Entscheidungsstichwort (Thema)
Auszusetzender Betrag bei Änderungsbescheid. Aussetzung der Vollziehung in Sachen Einkommensteuer 1994
Tenor
1. Die Vollziehung des Einkommensteueränderungsbescheids vom 1. Oktober 1997 wird bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung rückwirkend ab Fälligkeit in Höhe von 31.540 DM von der Vollziehung ausgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
3. Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller (ASt) betreibt u.a. ein betriebsaufspalterisches Besitzunternehmen in S. Im Jahr 1994 wurde für das gewerbliche Gebäude W. die Tiefgaragenauffahrt saniert und gleichzeitig um 80 cm verbreitert. Eine Betriebsprüfung (BP-Bericht v. 09. Juni 1997) kam zu dem Ergebnis, daß die Aufwendungen für diese Baumaßnahme nicht sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand, sondern Herstellungskosten darstellten. Der Prüfer aktivierte den maßgeblichen Betrag von 80.314,– DM und erhöhte die AfA um 843,– DM. Den anteiligen Buchwert für die abgebrochenen Bauteile behandelte er als Aufwand. Gegenüber dem vom ASt erklärten Gewinn ergab sich eine Mehrung von 59.471,– DM.
Das FA folgte den Prüferfeststellungen und erließ auf dieser Grundlage den Einkommensteuerbescheid für 1994 vom 01. Oktober 1997. Gegen diesen Einkommensteuerbescheid erhoben der ASt und seine mit ihm zusammenveranlagte Ehefrau (AStin) Einspruch und beantragten Aussetzung der Vollziehung. Der Antragsgegner (das Finanzamt = FA) lehnte dies mit Verwaltungsakt vom 03. November 1997 ab. Das FA vertrat in Übereinstimmung mit dem Prüfer die Auffassung, durch die Verbreiterung der Tiefgarageneinfahrt sei die Nutzungsmöglichkeit erweitert worden. Darin liege sowohl eine Erweiterung wie eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung.
Mit Schriftsatz vom 10. November 1997 beantragen die ASt, für die Dauer des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens den angefochtenen Steuerbescheid in Höhe von 31.540,– DM von der Vollziehung auszusetzen. Sie meinen, eine Erweiterung der Zufahrt um 80 cm sei keine wesentliche Verbesserung im Zusammenhang mit überwiegenden Sanierungsmaßnahmen und schon gar nicht eine Erweiterung des Gebäudes oder eine Schaffung neuer Gebäudenutzfläche.
Das FA beantragt, den Antrag abzulehnen und hält seine bisherige Rechtsauffassung aufrecht. Im übrigen sei eine Aussetzung der Vollziehung auch aufgrund der geänderten Fassung des § 69 Abs. 2 Satz 8 Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht möglich.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist zulässig. Zwar sind nach § 69 Abs. 2 Satz 8 FGO bei Steuerbescheiden die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung beschränkt auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen. Der Einkommensteuerbescheid vom 01. Oktober 1997 endet nach diesen Abrechnungen mit einer Erstattung von 53.185,– DM, so daß bei einer wortlautgetreuen Anwendung der Vorschrift kein aussetzbarer oder der Aufhebung einer Vollziehung zugänglicher Nachforderungsbetrag verbliebe und der Antrag deshalb unzulässig wäre, weil auch ein Ausnahmefall nach § 69 Abs. 2 Satz 8 letzter Halbsatz FGO nicht anzunehmen ist. Dieses Ergebnis würde aber nicht berücksichtigen, daß in Fällen wie dem vorliegenden, bei denen für einen Änderungsbescheid vorläufiger Rechtsschutz gewährt werden soll, der vom Leistungsgebot erfaßte Betrag durch eine Zusatzrechnung ermittelt wird, bei der die nach Abzugsbeträgen und Vorauszahlungen verbleibende Steuer bzw. Erstattung des vorangegangenen Bescheids mit der des Änderungsbescheides verglichen wird. Diese Rechnung ergibt im Streitfall einen Nachforderungsbetrag von 31.540 DM Einkommensteuer.
Für diese Nachforderung steht auch nach der Neufassung des Gesetzes ein vorläufiger Rechtsschutz in der Form einer Aussetzung der Vollziehung zur Verfügung. Denn die Neuregelung sollte nur verhindern, daß im Wege der Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung anzurechnende Steuerabzugsbeträge oder Vorauszahlungen vorläufig ausgezahlt würden (vgl. Begründung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags, Bundestagsdrucksache 13/5952 zum gleichlautenden § 361 Abs. 2 Satz 2 Abgabenordnung). Die dem ASt erstatteten Beträge stammen zwar rechnerisch aus dem Steuerabzug, sie sind dem ASt aufgrund des vorangegangenen Einkommensteuerbescheids vom 15. Januar 1996 jedoch nicht vorläufig, sondern endgültig erstattet worden. Der Änderungsbescheid vom 01. Oktober 1997 löst deshalb keine Rückforderung von Abzugsbeträgen aus, sondern eine Einkommensteuernachforderung, die wie jedes andere steuerliche Leistungsgebot von der Vollziehung ausgesetzt werden kann. An seiner im Schreiben vom 16. Januar 1998 geäußerten Rechtsauffassung hält das Gericht nicht mehr fest. Hinsichtlich dieser Rechtsfrage wird die Beschwerde nach § 128 Abs. 3 FGO zugelassen. Diese vom Senat für richtig gehaltene Auffassung hat allerdings zur Folge, daß sich die...