Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer: Stiefkindunterhalt keine außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (amtlich)
1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt eines Stiefkindes (eines leiblichen Kindes seines Ehepartners), kann er diese Aufwendungen nur dann als außergewöhnliche Belastung i. S. des § 33a EStG geltend machen, wenn niemand Anspruch auf Kinderfreibetrag oder Kindergeld für das Kind hat.
2. Auch wenn der Ehegatte nicht über eigenes Einkommen und Vermögen verfügt, sind die allein vom Steuerpflichtigen getragenen Aufwendungen für den Unterhalt des Stiefkindes nicht als Ehegattenunterhalt zu berücksichtigen, der ausnahmsweise nicht durch das Ehegattensplitting abgegolten wäre, denn der Unterhaltsanspruch ist höchstpersönlich.
3. Während § 33a EStG die typischen Unterhaltsaufwendungen erfasst, können Aufwendungen für einen besonderen und außergewöhnlichen Bedarf nur nach § 33 EStG berücksichtigt werden.
Normenkette
EStG §§ 33, 33a Abs. 1, § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 64 Abs. 2 S. 1; BGB § 1610 Abs. 2, § 1602 Abs. 2; AO § 155 Abs. 3; FGO § 44 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
A.
Streitig ist, ob Unterhaltszahlungen des Klägers zu 1. (im Folgenden: Kläger) an die Klägerin zu 2. (im Folgenden: Klägerin) für deren leibliches Kind als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind.
I.
Die Kläger sind Eheleute. Die Klägerin hat aus einer anderen Beziehung ein leibliches Kind (A, geb. am ...), das im Streitjahr im gemeinsamen Haushalt der Kläger lebte. Die Klägerin hatte keine eigenen Einkünfte und verfügte nicht über eigenes Vermögen. Der Kläger bestritt den gesamten Lebensunterhalt der Familie mit seinen Einkünften; A's leiblicher Vater leistete keine Unterhaltszahlungen. Für das Kind erhielten die Kläger im Streitjahr Kindergeld in Höhe von Euro 1.848,00.
II.
1. In ihrer am 05.02.2010 beim Beklagten eingereichten Einkommensteuererklärung für 2008 beantragten die Kläger die Zusammenveranlagung und den vollen Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes. Ferner machten sie Aufwendungen für den Unterhalt des Kindes in Höhe von Euro 7.680,00 als außergewöhnliche Belastung geltend.
2. Der Beklagte erließ am 11.10.2010 einen Einkommensteuerbescheid, in dem er die Kläger zusammen zur Einkommensteuer veranlagte und die Einkommensteuer ohne Abzug der geltend gemachten Unterhaltsaufwendungen auf Euro 3.664,00 festsetzte. In den Erläuterungen zum Bescheid hieß es, die Unterhaltszahlungen seien nicht abzugsfähig, weil Anspruch auf Kindergeld bestehe. Ferner habe die Vergleichsrechnung ergeben, dass die gebotene steuerliche Freistellung des Existenzminimums des Kindes durch das ausgezahlte Kindergeld bewirkt worden sei, so dass keine Kinderfreibeträge zu berücksichtigen gewesen seien.
III.
1. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 21.10.2010 (Rechtsbehelfsakten -RbA- Bl. 7 f.) Einspruch ein. Die Zahlungen für die Versorgung des Kindes seien als Unterhaltszahlungen des Klägers an die Klägerin und damit als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Da das Bezirksamt Hamburg-1 wegen der Verheiratung der Klägerin keine Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) erbracht habe, handele es sich um einen der Regelung in § 33a Abs. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) a.F. und dem BMF-Schreiben vom 28.03.2003 (BStBl. I 2003, 243) vergleichbaren Fall.
2. Der Beklagte wies den Einspruch mit an beide Kläger gerichteter Einspruchsentscheidung vom 25.11.2010 als unbegründet zurück. In Ermangelung entsprechender Angaben der Kläger könne schon nicht von einer Bedürftigkeit der Klägerin ausgegangen werden. Zudem sei der leibliche Vater des Kindes diesem gegenüber unterhaltsverpflichtet, der Kläger als Stiefvater hingegen nicht. Darüber hinaus sei die steuerliche Freistellung des Existenzminimums des Kindes durch die Gewährung des Kindergeldes bewirkt worden. Schließlich sei die Abziehbarkeit von Unterhaltsaufwendungen für ein Stiefkind verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen, da entsprechende Aufwendungen für gemeinsame Kinder zusammen lebender Eheleute nicht abziehbar seien.
IV.
Hiergegen richtet sich die von den Klägern am 28.12.2010 erhobene Klage.
Die Kläger tragen vor, der frühere Lebensgefährte der Klägerin, A's leiblicher Vater, sei zwar zur Zahlung von Kindesunterhalt verurteilt worden, jedoch habe das Urteil nicht vollstreckt werden können, weil er nach B ausgewandert und sein dortiger Aufenthaltsort unbekannt sei. Die Staatsanwaltschaft habe das gegen ihn wegen Verletzung der Unterhaltspflicht (§ 170 Strafgesetzbuch -StGB-) eingeleitete Strafverfahren daher eingestellt.
Zwar seien Unterhaltsaufwendungen an den Ehegatten innerhalb einer intakten Ehe nicht abziehbar, da sich die Unterhaltsleistungen unter Ehegatten typischerweise ausglichen. Diese Rechtsprechung des BFH gelte jedoch nicht ausnahmslos, sondern nur für den typisierten Fall einer intakten Ehe mit leiblichen Kindern. Im Streitfall ...