Entscheidungsstichwort (Thema)
Bei teilweiser Besteuerung im Ausland greift der Rückfall des Besteuerungsrechts nach § 50d Abs. 9 EStG nicht ein.
Leitsatz (redaktionell)
Werden Einkünfte zumindest teilweise tatsächlich im Ausland besteuert, ist der Tatbestand des § 50d Abs. 9 nicht erfüllt, mit der Folge, dass das Besteuerungsrecht nicht zurück fällt (kein „Treaty Override”).
Normenkette
EStG § 50d Abs. 9
Nachgehend
Tenor
1. Die Einkommensteuer 2008 wird unter Änderung des Bescheides vom 22.01.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.11.2010 und des Änderungsbescheides vom 14.06.2011 auf Null EUR festgesetzt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Entscheidung ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist zwischen dem Kläger und dem Beklagten – dem Finanzamt (FA) – ob § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) auf die Besteuerung des Klägers anzuwenden ist.
1. Der Kläger wohnt in München und erzielte im Streitjahr 2008 Arbeitslohn aus einer Tätigkeit als Flugzeugführer bei einer Zweigstelle der US-Fluggesellschaft B in Großbritannien in Höhe von 137.857 EUR (unstreitige Umrechnung von der Landeswährung). Am Stützpunkt London hatte er nach Angabe keinen Wohnsitz und war daher in Großbritannien nur beschränkt steuerpflichtig. Ausweislich der vorgelegten Gehaltsbescheinigungen und britischen Steuerunterlagen wurde in Großbritannien nur ein Teilbetrag von 38.104,42 EUR (unstreitige Umrechnung von der Landeswährung – in der Begründung des Bescheides ist fälschlich ein in EUR umgerechneter Betrag von 27.104 EUR genannt) versteuert, der den Flügen mit Start oder Landung in Großbritannien entspricht. Dies entspricht einem gerundeten Anteil am Gesamtlohn von 28%. Unbesteuert blieb somit ein Betrag von rd. 99.753 EUR.
2. Das FA ermittelte im nunmehr streitgegenständlichen, während des Klageverfahrens ergangenen Änderungsbescheid vom 14.06.2011 die der deutschen Besteuerung zugrunde zu legenden Einkünfte aus dem in Großbritannien nichtversteuerten Betrag in Höhe von 99.753 EUR abzüglich eines entsprechenden Anteils der Werbungskosten in Höhe von 4.796 EUR (berechnet aus mittlerweile unstreitigen Gesamtwerbungskosten in Höhe von 6.662 EUR * 72%), ergibt 94.957 EUR. Die bereits in Großbritannien versteuerten Beträge in Höhe von 38.104 EUR berücksichtigte es nach Abzug eines 28%igen Werbungskostenanteils von 1.865 EUR mit einem Betrag von 36.239 EUR im Rahmen des Progressionsvorbehalts und setzte die ESt 2008 auf 34.226 EUR fest.
3. Hiergegen wandte sich der Kläger mit dem Begehren, die britischen Einkünfte in Deutschland freizustellen und lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehaltes einzubeziehen.
Der streitauslösende Einkommensteuer-(ESt-)Bescheid vom 22.01.2010 und die ablehnende Einspruchsentscheidung (EE) vom 04.11.2010 enthielten noch abweichende Beträge (festgesetzte ESt: 35.753 EUR). Die Zahlen des der Entscheidung zugrunde zu legenden Änderungsbescheides vom 14.06.2011 sind nunmehr unstreitig und die anderen Streitpunkte ausgeräumt.
4. Das Gericht hat auf Antrag der Beteiligten am 02.08.2011 das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des BFH in der Streitsache I R 27/11 beschlossen. Nach Erledigung dieses Verfahrens hat der Kläger den Fortgang des Verfahrens beantragt (Schreiben vom 29.03.2012), das FA hingegen das weitere Ruhen im Hinblick auf ein weiteres Verfahren vor dem BFH und eine in diesem Verfahren erfolgte Vorlage zum BVerfG (Schreiben vom 14.05.2012 und vom 08.08.2012), wogegen sich der Kläger verwahrt hat (Schreiben vom 06.07.2012 und vom 25.09.2012).
Das Gericht hat das Verfahren mit Blick auf das beim BVerfG anhängige Verfahren 2 BvL 1/12 ausgesetzt (Beschluss vom 05.07.2013 und rechtlicher Hinweis vom 25.07.2013). Der hiergegen eingelegten Beschwerde hat das Gericht nicht abgeholfen (Beschluss vom 08.08.2013). Hingegen hat der BFH mit Beschluss vom 19.12.2013 der Beschwerde abgeholfen und angeordnet, das Verfahren fortzuführen (auf den Wortlaut des Beschlusses I B 138/13, n.v., – Bl. 191 der Klageakte – und den weiteren am 19.12.2013 ergangenen Beschluss des BFH I B 109/13 – Bl. 194 der Klageakte – wird verwiesen).
5. Seine Klage begründet der Kläger im Wesentlichen damit, dass die Überschreibung des Doppelbesteuerungsabkommens durch den Gesetzgeber in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG gegen das Grundgesetz und die Niederlassungsfreiheit des Rechts der EU verstoße, sowie zuletzt mit der Rechtsprechung des BFH. Wegen der Einzelheiten wird auf das schriftsätzliche Vorbringen verwiesen.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des ESt-Bescheides für 2008 vom 22.01.2010 in Gestalt der Einspru...