Leitsatz (redaktionell)
Übertragung des Kinderfreibetrages
Kostentragung durch Beigeladenen
Normenkette
EStG § 32 Abs. 6; GKG §§ 58-59; FGO § 135 Abs. 3, 5
Tatbestand
Die Klägerin ist in zweiter Ehe verheiratet und wurde im Streitjahr mit ihrem zweiten Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Aus erster Ehe mit dem Beigeladenen hat sie zwei im Streitjahr in Ausbildung befindliche, 25- bzw. 23jährige Töchter, die bei ihr aufgewachsen sind, von denen aber jedenfalls die ältere im Streitjahr nicht mehr im Haushalt der Klägerin gelebt hat. Nach den vorliegenden Unterlagen haben die Eltern der Töchter – die Klägerin und der Beigeladene – anläßlich ihrer Scheidung im Jahr 1976 eine außergerichtliche Vereinbarung getroffen; danach waren sich die Eltern darüber einig, daß der Beigeladene – der Vater – „die für den Unterhalt der Kinder erforderlichen Mittel alleine aufbringt”. In einem Schreiben vom 18.1.1992 erklärte der Beigeladene – offenbar zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung –, daß er seine Unterhaltspflicht gegenüber den Töchtern in Höhe von – damals – jeweils monatlich 850 DM anerkenne. Das Kindergeld im Streitjahr hat die Klägerin erhalten.
Der Beklagte berücksichtigte in dem der Klägerin erteilten ESt-Bescheid für 1992 zunächst den Kinderfreibetrag und Ausbildungsfreibetrag für die Töchter antragsgemäß zu jeweils einhalb. Nachdem der Beklagte von dem für den Beigeladenen zuständigen Finanzamt Bremen-… die Mitteilung erhalten hatte, daß dem Beigeladenen auf dessen Antrag der anteilige Kinderfreibetrag der Klägerin übertragen worden ist, weil die Klägerin den Töchtern nicht barunterhaltspflichtig sei, erteilte der Beklagte der Klägerin unter dem 11.5.1995 einen Änderungsbescheid und setzte weder einen Kinder- noch einen Ausbildungsfreibetrag an.
Mit dem rechtzeitig erhobene Einspruch machte die Klägerin geltend, sie habe für ihre Töchtern monatlich durchschnittlich 387 DM bzw. 386,50 DM Barmittel als Unterhalt aufgewandt. Dies ergebe unter Berücksichtigung des vom Vater (Beigeladenen) gezahlten Unterhalts von je 950 DM monatlich einen – nicht unerheblichen – quotalen Unterhaltsbeitrag von 28,93% (Berechnung siehe Bl.10 der u.a. ESt-Akte II).
Der Einspruch blieb erfolglos. Auf die Einspruchsentscheidung vom 14.12.1995 hat die Klägerin rechtzeitig Klage erhoben. Sie machen geltend:
Sie – die Klägerin – sei ihren Töchtern unterhaltspflichtig. Dieser Unterhaltspflicht sei sie bis zum Auszug der Töchter aus ihrem Haushalt im Sept. 1990 durch Leistung von Betreuungsunterhalt nachgekommen. Der Vater – der Beigeladene – habe im Streitjahr eine Barunterhaltspflicht von jeweils 950 DM /Monat getragen. Der Unterhaltsanspruch der Töchter – der sich nach dem Lebensstandard der Eltern, die beide Akademiker seien, richte – sei jedoch erheblich höher, denn der vom Vater getragene Unterhalt liege noch unter dem Sozialhilfesatz; dieser betrage z.Zt. für Hamburg 526 DM zuzüglich mindestens 500 DM Wohnungskosten. Der in der Düsseldorfer Tabelle vorgesehene monatliche Unterhaltssatz von 950 DM für ein studierendes Kind reiche bei weitem nicht aus.
Sie – die Klägerin – sei zu den Unterhaltszahlungen auch in der Lage gewesen. Sie habe aus der Vermietung eines Hauses monatliche Liquiditätsüberschüsse von ca. 536 DM erwirtschaftet. Daß von den erklärten Mieteinnahmen ein Betrag von 16.200 DM auf die eigengenutzte Wohnung entfalle, wie der Beklagte vortrage, sei unzutreffend; die eigengenutzte Wohnung sei seit 1990 nicht mehr steuerlich erfaßt (Erklärung des Wegfalls der Nutzungswertbesteuerung). Außerdem habe sie Kindergeld erhalten und auch ihr jetziger Ehemann habe Mittel zum Unterhalt ihrer Kinder beigesteuert. Schließlich habe sie Kosten für die Einschaltung eines Anwalts getragen, durch den die Unterhaltsansprüche der Töchter gegen den Vater geltend gemacht worden seien.
Sie selbst sei nach Wegfall der Betreuungsunterhaltspflicht ersatzweise zu Barunterhaltsleistungen verpflichtet.
Außerdem trägt die Klägerin im Schriftsatz vom 19.6.1996 erstmals vor: die jüngere Tochter Y habe im Streitjahr noch im Haushalt der Klägerin gelebt, so daß sie ihr noch Betreuungsunterhalt – obwohl volljährig – gewährt habe. Y habe die Souterrain-Wohnung mit 40 qm bewohnt.
Die Klägerin beantragt,
den ESt-Änderungsbescheid vom 11.5.1995 und die Einspruchsentscheidung vom 14.12.1995 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, der Kinderfreibetrag sei zurecht auf den Beigeladenen übertragen worden, weil die Klägerin mangels eigener Leistungsfähigkeit sowie aufgrund der Unterhaltsvereinbarung anläßlich der Ehescheidung ihren Töchtern gegenüber nicht unterhaltsverpflichtet sei. Dies sei so zu beurteilen, wie wenn sie ihrer Unterhaltspflicht nicht nachgekommen sei (EStR Abschn. 181a Abs. 2 S. 2).
Der Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
das Verfahren ruhen zu lassen.
Er macht geltend, er sei gemäß Gerichtsbeschluß den Kindern gegenüber alleine zur Unterhaltsleistung verpflichtet. Denn die Klägerin ...