Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung von Sondervergütungen im Rahmen der Tonnagesteuer
Leitsatz (amtlich)
In Wirtschaftsjahren vor Indienststellung des Handelsschiffes geleistete Sondervergütungen i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sind gemäß § 5 a Abs. 3 Satz 2 EStG i. d. F. des HBeglG 2004 vom 29.12.2003 (BGBl I 2003, 3076) als vor Indienststellung des Handelsschiffes erwirtschaftete Gewinne nicht zu besteuern.
Die in § 5 a Abs. 4 a Satz 3 EStG besonders angeordnete Steuerpflicht von Sondervergütungen gilt nur für Wirtschaftsjahre, in denen der Gewinn nach der Tonnage ermittelt wird.
Normenkette
EStG §§ 5a, 15
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die zutreffende Besteuerung von Sondervergütungen im Rahmen der Tonnagebesteuerung nach § 5 a EStG.
Die Klägerin ist eine Ein-Schiffs-Gesellschaft in Form einer Kommanditgesellschaft. Ihr Geschäftsgegenstand ist der Betrieb des MS "A" und alle damit in Zusammenhang stehenden Geschäfte. Mit der Indienststellung des Schiffes im ... 2008 optierte die Klägerin zur Tonnagebesteuerung nach § 5 a EStG. Die mit Beschluss des Berichterstatters vom 18.12.2009 zu dem Verfahren notwendig Beigeladenen zu 1. - 4. erhielten im Streitjahr von der Klägerin Vergütungen auf schuldrechtlicher Basis, die der Beklagte mit Feststellungsbescheid für 2007 vom 16.04.2009 in der geänderten Fassung vom 23.06.2009 als steuerpflichtige Sonderbetriebseinnahmen festgestellt hat. Den dagegen am 29.04.2009 eingelegten Einspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 14.09.2009 zurück.
Hiergegen richtet sich die von der Klägerin am 09.10.2009 erhobene Klage. Die Klägerin trägt vor: Die an die Beigeladenen geleisteten Vergütungen seien gemäß § 5 a Abs. 3 Satz 2 EStG als vor Indienststellung des Handelsschiffes erwirtschaftete Gewinne nicht steuerpflichtig.
Die Klägerin beantragt, die Einspruchsentscheidung vom 14.09.2009 aufzuheben und den Bescheid für 2007 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 23.06.2009 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb und die Gewinnanteile der Beigeladenen in Höhe von 0,- € festgestellt werden.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor: Die Vorschrift des § 5 a Abs. 3 Satz 2 EStG sei keine Gewinnermittlungsvorschrift. Die Regelung beschreibe vielmehr nur die Rechtsfolge, die durch den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr erwirtschafteten Gewinne nicht zu besteuern. Gewinnermittlungsvorschriften für den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr seien vielmehr § 5 a Abs. 1 und Abs. 4 a Satz 3 EStG. Danach seien Vergütungen i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG für Zwecke der Tonnagebesteuerung dem Gewinn hinzuzurechnen. Die Vorschriften würden auch nicht von § 5a Abs. 3 Satz 2 EStG verdrängt.
Dem Gericht haben 2 Bd. Allgemeines, je 1 Bd. Gewinnfeststellungs- und Gewerbesteuer-, Rechtsbehelfs- und Bilanz- und Bilanzberichtsakten und 2 Hefter Schiffs- und Handelsregisterauszüge vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Für das Streitjahr 2007 darf aufgrund der ausdrücklichen Anordnung in § 5 a Abs. 3 Satz 2 EStG kein steuerpflichtiger Gewinn festgestellt werden.
a. Für die Entscheidung des Streitfalls ist § 5 a Abs. 3 EStG in der Fassung des HBeglG 2004 v. 29.12.2003 (BGBl I 2003, 3076) maßgeblich. Der Gesetzgeber des HBeglG wollte die durch den Abs. 3 a. F. eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten zur steuerlichen Berücksichtigung von Anlaufverlusten aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr beseitigen (vgl. BR-Drs. 560/1/03; Voß in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 a EStG Rz. 61; Hennrichs/Kuntschik in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 a Anm. D 17). Dementsprechend gehen gemäß Abs. 3 Satz 2 HS 2 n. F. die vor dem Wirtschaftsjahr der Indienststellung des Handelsschiffes aufgelaufenen Verluste bei rechtzeitigem Antrag auf Anwendung der Tonnagebesteuerung nach Satz 1 unwiederbringlich verloren (vgl. Gosch in Kirchhof, EStG, 7. Aufl., § 5a Rz. 42). Als --kohärente-- Mitgift der Verlustversagung werden zudem nach HS 1 des Satzes 2 auch Gewinne, die vor Indienststellung des Schiffes aus dem Betrieb des Schiffes im internationalen Verkehr erwirtschaftet worden sind, nicht besteuert.
b. Aus dem Wortlaut des Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 wird deutlich, dass das Gesetz zwischen der Gewinnermittlung nach allgemeinen Vorschriften und der Gewinnermittlung nach § 5 a Abs. 1 EStG unterscheidet und dass die besondere Gewinnermittlung nach der Tonnage frühestens ab dem Wirtschaftsjahr der Indienststellung des Handelsschiffes gilt. Die Gewinne und Verluste der Wirtschaftsjahre vor Indienststellung sind somit nach allgemeinen Vorschriften zu ermitteln. Bei einer steuerlichen Mitunternehmerschaft i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ...