Entscheidungsstichwort (Thema)
Erweiterung einer Prüfungsanordnung
Leitsatz (redaktionell)
1) Der Erweiterung einer Außenprüfung steht die Einleitung eines Strafverfahrens gegen die verantwortliche Person grundsätzlich nicht entgegen.
2) Die auch im finanzgerichtlichen Verfahren zu beachtende Selbstbeschränkung der Finanzverwaltung in § 4 Abs. 3 BpO, den Prüfungszeitraum auf nicht mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume zu erstrecken, tritt nicht ein, wenn eine ausreichende Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Steuerstraftat gegeben ist.
3) Zur Frage, ob und inwieweit die Tatbestandsmäßigkeit strafprozessualer Maßnahmen der eigenständigen Prüfung der Voraussetzungen eines Verwertungsverbotes im Besteuerungsverfahren eines Dritten entgegensteht.
4.) Zur Frage, ob sich ein Drittbetroffener auf die teilweise Rechtswidrigkeit von Beschlagnahmemaßnahmen berufen kann, wenn die Beschlagnahme der ihn betreffenden Unterlagen rechtmäßig, die Beschlagnahme andere Dritte betreffender Unterlagen möglicherweise aber unrechtmäßig ist
Normenkette
AO § 194 Abs. 1, § 208 Abs. 1, 3, § 386 Abs. 1, § 393 Abs. 1 S. 1; BpO § 4 Abs. 3; FGO § 102; StPO § 304; AO § 193
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erweiterung einer Prüfungsanordnung auf die Prüfungszeiträume 1995 bis 1999 durch eine Prüfungsanordnung aus dem … 2006.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ausweislich des Handelsregisters ist sie im Jahr 0000 gegründet worden. Geschäftsgegenstand ist im Wesentlichen die … und der … sowie … sowie artverwandte Geschäfte. Wegen der Einzelheiten wird auf das Handelsregister Bezug genommen.
Alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin laut Handelsregister ist Frau D.U. Bereits im Jahr 0000 wurde zwischen der Klägerin und dem Ehemann der alleinigen Gesellschafterin-Geschäftsführerin, Herrn N.U., ein Beratervertrag abgeschlossen, wonach Herr U. die Klägerin u.a. in … und … Hinsicht beraten sollte. Der Beratervertrag umfasste nicht die Anfertigung von … und … etc.. Diese Leistungen wurden von der Klägerin jeweils mit separaten Verträgen bei dem Ehemann der Alleingesellschafterin in Auftrag gegeben.
Der Beklagte ordnete am 00.00.2006 bei der Klägerin zunächst für Körperschaft-, Umsatz- und Gewerbesteuer der Jahre 2001 bis 2003 eine Außenprüfung an. Die Prüfung begann am 00.00.2006 in den Geschäftsräumen der Klägerin.
Wegen des Verdachts der Einkommen- und Umsatzsteuerhinterziehung für die Jahre 1999 bis 2003 bzw. 2001 bis 2003 gegenüber den Eheleuten U. leitete das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung L. am 00.00.2006 ein Strafverfahren ein. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten erließ das Amtsgericht L. auf Antrag des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung L. im Zuge dieses Strafverfahrens einen Durchsuchungsbeschluss für die privaten und die Geschäftsräume der Eheleute U. sowie die Geschäftsräume der Klägerin, welcher am 00.00.2006 im Rahmen einer entsprechenden Durchsuchung vollzogen wurde. Im Rahmen der Sichtung der beschlagnahmten Unterlagen und Computerdatenbestände des Steuerberatungsbüros von Herrn U. wurden Dateien entdeckt, die nach Auffassung des Beklagten Veranlassung gaben, die Betriebsprüfung bei der Klägerin auf die Veranlagungszeiträume 1995 bis 1999 zu erweitern.
Der Beklagte hat daraufhin unter dem 00.00.2006 die hier angefochtene Prüfungsanordnung zur Erweiterung des Prüfungszeitraums hinsichtlich der Körperschaftsteuer, der Umsatzsteuer und der Gewerbesteuer 1995 bis 1999 gegenüber der Klägerin erlassen. Zur Begründung der Prüfungserweiterung ist lediglich angegeben, dass der Verdacht einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit bestehe (Blatt 8 bis 11 d. A.). Dagegen wandte sich die Klägerin mit fristgerecht erhobenem Einspruch.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 00.00.2008 als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies er auf die oben dargestellten Lebenssachverhalte und führte ergänzend aus, bei Durchsicht der Dateien des Steuerberatungsbüros sei ermittelt worden, dass die …veräußerungen der Klägerin an eine Vielzahl von Mandanten des Steuerberatungsbüros anhand des so genannten Angebotes mit … Variante erfolgt seien. Dabei sei der von beiden Vertragspartnern vereinbarte Kaufpreis dergestalt aufgeteilt worden, dass er teilweise als notariell beurkundeter Kaufpreis und teilweise über fingierte Steuerberatungsleistungen des Herrn U. (teilweise auch über …arbeiten einer anderen Firma aus dem Firmengeflecht) abgerechnet worden sei. Zahlungen im Bereich sechsstelliger Summen seien so als Steuerberatungsleistungen abgerechnet worden. Dies habe dazu geführt, dass der Klägerin nicht der gesamte ihr zustehende Ertrag zugeflossen sei. Es sei daher zu prüfen inwieweit dies zu verdeckten Gewinnausschüttungen – vGA – durch vorsätzliche Handlungen der geschäftsführenden Personen geführt habe. Zu den geschäftsführende Personen gehöre auch Herr U.. Na...