BMF, Schreiben v. 26.5.1992, IV B 3 – S 2253 – 3/92 II, BStBl I 1992 S. 370
Bezug: Sitzung ESt III/91 vom 24. bis 26. April 1991 (TOP 14)
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zu der Frage der Mitwirkung eines Ergänzungspflegers bei der Bestellung eines Nießbrauchs für einen Minderjährigen durch dessen gesetzlichen Vertreter wie folgt Stellung:
1. Räumen Eltern ihren minderjährigen Kindern einen Nießbrauch an einem Grundstück ein, bedarf es in der Regel der Mitwirkung eines Pflegers (BFH-Urteil vom 13. Mai 1980 – BStBl 1981 II S. 297), weil das mit dem Nießbrauch regelmäßig verbundene gesetzliche Schuldverhältnis zwischen Eigentümer und Nießbraucher neben Rechten auch Pflichten des Nießbrauchers begründet und der Nießbraucher daher nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt. Insbesondere der Eintritt des Nießbrauchers in die Vermieterstellung ist insoweit als rechtlich nachteilig anzusehen. Daher ist auch in den Fällen des Bruttonießbrauchs die Mitwirkung eines Ergänzungspflegers erforderlich, wenn der Nießbraucher in bestehende Mietverhältnisse eintreten oder zur Vermietung verpflichtet sein soll.
Die Bestellung des Nießbrauchs ohne Mitwirkung eines Ergänzungspflegers ist in diesen Fällen einkommensteuerlich auch dann nicht anzuerkennen, wenn das Vormundschaftsgericht die Mitwirkung eines Ergänzungspflegers für entbehrlich angesehen hat (BFH-Urteil vom 31. Oktober 1989 – IX R 216/84 – BStBl 1992 II S. 506). Die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft für die Dauer des Nießbrauchs ist nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 13. Mai 1980 – BStBl 1981 II S 295).
2. Die Mitwirkung eines Ergänzungspflegers ist ebenfalls bei Bestellung eines unentgeltlich begründeten obligatorischen Nutzungsrechts erforderlich, wenn das nutzungsberechtigte minderjährige Kind in bestehende Mietverhältnisse eintreten oder zur Vermietung verpflichtet sein soll. Tz. 1 ist entsprechend anzuwenden.
3. Tz. 1 dieses BMF-Schreibens tritt an die Stelle von Tz. 4 des BMF-Schreibens vom 15. November 1984 (BStBl I S. 561). Tz. 2 ergänzt Tz. 53 des vorgenannten BMF-Schreibens. Die Regelungen sind in allen Fällen anzuwenden, in denen der Nießbrauch nach dem 30. Juni 1992 notariell beurkundet oder der Überlassungsvertrag nach dem 30. Juni 1992 abgeschlossen worden ist. Ist der Nießbrauch vor dem 30. Juni 1992 beurkundet oder der Überlassungsvertrag vor dem 1. Juli 1992 abgeschlossen worden, ist Tz. 4 oder Tz. 53 des BMF-Schreibens vom 15. November 1984 weiter anzuwenden.
Normenkette
EStG § 21
Fundstellen
BStBl I, 1992, 370