Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung der Nichtrückkehrtage bei Übergang zur Vergütung nach Art. 16 DBA-Schweiz. Besteuerungsrecht nach DBA-Schweiz für einen im Inland ansässigen Delegierten einer Schweizer Aktiengesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Beim Übergang zu einer Vergütung i. S. d. Art. 16 DBA-Schweiz sind die Nichtrückkehrtage für die zuvor ausgeübte unselbstständige Arbeit nach Art. 15a DBA-Schweiz in der Weise zu berechnen, dass für einen vollen Monat der nichtselbstständigen Beschäftigung fünf Tage und für jede volle Woche der Beschäftigung ein Tag anzusetzen sind; die nach dem Übergang zur Vergütung i. S. d. Art. 16 DBA-Schweiz verwirklichten Nichtrückkehrtage sind hinsichtlich der Grenzgängereigenschaft nicht mehr zu berücksichtigen.
2. Fungiert ein in der BRD ansässiger Steuerpflichtiger in einer Doppelfunktion als Deligierter (Mitglied des Verwaltungsrats) und als Geschäftsführer einer Schweizerischen Aktiengesellschaft, unterliegen die ihm hierfür gezahlte Vergütung in voller Höhe dem Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates Deutschland. Eine Aufteilung der Vergütung nach der Überwachungs- und Führungsfunktion des Deligierten ist nicht vorzunehmen.
3. Der Delegierte einer Schweizerischen Aktiengesellschaft übt tendenziell eine selbstständige Tätigkeit im Sinne des Art. 14 DBA-Schweiz aus.
4. Die BRD kann als Ansässigkeitsstaat des Delegierten – unberührt vom Besteuerungsrecht der Schweiz als Ansässigkeitsstaat der Aktiengesellschaft – die Bezüge nicht nur insoweit, als sie auf die Tätigkeit des Delegierten im Inland und in Drittstaaten entfällt, sondern in voller Höhe besteuern.
Normenkette
DBA CHE Art. 14, 16, 15 Abs. 4 S. 1, Art. 15a Abs. 1 S. 1; DBA CHE 1971/2010 Art. 15a Abs. 2 S. 2; DBA CHE Art. 24 Abs. 1 Nr. 2; Schweizer Obligationenrecht Art. 718 Abs. 2, Art. 716a Abs. 1 Nr. 4; EStG § 1 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 34c Abs. 1 Sätze 2-3, Abs. 6 S. 2, § 36 Abs. 2 Nr. 2
Tenor
1.
- Die Klage wegen Einkommensteuer 1999 wird abgewiesen.
Unter Änderung der Einkommensteuerbescheide
für 2000 vom 13. Januar 2003
für 2001 vom 2. September 2003 und
für 2002 vom 23. August 2004,
jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. August 2006 wird die Einkommensteuer
für 2000 auf xx.xxx,xx EUR
für 2001 auf xx.xxx EUR
für 2002 auf xx.xxx EUR festgesetzt.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu 40 v.H., der Beklagte zu 60 v.H. zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung von mehr als 1.500 EUR, darf die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des darin festgesetzten Erstattungsbetrages erfolgen. In anderen Fällen kann der Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leisten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute, die für die Veranlagungszeiträume 1999-2002 (Streitjahre) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden. Sie hatten im Streitjahr ihren Wohnsitz und ihre ständige Wohnstätte in X / Deutschland. Sie besitzen beide die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Klägerin übte in den Streitjahren den Beruf einer Hausfrau aus. Sie erzielte im Streitjahr keine steuerpflichtigen Einkünfte. Der Kläger ist Diplom-Soziologe.
Der Kläger trat zum 1. Januar 1987 als Projektleiter in die Dienste der K AG – im folgenden: Arbeitgeberin bzw. K-AG – (Ziff. 1 des Arbeitsvertrages vom 26. Februar 1987, Bl. 140-144 der FG-Akten 3 K 3005/08), deren Sitz im Streitjahr in Y/CH war.
Zweck der K-AG ist die sozio-ökonomische, medizinische, technologische, organisatorische, administrative und politische Forschungs- und Beratungstätigkeit vorrangig über Problemstellungen im Gesundheitswesen von Industrie- und Entwicklungsländern. Die Gesellschaft bezweckt ferner die Auswertung und Anwendung von Erkenntnissen im Gesundheitswesen u.a. durch Anbieten von Dienstleistungen, Erteilen von Lizenzen und Handel mit Produkten (s. den Handelsregisterauszug vom 6. März 2008, Bl. 105-106 der FG-Akten 3 K 3005/08 bzw. Art. 2 der Statuten der K-AG vom 24. Juni 1981 und vom 12. Mai 1997 [im folgenden: Statuten], die die Statuten vom 24. Juni 1981 ersetzten – Art. 30 a.a.O. –).
Die Organe der K-AG sind die Generalversammlung, der Verwaltungsrat und die Revisionsstelle (Art. 8 der Statuten). Der Verwaltungsrat (Hinweis auf die Angaben zur Besetzung des Verwaltungsrates in den Streitjahren: Schriftsatz der Kläger vom 15. Juni 2008, Bl. 138-139 der FG-Akten 3 K 3005/08) hat als unübertragbare und unentziehbare Aufgaben: die Oberleitung der Gesellschaft und die Erteilung der nötigen Weisungen, die Festlegung der Organisation, die Ernennung und Abberufung der mit der Geschäftsführung und der Vertretung betrauten Personen und die Oberaufsicht über die mit der Geschäftsführung betrauten Personen, namentlich im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, Statuten, Reglemente und Weisungen (A...