Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzugsfähigkeit vorweggenommener Betriebsausgaben im Rahmen einer gescheiterten Unternehmensgründung; Maßgeblichkeit des Veranlassungszusammenhangs; Beweislast; Vergleichbarkeit mit der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung des Vorsteuerabzugs bei erfolglosem Unternehmer; Abschreibungsfähigkeit eines Unternehmenskonzepts
Leitsatz (redaktionell)
1. Scheitert die Gründung eines Unternehmens, so dass es zur Erzielung von Einnahmen nicht mehr kommt, erfordert der Abzug von in der Gründungsphase des Unternehmens entstandenen Aufwendungen als Betriebsausgaben das Bestehen eines Veranlassungszusammenhangs zwischen den getätigten Aufwendungen und der geplanten, eigenen (letztlich aber gescheiterten bzw. nicht ausgeübten) Unternehmertätigkeit. Für den Nachweis des Veranlassungszusammenhangs trägt der Steuerpflichtige die Beweislast.
2. Auch die Sondierung, ob eine Unternehmensgründung in Betracht kommen kann, gehört zu der einkommensteuerrelevante Phase der Gründung eines Unternehmens, wenn die Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeit alsbald (in einem zeitlichen Zusammenhang) geplant ist.
3. Vergleichbarkeit der Voraussetzungen für den umsatzsteuerrechtlichen Vorsteuerabzug mit denen des ertragsteuerrechtlichen Abzugs vorweggenommener Betriebsausgaben im Zusammenhang mit einer gescheiterten Unternehmensgründung (so auch FG des Saarlandes Urteil vom 15.12.2000 1 K 256/99).
4. Zur Abschreibungsfähigkeit eines Unternehmenskonzepts.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 15 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 96 Abs. 1 S. 1; UStG § 2 Abs. 1 S. 3
Tatbestand
Die Klägerin, die in den Streitjahren als Lehrerin an einer Privatschule (LOS, S) jeweils vom 1. Januar bis 31. Dezember Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt hat, begehrt im Zuge der Geltendmachung von „Ausgaben vor Betriebseröffnung” u. a. den Abzug vorweggenommener Betriebsausgaben i.H.v. 11.250 DM (1992) und 3.750 DM (1993) als Abschreibungsbeträge aus drei Rechnungen, die ihr am 12. März, 13. Mai und 11. Oktober 1991 von ihrem Lebensgefährten, Herrn H.-L. W, als natürliche Person bzw. als Gesellschafter-Geschäftsführer der P-Werkstatt, P- und P GmbH gestellt worden sind (Bl. 13; Bl. 3 ff. GewStA). Das jeweils ins Auge gefasste Unternehmen (Vertrieb von „Sonnenfächerhäusern”, Ausbildung EG-Referent, Existenzgründungsberatung) wurde nicht angemeldet und es wurden keine Umsätze erzielt. Im Juni 1992 reichte die Klägerin eine Gewinnermittlung für Einkünfte aus dem „internationalen Handel mit Daten/Grundstücken” beim Beklagten ein (Bl. 3 GewStA). Zum 14. Oktober 1995 hat die Klägerin beim Gewerbeamt der Stadt W einen „Großhandel mit Pflanzen aller Art (Im- und Export)” angemeldet (Bl. 47, 50 GewStA).
Bei der Durchführung der Veranlagungen der Streitjahre lehnte der Beklagte die Anerkennung negativer Einkünfte aus Gewerbebetrieb ab und setzte die Einkommensteuer durch Bescheide vom 22. März 1995 dementsprechend fest. Nachdem der Beklagte die Klägerin im dagegen gerichteten Einspruchsverfahren mehrfach vergeblich zur näheren Spezifizierung des Zusammenhangs zwischen den geltend gemachten Aufwendungen und einer gewerblichen Tätigkeit aufgefordert hatte (Bl. 17, 22, 24 RbhA), wies er mit Entscheidung vom 8. Juli 1999 die Einsprüche als unbegründet zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin am 10. August 1999 Klage. Sie beantragt,
unter Änderung der Bescheide vom 22. März 1995 in Form der Einspruchsentscheidung vom 8. Juli 1999 die Einkommensteuer unter Berücksichtigung von Verlusten aus Gewerbebetrieb, die
- • 1992 15.930 DM und
- • 1993 3.750 DM
betragen haben, festzusetzen.
Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen folgendes vor:
Der Vorsteuerabzug des erfolglosen Unternehmers sei durch das Urteil des EuGH vom 29. Februar 1999, Rs. C 110/94 anerkannt (Bl. 22). Im Jahre 1991 habe sich der Plan der Klägerin gefestigt, sich selbständig zu machen. Sie habe einen Kursus bei der ZPT gemacht und (um den Plan zu konkretisieren) folgende Ausgaben getätigt:
• Rechnung der Firma P-Werkstatt vom 12. März 1991 i.H.v. 15.000 DM zuzügl. 2.100 DM USt. über Bauplan, Statik, Kalkulation und Konzeption von „Sonnenfächerhäusern” (Bl. 21 d.A.; Bl. 4, 5 GewStA)
Die Vermarktung dieser Pläne habe sich schwieriger gestaltet als geplant. Es sei nicht möglich gewesen, ein solches Konzept aus einem Bürocontainer heraus zu verkaufen. Der geplante Neubau auf dem Grundstück „U Strasse” in W sei bis heute nicht realisiert, da die Stadt W immer neue Probleme gemacht habe. Der Bauantrag sei 1992 gestellt worden. Am 1. September 1998 sei dann doch ein Plan an die Firma K verkauft worden und am 29. Juni 1998 eine Statik an die Firma X. Diese Einnahmen seien in ihrem Gewerbebetrieb erfasst worden.
• Rechnung von der Firma H.L. W vom 13. Mai 1991 über Existenzgründungsberatung, Sondierung, Recherchen und Kontaktbildung (Bl. 22 d.A.; Bl. 5 GewStA)
Die Klägerin habe im Auftrag von Kunden Datenbanken aufbauen, Adressen recherchieren, EG-Förderungen recherchieren usw. wollen. Die Lehrgangsteilnehmer des EG-Referenten hät...