Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer. Verfahrensrecht. Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
1. Ist eine GmbH mit einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr Komplementärin bei einer GmbH & Co. (KG), die ihren Gewinn nach dem Kalenderjahr ermittelt, so ist der Gewinn aus der Beteiligung an der KG bei der GmbH ein laufender Geschäftsvorfall und kommt im Ergebnis des Wirtschaftsjahres zum Ausdruck, das am Bilanzstichtag der KG läuft.
2. Wird durch eine Betriebsprüfung bei der GmbH festgestellt, daß deren Gewinn zugunsten der KG geschmälert worden und hierdurch eine verdeckte Gewinnausschüttung erfolgt ist, so kann die verdeckte Gewinnausschüttung nur durch Berichtigung der einheitlichen Gewinnfeststellung erfaßt werden.
Normenkette
KStG § 5 Abs. 2; AO § 215 Abs. 2
Tatbestand
Die beschwerdeführende GmbH wurde am 28. Juni 1957 gegründet; seit 3. August 1957 besitzt die Gesellschafterin K. L. alle Anteile. Am 29. August 1957 gründete die GmbH mit Frau K. L. als Kommanditistin die GmbH & Co. KG.
Das Wirtschaftsjahr der GmbH läuft vom 1. Juli eines Jahres bis zum 30. Juni des nächsten Jahres, also erstmals vom 1. Juli 1957 bis 30. Juni 1958. Das Wirtschaftsjahr der KG dagegen stimmt mit dem Kalenderjahr überein. Die KG bildete für 1957 ein Rumpfwirtschaftsjahr. Nach der Handelsbilanz zum 31. Dezember 1957 betrug der Gewinn der KG 35.722 DM. Laut mündlicher Vereinbarung ist die GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin der KG an diesem Gewinn mit 2/3, die Kommanditistin mit 1/3 beteiligt. Das Kapitalkonto der GmbH hinsichtlich ihrer Beteiligung an der KG betrug am 31. Dezember 1957 58.000 DM. Außerdem hatte die GmbH der KG im Jahre 1957 Wirtschaftsgüter im Werte von 200.000,- DM zur Verfügung gestellt. Die Wertminderung bezüglich dieser Wirtschaftsgüter ging in Höhe von 20.000,- DM allein zu Lasten der GmbH.
Gemäß der von der GmbH abgegebenen Körperschaftsteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 1957 setzte das Finanzamt mit Körperschaftsteuerbescheid vom 13. März 1959 für den Veranlagungszeitraum 1957 eine Körperschaftsteuer von 0 DM fest. Im Bescheid vom 11. Januar 1960 über die einheitliche Feststellung der Einkünfte der KG wurde der Anteil der GmbH an diesen Einkünften mit 7.000,- DM (2/3 von (30.500,- DM ./. Absetzung für Abnutzung - AfA - für Wirtschaftsgüter von 20.000,- DM)) ausgewiesen. Das Finanzamt hat daraufhin den Körperschaftsteuerbescheid gemäß § 218 AO berichtigt und den Gewinn der GmbH aus der Beteiligung an der KG der Körperschaftsteuer unterworfen.
Die Verlust- und Gewinnrechnung der GmbH zum 30. Juni 1958 enthält einen Posten Ertrag aus Beteiligung an der KG für die Zeit vom 1. September 1957 bis 31. Dezember 1957.
Der Gewinnanteil der Bfin. an der KG im Veranlagungszeitraum 1958 beträgt laut Feststellungsbescheid vom 1. September 1960 12.000,- DM. Die von der Bfin. zu tragende Wertminderung für die hingegebenen Wirtschaftsgüter in Höhe von 45.000,- DM ist bei dem letztgenannten Betrag berücksichtigt. Das Finanzamt veranlagte die Bfin. für den Veranlagungszeitraum 1958 wie folgt zur Körperschaftsteuer:
Bilanzverlust - - - - - - - - - - - - - - - - - - ... DM Gewinnanteil KG für den Veranlagungszeitraum 1958 ... DM überhöhte AfA Handelsbilanz - - - - - - - ... DM - Beteiligungsertrag laut Handelsbilanz - ... DM steuerpflichtiger Gewinn für den Veranlagungszeitraum 1958 - - - - - - - - - - - - ... DM plus verdeckte Gewinnausschüttung - - - - - - - - ... DM körperschaftsteuerpflichtiges Einkommen ------------ ... DM.
Das Finanzamt erkannte die Abmachung, nach der die Bfin. die Wertminderung für die an die KG gegebenen Wirtschaftsgüter allein zu tragen hat, für die Besteuerung nicht an. Die AfA für die überlassenen Wirtschaftsgüter verteilte das Finanzamt in Verhältnis 2/3 : 1/3 (Gewinnverteilungsschlüssel bei der KG) auf die Gesellschafter der KG. Auf diese Weise ermittelte es einen Gewinnanteil der Bfin. an der KG in Höhe von ... DM. In dem Differenzbetrag zwischen ... DM und ... DM (laut Feststellungsbescheid) sah es eine verdeckte Gewinnausschüttung.
Das Finanzamt verwarf den von der GmbH für 1957 eingelegten Einspruch als unzulässig und erhöhte gleichzeitig aus anderen Gründen die im Bescheid festgesetzte Körperschaftsteuer. Es führte aus, die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte der GmbH aus ihrer Beteiligung an der KG sei bindende Grundlage und zugleich notwendige Verfahrensvoraussetzung für die Einzelveranlagung aller Beteiligten. Der Einspruch sei als unzulässig zu verwerfen, da die GmbH nicht beschwert sei. Die Einwendungen der Bfin. richteten sich gegen den Feststellungsbescheid und hätten in einem Rechtsmittelverfahren gegen diesen Feststellungsbescheid vorgebracht werden müssen.
Der Gewinnanteil habe jedoch von 7.000,- DM auf 13.000,- DM erhöht werden müssen, da die Gewinnverteilung bei der KG nicht den wirtschaftlichen Verhältnissen entspreche. Die Sondervereinbarung, nach der die Wertminderung für die überlassenen Wirtschaftsgüter allein zu Lasten der GmbH gehe, sei nicht anzuerkennen. Die Wertminderung müßte von allen Beteiligten an der KG im Verhältnis ihrer Gewinnbeteiligung getragen werden. Die Gewinnverteilung habe insbesondere im vorliegenden Fall nicht mit den Kapitalverhältnissen übereingestimmt. Diese nicht den wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechende Gewinnverteilung stelle eine verdeckte Gewinnausschüttung dar, die nur bei der Körperschaftsteuerveranlagung der Bfin. und nicht im einheitlichen Feststellungsverfahren gerügt werden könne.
Das Finanzgericht hat für 1957 den nach § 218 Abs. 4 AO geänderten Körperschaftsteuerbescheid wiederhergestellt. Die Berichtigung sei gerechtfertigt. Auch der dagegen eingelegte Einspruch sei zulässig, da die GmbH ihre Körperschaftsteuerpflicht des Beteiligungsvertrages bestreite und darum beschwert sei. Die Einwendungen gegen den Berichtigungsbescheid seien aber unbegründet. Die Körperschaftsteuer bemesse sich nach dem Einkommen, das innerhalb eines Kalenderjahres bezogen werde. Da das Einkommen des Kalenderjahres als Bemessungsgrundlage bei der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer diene, enthalte die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte notwendig auch eine Feststellung darüber, welchem Veranlagungszeitraum die einheitlich und gesondert festgestellten Einkünfte zuzurechnen seien. Die Bfin. habe, wie der Feststellungsbescheid ausweise, im Veranlagungszeitraum 1957 gewerbliche Einkünfte und damit körperschaftsteuerpflichtiges Einkommen gehabt. Sie sei mit diesen Einkünften im Veranlagungszeitraum 1957 zur Körperschaftsteuer heranzuziehen.
Die Aufteilung des Gewinns eines Betriebes mit abweichendem Wirtschaftsjahr, der an einer Personengesellschaft beteiligt sei, erfolge ohne den Beteiligungsertrag. Der nach § 215 AO festgestellte Gewinnanteil aus der Beteiligung werde dem errechneten Anteil des Betriebsgewinns für den Veranlagungszeitraum hinzugerechnet. Der Gewinn aus dem Gewerbebetrieb der GmbH sei ohne den Beteiligungsertrag für den Veranlagungszeitraum 1958 zum erstenmal zu ermitteln.
Das Finanzamt habe aber kein Recht, den Gewinn aus der Beteiligung zu erhöhen. Im Feststellungsbescheid seien auch die Anteile der einzelnen Beteiligten auszuwerfen. Eine solche Feststellung der Anteile der einzelnen Beteiligten schließe eine Überprüfung des Gewinnverteilungsschlüssels in diesem Verfahren ein. Die Finanzverwaltung sei auch bei Anerkennung der Gesellschaftsform nicht an den von den Beteiligten vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssel gebunden, wenn dieser mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimme und zwischen fremden Personen nicht vereinbart worden wäre. Eine solche Überprüfung geschehe im Feststellungsverfahren. Es könne dahingestellt bleiben, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des Körperschaftsteuerrechts vorliege. Die verdeckte Gewinnausschüttung erfolge auf alle Fälle im Rahmen des KG- Vertrages, der im einheitlichen Feststellungsverfahren einer Nachprüfung unterliege. Es könne nur der Gesamtgewinn der KG auf die beiden Gesellschafter, Bfin. und deren Alleingesellschafterin, verteilt werden. Die Erhöhung des Gewinnanteils des einen führe zwangsläufig zu einer Verminderung des Gewinnanteils des anderen Gesellschafters. Diese Regel, auf der das einheitliche Feststellungsverfahren beruhe, sei vom Finanzamt nicht beachtet worden da es einseitig nur den Gewinnanteil der GmbH erhöht habe.
Für 1958 hat das Finanzgericht bei der GmbH neben dem durch die Bilanz zum 30. Juni 1958 ausgewiesenen Gewinn den sich aus dem Feststellungsbescheid 1958 für die KG ergebenden Gewinn der Körperschaftsteuer zugrunde gelegt und sich für die Höhe dieses Gewinns auf den Feststellungsbescheid berufen.
Entscheidungsgründe
Der Senat hat die Rechtsmittel für 1957 und 1958 wegen der Gleichartigkeit der Rechtsfragen und der Steuerpflichtigen vereinigt.
Die Rbn. führen zur Aufhebung der Vorentscheidungen. I.
Der Vorinstanz ist darin beizutreten, daß die Bfin. berechtigt war, den Änderungsbescheid anzugreifen, da sie durch die Änderung beschwert war. § 232 Abs. 2 AO steht der Rechtsmittelbefugnis nicht entgegen, weil die Bfin. bestreitet, daß der Feststellungsbescheid sich auf den Gewinn des Jahres 1957 auswirken dürfe. Sie hat damit eine Rechtsfrage aufgeworfen, über die die Rechtsmittelbehörden entscheiden müssen und die nicht als unzulässig zurückgewiesen werden darf.
Das Rechtsmittel der Bfin. ist auch begründet. Die Vorinstanz ist zutreffend davon ausgegangen, daß sich nach § 5 KStG das Einkommen der GmbH nach dem Kalenderjahr bemißt. Weicht das Wirtschaftsjahr wie im vorliegenden Falle vom Kalenderjahr ab, so gilt nach § 5 Abs. 2 Satz 2 KStG der Gewinn aus Gewerbebetrieb als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet. Der Ertrag aus der Beteiligung an der KG gehört bei der Bfin. zum Gewinn aus Gewerbebetrieb, weil die Beteiligung zutreffend in der Bilanz der GmbH aktiviert ist und weil bei ihr nach § 16 KStDV alle Einkünfte solche aus Gewerbebetrieb sind. Wenn darum die Hereinnahme des Beteiligungsgewinns bei der GmbH ein laufender Geschäftsvorfall ist, so wirkt er sich auf den Gewinn des Wirtschaftsjahres aus, in dem dieser Geschäftsvorfall liegt. Der Beteiligungsgewinn, der für die KG zum 31. Dezember 1957 ausgewiesen wurde, kommt dementsprechend in dem Ergebnis des Wirtschaftsjahres 1957/1958 der GmbH zum Ausdruck und wird mit der Bilanz zum 30. Juni 1958 festgestellt. Der Bilanzgewinn zu diesem Zeitpunkt ist der Gewinn der GmbH für das Kalenderjahr 1958.
Die Vorinstanz irrt, wenn sie meint, diese Würdigung werde durch die einheitliche Gewinnfeststellung geändert; der Feststellungsbescheid ist für die Höhe des Einkommens der KG und den Zeitraum, für den der Gewinn der KG festgestellt wird, bindend. Diese Bindung ändert aber nichts daran, daß der Gewinn bei dem Beteiligten in dem Wirtschaftsjahr anfällt, das am Bilanzstichtag der KG, der zugleich der Feststellungsstichtag ist, läuft. Die GmbH hat nicht - wie die Vorinstanzen meinen - einen eigenen Gewinn und einen Beteiligungsgewinn; der Beteiligungsgewinn geht vielmehr in dem Bilanzgewinn der GmbH auf.
Die GmbH hatte darum im Jahre 1957 keinen Gewinn, weil sie erst in 1957 gegründet wurde und die erste Bilanz zum 30. Juni 1958 aufstellte. Der Berichtigungsbescheid für 1957 ist darum ersatzlos aufzuheben und der Bescheid über 0 DM wiederherzustellen.
Aus den gleichen Gründen ist aber auch das Einkommen der GmbH im Jahre 1958 unrichtig ermittelt, weil die Vorinstanz den Beteiligungsertrag zum 31. Dezember 1957 in die Veranlagung für 1958 nicht einbezogen, dafür aber den Beteiligungsertrag an der KG zum 31. Dezember 1958 bereits bei der Veranlagung 1958 erfaßt hat; der letztgenannte Ertrag gehört bei der GmbH zum Einkommen des Jahres 1959, weil er in dem Rechnungsjahr der GmbH anfällt, das im Jahre 1959 endet; der Ertrag der KG zum 31. Dezember 1957 gehört zur Veranlagung der GmbH für 1958. Aus diesem Grunde sind die Vorentscheidungen aufzuheben.
II. Für den Streitpunkt, ob das Finanzgericht mit Recht die Frage der verdeckten Gewinnausschüttung wegen der Rechtskraft der einheitlichen Gewinnfeststellung unentschieden gelassen hat, ist der Bundesminister der Finanzen dem Verfahren beigetreten. In Übereinstimmung mit der Rechtsansicht des Bundesministers der Finanzen ist der Vorinstanz darin zuzustimmen, daß es die Grundsätze des Verfahrens über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung nach § 215 Abs. 2 AO verbieten, von dem im Feststellungsbescheid festgestellten Gewinn abzuweichen.
Die GmbH & Co. (KG) ist nach der Rechtsprechung einkommensteuerrechtlich als Personengesellschaft zu behandeln (Urteile des Bundesfinanzhofs I 351/56 U vom 16. September 1958, BStBl 1958 III S. 462, Slg. Bd. 67 S.492, und I 224/60 U vom 14. März 1961, BStBl 1961 III S. 363, Slg. Bd. 73 S. 263). Über die Höhe der Gewinnanteile der an der KG beteiligten Gesellschafter ist deshalb im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung nach § 215 AO zu entscheiden. Die Entscheidung hat bindende Wirkung für das Einzelveranlagungsverfahren der Gesellschafter (Urteil des Bundesfinanzhofs I 221/55 U vom 3. Juli 1956, BStBl 1956 III S. 308, Slg. Bd. 63 S. 288).
Der Gewinnanteil der Bfin. für das bei der KG gebildete Rumpfwirtschaftsjahr 1957 ist rechtskräftig auf 7.000 DM festgestellt worden. Dieser Betrag muß deshalb bei der Körperschaftsteuerveranlagung der Bfin. angesetzt werden. Das gilt auch dann, wenn die Auffassung vertreten wird, daß der Gewinnanteil wegen Nichtberücksichtigung einer verdeckten Gewinnausschüttung zu niedrig festgestellt worden sei. Die verdeckte Gewinnausschüttung darf in einem solchen Fall bei der Körperschaftsteuerveranlagung nicht neben dem festgestellten Gewinnanteil angesetzt werden, weil dies zu einer unzulässigen Korrektur der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung führen würde. Es ist zuzugeben, daß hiernach im Rahmen der einheitlichen Gewinnfeststellung für eine Personengesellschaft über eine körperschaftsteuerrechtliche Frage entschieden wird; andererseits ist allein das Feststellungsfinanzamt in der Lage zu beurteilen, was an der Feststellung bei der GmbH als neue Tatsache zu werten ist.
Fundstellen
Haufe-Index 411372 |
BStBl III 1965, 54 |
BFHE 1965, 151 |
BFHE 81, 151 |
BB 1965, 25 |
DB 1964, 1836 |
DStR 1965, 45 |