Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwachsungsgewinn bei Ausscheiden eines Gesellschafters als laufender Gewinn; Anwachsungsgewinn; Ausscheiden eines Gesellschafters; Gewerbeertrag; Laufender Gewinn
Leitsatz (redaktionell)
Anwachsungsgewinne, die durch den unentgeltlichen Hinzuerwerb des Mitunternehmeranteils eines aus betrieblichen Gründen ausscheidenden Gesellschafters bei den verbleibenden Gesellschaftern entstehen, gehören ungeachtet ihrer einkommensteuerlichen Behandlung als laufender Gewinn nicht zum gewerbesteuerpflichtigen Ertrag, da sie als Gegenstück zu dem Veräußerungsverlust des ausscheidenden Gesellschafters auf einem nicht den tätigen Gewerbebetrieb betreffenden Geschäftsvorfall beruhen.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 5, § 7; EStG § 16; EStDV § 7 Abs. 1; BGB § 738 Abs. 1 S. 1
Gründe
Die Klage ist begründet.
...
2. Der anlässlich des Ausscheidens des Gesellschafters“X” den verbleibenden Gesellschaftern zuzurechnende Anwachsungsgewinn unterliegt nicht der Gewerbesteuer (§§ 2 Abs. 5, 7 Gewerbesteuergesetz – GewStG –).
Das Ausscheiden des Gesellschafters erfolgte aus betrieblichen Gründen (wegen der noch zu erwartenden künftigen Verluste, des Konkursrisikos und des damit verbundenen Inanspruchnahmerisikos aus den Bürgschaften, das die verbleibenden Gesellschafter ...“Y”... und ...“Z” trugen) unentgeltlich, d. h. ohne Ausgleich des positiven Kapitalkontos. Dieser Vorgang stellt sich nicht als ertragsteuerlich neutrale unentgeltliche Übertragung aus privaten Gründen dar (mit der Folge der Buchwertfortführung i.S.d. § 7 Abs. 1 EStDV und einer Einlage der begünstigten Erwerber in Höhe der unentgeltlich hinzuerworbenen Buchwerte, vgl. BFH-Urteil vom 7. Februar 1995 VIII R 36/93, BFHE 178, 110, BStBl II 1995, 770). Vielmehr führte das aus betrieblichen Gründen unter Buchwert erfolgte Ausscheiden des Mitunternehmers bei diesem zu einem Veräußerungsverlust, der nicht im “laufenden” Betrieb der Personengesellschaft, sondern in der Person des ausscheidenden Gesellschafters erwachsen ist und deshalb nicht der Gewerbesteuer unterliegt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 28. Februar 1990 I R 92/86, BFHE 160, 262, BStBl II 1990, 699, vom 17. Februar 1994 VIII R 13/94, BFHE 174, 550, BStBl II 1994, 809 und in BFHE 178, 110, BStBl II 1995, 770, 772 a. E.). Das ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
Entsprechend diesem Veräußerungsverlust des ausscheidenden Gesellschafters hat das Finanzamt bei den verbleibenden Gesellschaftern einen Anwachsungsgewinn angesetzt. Dies ist im Streitfall nicht zu beanstanden. Zwar gilt bei einer Abfindung unter Buchwert aus betrieblichen Gründen der Grundsatz, dass die erwerbenden Gesellschafter die unter Buchwert hinzuerworbenen Anteile an den Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens höchstens mit den Anschaffungskosten aktivieren können (§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 7 EStG) und dass infolgedessen eine Buchwertabstockung zu erfolgen hat (Hörger inLittmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, § 16 EStG Rn 173;Gänger inBordewin/ Brandt, § 16 EStG Rz. 206 ff.;Schmidt, EStG, 19. Aufl. 2000, § 16 Rz. 511;Peuker inGlanegger/ Güroff, Gewerbesteuergesetz, 4. Aufl. 1999, § 7 Anm. 78). Dies gilt jedoch nicht, wenn ein unentgeltlicher Erwerb aus betrieblichen Gründen vorliegt und der Teilwert des hinzuerworbenen Mitunternehmeranteils den Buchwert nicht unterschreitet. In diesem Fall haben die verbleibenden Gesellschafter gemäß § 7 Abs. 1 EStDV die Buchwerte fortzuführen, die dem Anteil des ausscheidenden Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen entsprechen, der ihnen anwächst (§ 738 Abs. 1 Satz 1 BGB). In Höhe der Differenz zwischen den fortgeführten Buchwerten (entsprechend dem übernommenen Kapitalkonto des Ausgeschiedenen) und den Aufwendungen für den Erwerb (ggf. von 0 DM) ergibt sich für die verbleibenden Gesellschafter buchmäßig ein Gewinn (BFH-Urteil vom 11. Juli 1973 I R 126/71, BFHE 110, 402, BStBl II 1974, 50, 51 unter 2. c);HörgerinLittmann/ Bitz/ Hellwig, § 16 EStG Rn 176;Gänger inBordewin/ Brandt, § 16 EStG Rz. 210; zweifelnd BFH-Urteil vom 24. Oktober 1996 IV R 90/94, BFHE 181, 476, BStBl II 1997, 241, 243 unter 2 e) ).
So stellen sich die Verhältnisse im Streitfall dar: Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass der von dem Gesellschafter“X” auf die anderen Mitgesellschafter übertragene Mitunternehmeranteil werthaltig war, dass dessen Wert jedenfalls nicht unter dem Buchwert lag und dass für die unentgeltliche Übertragung betriebliche Erwägungen maßgebend waren. Demgemäß ergab sich im Streitfall bei den verbleibenden Gesellschaftern ein entsprechender Anwachsungsgewinn, der als Teil des laufenden Gewinns anzusehen ist (Hörger inLittmann/ Bitz/ Hellwig, § 16 EStG Rn 176;Schmidt § 16 EStG Rz. 511 a.E.).
Dieser Anwachsungsgewinn gehört jedoch nicht zum Gewerbeertrag. Entgegen der Auffassung des Finanzamts ist ein laufender Gewinn nicht stets auch als Gewerbeertrag i.S. von § 7 GewStG anzusehen (BFH-Urteile vom 29. Oktober 1987 IV R 93/85, BFHE 151, 181, BStBl II 1988, 374 und vom 15. März 2000 V...