weder durch Wiedergabe im Urteil noch durch Bezugnahme auf genau bezeichnete Teile der Akten im einzelnen festgestellt. Den tatsächlichen Feststellungen läßt sich somit nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen, was D von der gesellschaftsrechtlichen Stellung der anderen Gesellschafter erhalten hat. Der Senat ist daher als Revisionsgericht nicht in der Lage zu prüfen, ob die Rechtsauffassung des FG zutrifft, auf D seien mit steuerrechtlicher Wirkung bestimmte Vomhundertsätze der zusammengefaßten Konten jedes Altgesellschafters übertragen worden, und auf dieser Grundlage sei der für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns oder -verlustes maßgebliche Wert der veräußerten Anteile am Betriebsvermögen zu bestimmen. Sind die tatsächlichen Feststellungen des FG unzureichend, liegt ein materieller Rechtsfehler vor, der ohne diesbezügliche Rüge zur Aufhebung des Urteils führt. Der Mangel ausreichender tatsächlicher Feststellungen wird nicht durch eine allgemeingehaltene Bezugnahme auf den Inhalt der Akten und der Schriftsätze der Beteiligten ersetzt (BFH-Urteil vom 5. März 1968 II R 36/67, BFHE 92, 416, BStBl II 1968, 610). Die Vorentscheidung ist daher schon aus diesen Gründen aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
III.
Sollte das FG feststellen, daß nach den gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen für die Beziehungen der Gesellschafter untereinander das System der festen Kapitalanteile und geteilten Kapitalkonten maßgebend ist und die Beteiligung jedes Gesellschafters an den Sachwerten und den stillen Reserven sich ausschließlich nach der Ziffer seines festen Kapitalanteils bemißt, und sollte ferner festgestellt werden, daß die Altgesellschafter Gesellschaftsrechte nach Maßgabe nur eines bestimmten Bruchteils ihrer festen Kapitalkonten auf die neu eintretende D übertragen haben, sind bei der Ermittlung des Werts der auf D übergegangenen Anteile für die Zwecke der Errechnung des Veräußerungsgewinns alle anderen Konten der Gesellschafter (Kapitalkonto II, Privatkonten, Darlehenskonten der Gesellschafter) auszuscheiden. Das folgt notwendig daraus, daß die in den Sonderkonten festgehaltenen Vermögenswerte, wie z. B. Ansprüche auf Auszahlung gutgeschriebener Gewinne oder auf Rückzahlung eines der Gesellschaft gewährten Darlehens, auf die neu eingetretene Gesellschafterin nicht anteilsmäßig übertragen worden, sondern bei den Altgesellschaftern unverändert verblieben sind. Übergegangen ist dann nur die Beteiligung an den Sachwerten. Ein Veräußerungsgewinn entsteht in der Höhe, in der die stillen Reserven aufgedeckt worden sind.
In der Revisionsbegründung haben die Revisionsklägerinnen dargestellt, wie ihrer Meinung nach für jeden Altgesellschafter der auf ihn entfallende Veräußerungsgewinn oder -verlust zu berechnen ist. Der Senat vermag mangels tatsächlicher Feststellungen im Urteil des FG nicht zu entscheiden, ob diese Berechnung richtig und vom System her in allen Einzelheiten zutreffend ist. Er stellt das anzuwendende Schema anhand von Beispielen wie folgt dar:
A und B sind an einer Personenhandelsgesellschaft je zur Hälfte beteiligt. Es sind feste Kapitalkonten von je 20 000 DM vereinbart. B überträgt von seinem Festkapitalkonto auf C die Hälfte (10 000 DM), so daß dieser mit einer Beteiligung von 25 v. H. als Gesellschafter eintritt. Der Veräußerungspreis beträgt 30 000 DM. Im Zeitpunkt der Veräußerung sollen sich bei der Gesellschaft folgende Vermögensverhältnisse (Buchwerte) ergeben:
Aktiva Passiva
Anlage- und Schulden
Umlaufvermögen
100 000 DM 50 000 DM
Gesellschafter A:
Festkapitalkonto:
20 000 DM
Kapitalkonto II:
4 000 DM
Gesellschafter B:
Festkapitalkonto:
20 000 DM
Kapitalkonto II:
6 000 DM
100 000 DM 100 000 DM
Der Veräußerungsgewinn des B errechnet sich wie folgt:
Buchwert der Beteiligung (Festkapitalkonto) vor der Veräußerung 20 000 DM
davon veräußert 1/2 10 000 DM
Veräußerungspreis 30 000 DM
Veräußerungsgewinn (vor Berücksichtigung der Veräußerungskosten) 20 000 DM
Hätte B außer den 10 000 DM von seinem Festkapitalkonto noch 3 000 DM von seinem Kapitalkonto II an C für zusammen 30 000 DM abgegeben, ergäbe sich folgende Berechnung:
Buchwert der Beteiligung (Festkapitalkonto) vor der Veräußerung 20 000 DM
davon veräußert 1/2 10 000 DM
weiterhin vom Kapitalkonto II 3 000 DM 13 000 DM
Veräußerungspreis 30 000 DM
Veräußerungsgewinn (vor Berücksichtigung der Veräußerungskosten) 17 000 DM
Bei diesen Beispielen ist der Senat ebenfalls davon ausgegangen, daß allein die Festkapitalkonten die Beteiligung der einzelnen Gesellschafter an den Sachwerten und den stillen Reserven verkörpern.
Für die Berechnung sind die Buchwerte maßgeblich, wie sie sich im Veräußerungszeitpunkt aufgrund der steuerlichen Bwertungsvorschriften ergeben. Sind infolge einer Betriebsprüfung die steuerlich maßgeblichen Werte z. B. durch zusätzliche Aktivierungen geändert worden, ist das bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns zu berücksichtigen. Anhand des erstgenannten Beispiels soll das erläutert werden; dabei wird vorausgesetzt, daß nach den bestehenden Vereinbarungen Änderungen durch die Betriebsprüfung keine Auswirkungen auf die vermögensrechtlichen Verhältnisse zwischen dem veräußernden und erwerbenden Gesellschafter haben:
Aufgrund einer Betriebsprüfung betragen die steuerlichen Buchwerte des Anlage- und Umlaufvermögens (Aktiva) nicht mehr insgesamt 100 000 DM, sondern 110 000 DM. In Höhe von 10 000 DM sind somit stille Reserven schon aufgedeckt worden und haben vor dem Veräußerungszeitpunkt zu einer Erhöhung des steuerpflichtigen laufenden Gewinns geführt. Für steuerliche Zwecke ist auf der Passivseite jedem Gesellschafter der auf ihn entfallende Anteil an den aufgedeckten stillen Reserven von 10 000 DM in einem Sonderposten dem Festkapitalkonto zuzuordnen. Für den Zeitpunkt der Veräußerung ergibt sich folgende Steuerbilanz:
Aktiva Passiva
Anlage- und Schulden
Umlaufvermögen
110 000 DM 50 000 DM
Gesellschafter A:
Festkapitalkonto:
a) It. Gesellschaftsvertrag:
20 000 DM
b) steuerlicher Sonderposten:
5 000 DM
Kapitalkonto II:
4 000 DM
Gesellschafter B:
Festkapitalkonto:
a) It. Gesellschaftsvertrag:
20 000 DM
b) steuerlicher Sonderposten:
5 000 DM
Kapitalkonto II:
6 000 DM
110 000 DM 110 000 DM
Der Veräußerungsgewinn nach den Vereinbarungen des ersten Beispiels errechnet sich wie folgt:
Buchwert der Beteiligung (Festkapitalkonto) vor der Veräußerung 25 000 DM
davon veräußert 1/2 12 500 DM
Veräußerungspreis 30 000 DM
Veräußerungsgewinn (vor Berücksichtigung der Veräußerungskosten) 17 500 DM
IV.
Sollte sich bei einem der Altgesellschafter aus der Veräußerung der Beteiligung ein Verlust ergeben, bleibt zu prüfen, weshalb die Beteiligung unter dem Buchwert veräußert worden ist und ob die Veräußerung insoweit auf außerbetrieblichen Gründen beruht. Auf die Entscheidungen des RFH vom 17. August 1938 VI 498/38 (RStBl 1938, 1068) sowie des BFH vom 20. August 1970 IV R 236/67 (BFHE 100, 357, BStBl II 1971, 83) und vom 11. Juli 1973 I R 126/76 (BFHE 110, 402, BStBl II 1974, 50) wird verwiesen. Von allen diesen Umständen hängt es ferner ab, ob und wie eine Ergänzungsbilanz der Gesellschafterin D zu entwickeln ist.
Fundstellen
BStBl II 1982, 211 |
BFHE 1981, 412 |