Leitsatz (amtlich)
a) Zum Erfordernis der Urkundeneinheit zwischen Vertragsurkunde und in Bezug genommenen Anlagen (Ergänzung zum Senatsurteil BGHZ 136, 357 und zu BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - VII ZR 93/97 - MDR 1999, 473).
b) Zur Bestimmbarkeit des Inhalts eines der Schriftform unterliegenden Mietvertrages durch Auslegung anhand außerhalb der Urkunde liegender Umstände.
Normenkette
BGB § 566 S. 1, § 126
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers und Widerbeklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 13. Februar 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Mit Vertrag vom 23. September/3. November 1992 vermietete der Kläger der Beklagten Büroräume und Tiefgaragenplätze in einem von ihm noch zu errichtenden Gebäude auf dem Grundstück A. Straße in E. für die Dauer von zehn Jahren ab Übergabe.
Die Parteien streiten im Rahmen der Widerklage darüber, ob der Vertrag mangels Einhaltung der Schriftform des § 566 BGB als für unbestimmte Zeit geschlossen gilt und deshalb durch die von der Beklagten am 11. März 1996 erklärte ordentliche Kündigung beendet wurde.
Der in drei Exemplaren ausgefertigte Mietvertrag besteht aus fortlaufend paginierten losen Blättern mit einheitlichem Schriftbild und fortlaufend numerierten Bestimmungen. Die beiden den Parteien verbliebenen Exemplare sind am Ende der letzten Seite von ihnen unterzeichnet; die übrigen Seiten weisen die Paraphe des Klägers auf. Ein drittes Exemplar ist der Landeszentralbank Thüringen zur Genehmigung einer Wertsicherungsklausel übersandt worden.
Nr. 2 des Vertrages lautet:
„2. Mietgegenstand
In dem unter der Adresse O- E., A. Straße 50, zu erstellenden Gebäude werden vom Vermieter an den Mieter vermietet:
Räume im Erdgeschoß (H.str.) ca. 260 m²
Tiefgaragenstellplätze 3 Stck.
Die genaue Größe der vermieteten Fläche wird spätestens 14 Tage nach Übergabe gemeinsam vom Vermieter und der Mieterin nach DIN 277 ermittelt.
Die vermietete Fläche ergibt sich aus den in der Anlage beigefügten Plänen, in denen die vermieteten Räume durch eine grüne Umrandung gekennzeichnet sind. Diese Pläne sind wesentliche Bestandteile dieses Mietvertrages.”
Gemäß Nr. 5 a war „das Mietobjekt gebrauchsfertig entsprechend den Vereinbarungen zum 01.05.1993, spätestens zum 01.07.1993” zu übergeben.
Nr. 15 (Mietnebenkosten) lautet auszugsweise:
- „ Der Mieter übernimmt alle anfallenden Nebenkosten, gleich ob derzeit bekannt oder unbekannt.
- Die Nebenkosten werden soweit wie möglich nach Verbrauch abgerechnet. Ist ein Verbrauchsmaßstab nicht feststellbar, so werden die davon betroffenen Mietnebenkosten nach Quadratmeternutzfläche abgerechnet.
- …
- Der Vermieter ist berechtigt, für die Mietnebenkosten eine angemessene monatliche Vorauszahlung zu verlangen. …
- Mietnebenkosten sind entsprechend Anlage 1 zum Mietvertrag abzurechnen.”
Die Zeichnung mit grün umrandeter Fläche, auf die Nr. 2 b des Mietvertrages verweist, enthält keinen Hinweis auf den Mietvertrag und ist insbesondere nicht als Anlage hierzu gekennzeichnet. Sie ist weder paginiert noch paraphiert oder unterschrieben.
Bei der in Nr. 15 e des Mietvertrages erwähnten Anlage handelt es sich um eine Abschrift der Anlage 3 zu § 27 der 2. Berechnungsverordnung mit der Aufschrift „Anlage 1 zum Mietvertrag”.
Eine weitere, im Mietvertrag nicht erwähnte „Anlage 2” besteht aus dem Abdruck einer „Hausgemeinschaftsordnung”.
Die Beklagte nutzt das Objekt seit dem 9. August 1993.
Gegenüber der auf Zahlung rückständigen Mietzinses gerichteten Klage machte die Beklagte Minderung geltend, weil die Bauausführung mangelhaft sei und in mehreren Punkten (z.B. Auswahl der Tapeten, Anordnung der Fußbodenkanäle und Beleuchtung, Einbau eines Urinals, Anbau eines Windfangs) nicht der hierfür als maßgeblich vereinbarten Baubeschreibung sowie den dazu mündlich getroffenen Vereinbarungen entspreche.
Auf die Widerklage stellte das Landgericht durch Teilurteil fest, daß das Mietverhältnis aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 11. März 1996 zum 31. Dezember 1996 ende.
Das Oberlandesgericht wies die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil zurück. Dagegen richtet sich dessen Revision, mit der er weiterhin Abweisung der Widerklage erstrebt.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen, in ZMR 1997, 291 veröffentlichten Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Schriftform des § 566 BGB bereits dann gewahrt, wenn nur eines von mehreren Vertragsexemplaren, die die Parteien hergestellt haben, im Zeitpunkt der Unterzeichnung den an die Einhaltung der Schriftform zu stellenden Anforderungen genügte (vgl. Palandt/Putzo BGB 58. Aufl. § 566 Rdn. 17; Lindner-Figura MDR 1997, 209 f. m.N.; a.A. KG Grundeigentum 1995, 812; offen gelassen in BGHZ 50, 39, 42). Die Parteien haben indes nicht vorgetragen, daß das dritte, bei der Landeszentralbank eingereichte Vertragsexemplar anders beschaffen gewesen sei als die den Parteien verbliebenen Exemplare. Es ist daher im Ergebnis nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht nur geprüft hat, ob die den Parteien verbliebenen Exemplare der Schriftform genügen.
2. Die vom Berufungsgericht offen gelassene Frage, ob die Schriftform schon mangels fester körperlicher Verbindung der einzelnen Blätter des Mietvertrages nicht gewahrt sei, ist zu verneinen. Nach den Grundsätzen des Senatsurteils BGHZ 136, 357 ff. reicht eine durch Paginierung, fortlaufende Paragraphenzählung, Paraphierung der einzelnen Blätter, inhaltlichen Zusammenhang oder sonstige Merkmale gewährleistete Urkundeneinheit aus. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, weil die einzelnen Blätter des Vertrages fortlaufend paginiert sind, die Vertragsbestimmungen fortlaufende Nummern aufweisen und die einzelnen Blätter des Vertrages zudem von einer der Parteien paraphiert wurden.
3. Das Berufungsgericht hält die Schriftform jedenfalls aus einem anderen Grunde für nicht gewahrt. Die erforderliche Einheit der Urkunde setze nämlich voraus, daß die Anlagen zum Mietvertrag entweder körperlich oder durch wechselseitige Bezugnahme mit diesem verbunden sowie von beiden Parteien unterschrieben seien.
Das hält der rechtlichen Prüfung nicht stand. Nicht alles, was die Parteien als Anlage zum Mietvertrag bezeichnen oder betrachten, muß mit diesem auch zu einer einheitlichen Urkunde zusammengefaßt werden.
a) Ein für längere Zeit als ein Jahr geschlossener Mietvertrag über ein Grundstück genügt bereits dann der Schriftform des § 566 BGB, wenn sich die wesentlichen Vertragsbedingungen – insbesondere Mietgegenstand, Mietzins sowie Dauer und Parteien des Mietverhältnisses – aus der Vertragsurkunde ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 1969 - VIII ZR 88/67 - LM Nr. 7 zu § 126 BGB = WM 1969, 920, 921; Haase WuM 1995, 625, 630 m.N.).
Nur wenn die Parteien diese Essentialia oder weitere Bestimmungen, die ebenfalls wesentlicher Inhalt des Mietvertrages sein sollen, nicht in diesen selbst aufnehmen, sondern teilweise in andere Schriftstücke auslagern, so daß sich der Gesamtinhalt der mietvertraglichen Vereinbarung erst aus dem Zusammenspiel dieser „verstreuten” Bestimmungen ergibt, müssen sie zur Wahrung der Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit dieser Schriftstücke in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich machen (vgl. BGHZ 40, 255, 263; BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - VII ZR 93/97 - MDR 1999, 473).
Der Schriftform bedürfen hingegen nicht auch solche Abreden, die für den Inhalt des Vertrages, auf den die Parteien sich geeinigt haben, von nur nebensächlicher Bedeutung sind (vgl. Wolf/Eckert, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 7. Aufl. Rdn. 110 m.N.). Dies gilt erst recht für Bestimmungen, die nicht über das hinausgehen, was bereits im Vertragstext selbst seinen Niederschlag gefunden hat, oder die dessen Inhalt nicht modifizieren, sondern lediglich erläutern oder veranschaulichen sollen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 1997 - KZR 36/95 - ZIP 1997, 1169, 1171 unter 3.).
b) Der Umstand, daß Nr. 15 e des Mietvertrages wegen der Abrechnung der Mietnebenkosten auf eine nicht unterschriebene, lediglich als „Anlage 1” bezeichnete und mit der Vertragsurkunde nicht fest verbundene Anlage verweist, steht der Einhaltung der Schriftform aus diesem Grunde ebensowenig entgegen wie die Existenz einer im Mietvertrag nicht erwähnten, mit „Anlage 2” bezeichneten Hausordnung:
aa) Nr. 15 des Mietvertrages bestimmt, daß der Mieter alle Nebenkosten trägt und diese nach Quadratmetern abzurechnen sind, soweit eine verbrauchsabhängige Berechnung nicht möglich ist. Die Anlage 1 enthält keine davon abweichenden Bestimmungen, sondern erläutert lediglich, was die Parteien – entsprechend der gesetzlichen Definition der Betriebskosten in Anlage 3 zu § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung – im einzelnen unter „Nebenkosten” verstanden haben.
bb) Ob die Parteien sich darüber einig waren, daß die im Mietvertrag nicht erwähnte Hausgemeinschaftsordnung Bestandteil dieses Vertrages sein sollte, ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden und kann der bloßen Kennzeichnung dieses Vordrucks als „Anlage 2” nicht mit Sicherheit entnommen werden. Darauf kommt es indes nicht an. Die Hausgemeinschaftsordnung konnte zumindest im vorliegenden Fall formfrei als Bestandteil des Mietvertrages vereinbart werden, weil es sich hier um unwesentliche Vertragsbestimmungen handelt (vgl. auch BGHZ 65, 49, 53; Heile in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. II Rdn. 764 m.N.; Sternel, Mietrecht 3. Aufl. Rdn. I 417; Staudinger/Emmerich BGB [1997] § 566 Rdn. 34). Denn zahlreiche Bestimmungen dieser ersichtlich für Wohngebäude konzipierten Hausordnung (Teppichklopfen, Waschküchenbenutzung, Beaufsichtigung von Kindern) sind für das vorliegende gewerbliche Mietverhältnis in einem reinen Geschäftsgebäude belanglos, während beispielsweise die bedeutsamere Frage der Schneeräumungs- und Streupflicht im Mietvertrag selbst (Nr. 15 c) geregelt ist.
c) Der Wahrung der Schriftform steht auch nicht entgegen, daß Nr. 2 b des Mietvertrages auf Grundrißzeichnungen Bezug nimmt, in denen die vermietete Fläche durch eine grüne Umrandung gekennzeichnet ist, ohne daß diese Anlage mit der Vertragsurkunde fest verbunden wurde oder die Einheit von Urkunde und Anlage aus anderen Gründen (etwa durch Verweisung im Mietvertrag und Unterzeichnung der Anlage, vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 aaO) außer Zweifel steht.
Soweit das Berufungsgericht seine gegenteilige Auffassung auf die Entscheidung BGHZ 40, 255 stützt, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Diese Entscheidung betraf einen jener – vorstehend unter 3 a erwähnten – Fälle, in denen verschiedene Urkunden mit jeweils eigenständigem Regelungsgehalt zum Gegenstand eines nunmehr einheitlichen Vertrages gemacht werden sollen, so daß sich dessen Inhalt erst aus dem Zusammenspiel der in verschiedenen Urkunden niedergelegten Regelungen ergibt. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Ob die strengen Anforderungen an die Einheit der Urkunde auch gelten, soweit der Hauptvertrag lediglich auf ergänzende oder erläuternde Schriftstücke ohne eigenständigen Regelungsgehalt verweist, ist der zitierten Entscheidung nicht zu entnehmen (vgl. BGHZ 40, 255, 264). Der Senat hält die Verbindung solcher Schriftstücke mit dem Hauptvertrag zu einer einheitlichen Urkunde zur Wahrung der Schriftform des § 566 BGB nicht für erforderlich.
aa) Zwar handelt es sich bei der Kennzeichnung des Mietobjekts um einen wesentlichen Punkt des Vertrages, der – anders als unbedeutende Nebenabreden – stets dem im Rahmen der Schriftform des § 566 BGB zu beachtenden Erfordernis der Urkundeneinheit unterliegt (vgl. BGHZ 65, 49, 52). Allein der Umstand, daß die Parteien das Mietobjekt hier zusätzlich zu seiner Beschreibung im Vertragstext durch Bezugnahme auf eine zeichnerische Darstellung konkretisiert haben, bedeutet indes nicht, daß auch diese Zeichnung mit dem Hauptvertrag zu einer einheitlichen Urkunde hätte verbunden werden müssen. Dies gilt auch, wenn sich das Mietobjekt – wie hier – anhand der Zeichnung besser und müheloser identifizieren läßt.
bb) Bei der Vermietung von Räumen in einem noch zu errichtenden Gebäude (Vermietung vom Reißbrett) kann sich die erforderliche Bestimmbarkeit des Mietobjekts zum einen aus Plänen ergeben, in denen die vermieteten Räume gekennzeichnet sind, zum anderen aber auch aus einer in der Vertragsurkunde selbst enthaltenen, hinreichend genauen Beschreibung der Größe und Lage der Mieträume im Gebäude (vgl. Bub in Bub/Treier aaO Rdn. II 350 m.N.; Mittelstein, Die Miete 4. Aufl. 1932 S. 140). Es genügt daher, wenn das Mietobjekt auf die eine oder andere Weise formrichtig und hinreichend bestimmbar bezeichnet ist.
Hier erweisen sich die Grundrißzeichnungen mit der darin eingezeichneten grünen Umrandung als bloßer Orientierungsbehelf. Ihnen ist kein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert zu entnehmen, der sich nicht ohnehin schon aus dem Vertragswortlaut selbst ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 1997 aaO; OLG Hamm ZMR 1998, 622, 624 = NJW-RR 1999, 232, 233). Sie dienen lediglich der zeichnerischen Darstellung der Lage und Anordnung der vermieteten Fläche, die indes im Vertrag selbst hinreichend deutlich beschrieben ist, so daß sich etwa verbleibende Zweifel an der exakten Lage des Mietgegenstandes innerhalb des Gebäudes im Wege der Auslegung beseitigen lassen.
Auch formbedürftige Vertragsklauseln sind grundsätzlich der Auslegung zugänglich, wenn sie sich als unklar oder lückenhaft erweisen. Selbst wesentliche Tatbestandsmerkmale des Rechtsgeschäfts brauchen daher nicht bestimmt angegeben zu werden, sofern nur die Einigung über sie beurkundet ist und ihr Inhalt bestimmbar bleibt. Insoweit darf auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände zurückgegriffen werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BGHZ 52, 25, 29 und 74, 346, 349 ff; BGH, Urteile vom 18. Juni 1969 aaO; vom 24. Juni 1987 - VIII ZR 225/86 - BGHR BGB § 566 Verlängerungsoption 1; vom 11. November 1987 - VIII ZR 326/86 - NJW-RR 1988, 201 und vom 9. März 1999 - KZR 23/97 - ZIP 1999, 857. 858).
Die Einigung der Parteien darüber, welcher Teil des zu erstellenden Gebäudes vermietet werden sollte, ist in Nr. 2 a des Mietvertrages beurkundet worden. Die Verweisung auf die Anlage findet sich hingegen erst im Unterabsatz 2 b, der nach seinem Wortlaut und seiner systematischen Stellung innerhalb der Nr. 2 nicht der Festlegung des Mietobjekts, sondern – nach Übergabe – der Flächenermittlung nach DIN 277 dienen soll.
Bereits anhand der Beschreibung in Nr. 2 a des Mietvertrages ist das Mietobjekt zumindest hinreichend bestimmbar. Das Gebäude sollte auf einem Eckgrundstück errichtet werden, das an die A. Straße und die H.straße grenzt. Durch die Angabe „Räume im Erdgeschoß (H.str.) ca. 260 m²” war das Mietobjekt festgelegt. Seine präzise Lage und Anordnung ließ sich aufgrund dieser Vorgaben an Ort und Stelle feststellen. Denn aufgrund des durch die Planung vorgegebenen Rastermaßes und der daraus folgenden Aufteilung des Gebäudes ergibt sich bereits, daß eine andere als die in der Planzeichnung durch Umrandung gekennzeichnete Fläche nicht in Betracht kam. Die übrige an der Ecke A. Straße/H.straße liegende Fläche ist nämlich weit größer als 260 m² und orientiert sich überwiegend zur A. Straße hin, so daß ihre Bezeichnung als „Erdgeschoß (H.straße)” den örtlichen Gegebenheiten nicht entsprochen hätte, während die zur anderen Seite hin gelegenen Flächen, die den Abschluß des parallel zur H.straße verlaufenden Gebäudeflügels bilden, insgesamt deutlich kleiner als 260 m² sind und somit gleichfalls als für die Zwecke der Beklagten vorgesehene Einheiten ausscheiden.
cc) Unter diesen Umständen steht der Wahrung der Schriftform auch nicht entgegen, daß die Parteien die in Bezug genommenen Pläne in Nr. 2 b des Mietvertrages als wesentliche Bestandteile des Vertrages bezeichnet und ihre Beifügung – wenn auch ohne feste Verbindung – für erforderlich gehalten haben. Ob der gegebenenfalls durch Auslegung zu ermittelnde Inhalt des Vertrages in einer den Anforderungen an die Urkundeneinheit genügenden Weise beurkundet wurde, ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen, weil diese Anforderungen nicht zur Disposition der Parteien stehen. So hat sich der Senat bereits in seiner Entscheidung BGHZ 136, 357, 367 nicht der Ansicht von Häsemeyer (Die gesetzliche Form der Rechtsgeschäfte, S. 209, 270 f.) anschließen können, eine formbedürftige Erklärung genüge bereits dann der Form, wenn die Parteien subjektiv die Wahrung der Form intendiert hätten. Umgekehrt bleibt die gesetzliche Form aber auch dann gewahrt, wenn die Parteien der Auffassung gewesen sein sollten, hierfür in Wirklichkeit nicht erforderliche Voraussetzungen erfüllen zu müssen. Insoweit ist es auch hier ohne Belang, wenn die Parteien einer nur als Orientierungsbehelf dienenden Zeichnung eine rechtsgeschäftliche Bedeutung beimessen, die sie objektiv nicht hat, zumal auch die exakte Flächenberechnung nach DIN 277 hier letztlich nur anhand des fertiggestellten Objekts erfolgen konnte.
Etwas anderes könnte allenfalls gelten, wenn die Parteien mit der Bezeichnung der Anlagen als „wesentliche Bestandteile” etwa eine besondere Art ihrer Beifügung oder der Bezugnahme auf sie als gewillkürte Form im Sinne des § 127 BGB hätten vereinbaren und die Wirksamkeit des Vertrages von deren Einhaltung abhängig machen wollen. Anhaltspunkte hierfür sind aber nicht ersichtlich, zumal die salvatorischen Klauseln in Nr. 17 g und h des Mietvertrages erkennen lassen, daß die vertragliche Bindung durch die Unwirksamkeit oder Unvollständigkeit einzelner Vertragsbestimmungen nicht beeinträchtigt werden sollte.
4. Mit der gegebenen Begründung kann das angefochtene Urteil daher keinen Bestand haben.
Eine abschließende Sachentscheidung nach § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ist dem Senat nicht möglich.
Soweit die Beklagte zu ihrer Verteidigung gegen die Mietzinsklage eine von der Baubeschreibung abweichende Bauausführung geltend macht und deshalb Minderung verlangt, hat das Berufungsgericht – aus seiner Sicht konsequent – keine Feststellungen getroffen, ob die Parteien die Baubeschreibung als für die geschuldete Ausgestaltung und Ausstattung der Mieträume maßgeblich vereinbart haben und darüber hinausgehende, aus dem Mietvertrag ebenfalls nicht ersichtliche Einzelabreden getroffen wurden. Hiervon hängt aber ab, ob der Mietvertrag etwa aus anderen, vom Berufungsgericht nicht erörterten Gründen der Form des § 566 BGB ermangelt und die von der Beklagten erklärte Kündigung das Mietverhältnis somit vorzeitig beendet hat. Denn bei einer Vermietung vom Reißbrett ist die Beschaffenheit der noch zu erstellenden Mietsache für die Parteien regelmäßig von erheblicher Bedeutung und unterliegt daher, wenn sie Inhalt der mietvertraglichen Verpflichtungen sein soll, als Bestandteil des schriftlich abzuschließenden Mietvertrages den dargelegten Anforderungen der Urkundeneinheit (vgl. auch BGHZ 74 aaO S. 349 f).
Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen nachholen kann. Dabei wird den Parteien Gelegenheit zu geben sein, zur Frage der formwahrenden Beurkundung etwa getroffener Absprachen über die Bauausführung ergänzend vorzutragen.
Unterschriften
Blumenröhr, Krohn, Hahne, Sprick, Weber-Monecke
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 30.06.1999 durch Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 541439 |
BGHZ |
BGHZ, 158 |
DB 1999, 2156 |
NJW 1999, 2591 |
NWB 1999, 2528 |
EBE/BGH 1999, 242 |
EWiR 1999, 777 |
NZM 1999, 658 |
NZM 1999, 761 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1999, 2085 |
WuB 1999, 1277 |
ZIP 1999, 1311 |
ZMR 1999, 691 |
DNotZ 1999, 989 |
JZ 2000, 207 |
MDR 1999, 1431 |
VersR 2000, 894 |
WuM 1999, 516 |
RdW 2000, 28 |