Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlerhafte Bekanntgabe eines Steuerbescheids
Leitsatz (NV)
Ein Steuerbescheid ist fehlerhaft bekannt gegeben, wenn ihn das FA dem Steuerpflichtigen übermittelt und dadurch eine von ihm erteilte Bekanntgabevollmacht zugunsten seines steuerlichen Vertreters nicht beachtet. Dieser Mangel wird aber geheilt, sobald der Bevollmächtigte den Steuerbescheid nachweislich erhält.
Normenkette
AO 1977 § 122; VwZG § 9 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) bediente sich bei der Abgabe seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr der Mithilfe eines steuerlichen Vertreters. Auf dem Mantelbogen des Erklärungsvordrucks war vermerkt, daß der Steuerbescheid nicht dem Kläger, sondern seinem steuerlichen Vertreter zugesandt werden sollte. Gleichwohl übermittelte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - AF -) den Einkommensteuerbescheid mit einfacher Post dem Kläger persönlich (Bescheid vom 17. November 1983). Am 18. November 1983 ging dieser Bescheid beim steuerlichen Vertreter des Klägers ein.
Mit Schreiben vom 12. September 1984 beantragte der Kläger die Änderung der Einkommensteuerveranlagung 1982, weil darin steuerfreie Einkünfte für berufliche Fahrten in Italien enthalten seien. Das FA lehnte - auch in der Einspruchsentscheidung - eine Änderung des Einkommensteuerbescheids 1982 ab, da er inzwischen bestandskräftig geworden sei.
Mit der Klage verfolgte der Kläger zunächst dieses Begehren weiter. Nach einem Hinweis des Berichterstatters, daß der Einkommensteuerbescheid möglicherweise nicht richtig bekanntgegeben worden sei, beantragte er stattdessen, die Unwirksamkeit des Einkommensteuerbescheids 1982 vom 17. November 1983 festzustellen. Diesem Antrag gab das Finanzgericht (FG) statt.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung der §§ 122 und 124 der Abgabenordnung (AO 1977).
Es beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Die vom Kläger gemäß § 41 FGO erhobene Feststellungsklage ist zulässig. Insbesondere kann die Unwirksamkeit eines Verwaltungsakts wegen Mängeln bei der Bekanntgabe durch Feststellungsklage geltend gemacht werden (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4. Juni 1987 V R 131/86, BFHE 150, 305, BStBl II 1988, 392 m.w.N.).
2. Die Feststellungsklage ist aber nicht begründet.
Das FA hat zwar den Einkommensteuerbescheid fehlerhaft bekanntgegeben, weil es ihn dem betroffenen Steuerpflichtigen übermittelte und dadurch eine von ihm erteilte Bekanntgabevollmacht zugunsten seines steuerlichen Vertreters nicht beachtete. Dieser Mangel wurde aber entsprechend dem Rechtsgedanken des § 9 Abs. 1 des Verwaltungszustellungsgesetzes geheilt, da der Bevollmächtigte den Steuerbescheid nachweislich erhielt. Der erkennende Senat schließt sich hierzu der Auffassung in der Entscheidung des IV.Senats vom 8. Dezember 1988 IV R 24/87 (BFHE 155, 472, BStBl II 1989, 346) an. Für den Eintritt der Heilung ist es ohne Bedeutung, ob der Steuerbescheid dem Bevollmächtigten deshalb zuging, weil ihm das FA eine Ausfertigung übermittelte oder weil ihm der Steuerpflichtige die Urschrift übergab. Ebenso ist es unerheblich, wenn - wie im Streitfall - der Bescheid nicht an den Bevollmächtigten adressiert war.
Da der Einkommensteuerbescheid 1982 gemäß § 124 AO 1977 wirksam wurde, konnte das Begehren des Klägers, die Unwirksamkeit dieses Bescheids festzustellen, keinen Erfolg haben.
Fundstellen
Haufe-Index 416978 |
BFH/NV 1990, 686 |