Entscheidungsstichwort (Thema)
Verschmelzung von Personengesellschaften als Besteuerungstatbestand nach GrEStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Vorschrift des § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG erfasst nicht nur den Fall, dass sich die bisherige Beteiligung eines (unmittelbaren) Gesamthänders der grundbesitzenden Gesamthandsgemeinschaft vermindert, sondern erfasst auch Veränderungen bei mehrstöckigen Geamthandsgemeinschaften in der obersten Ebene.
2. Die Freistellung eines durch die Verschmelzung einer Grundvermögen besitzenden Personengesellschaft auf eine KG begründeten Grundstückerwerbs nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 GrEStG gem. § 6 Abs. 3 S. 1 GrEStG im Umfang identischer Beteiligungsverhältnisse der Gesellschafter entfällt nach S. 2 bei der späteren Übertragung der Kommanditbeteiligung an der Komplementär-KG auf eine GmbH. Unerheblich ist, dass die ihre mittelbare Beteiligung an der KG übertragende Kommanditistin der Komplementär-KG auch die Alleingesellschafterin der GmbH ist.
3. Die Auslegung des § 6 Abs. 3 S. 1 GrEStG durch den BFH in seinem Urteil v. 29.2.2012 (II R 57/09, BFHE 237, 244) ist auf den besonderen Besteuerungstatbestand des § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG beschränkt und nicht auf die übrigen grunderwerbsteuerrechtlichen Besteuerungstatbestände nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 GrEStG anwendbar.
Normenkette
GrEStG § 6 Abs. 3 Sätze 2, 1, § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, § 3 Nr. 4, § 1 Abs. 2a S. 1
Nachgehend
Tenor
1. Der Bescheid vom 14. April 2008 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. März 2009 wird dahingehend geändert, dass die Grunderwerbsteuerbegünstigung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Satz 1 des Grunderwerbsteuergesetzes nur in Höhe von 88,4559% entfallen ist.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob gegen die Klägerin zu Recht grunderwerbsteuerrechtliche Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt worden sind. In der Sache geht es um die Frage der Grunderwerbsteuerpflicht der Klägerin infolge der nachträglichen Änderung der Gesellschafter der Obergesellschaft der Klägerin nach der Verschmelzung einer Grundvermögen besitzenden Personengesellschaft auf die Klägerin.
Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft mit Sitz in X …. Aufgrund notariellen Vertrages vom 23. August 2004 wurde die R-KG auf die Klägerin als übernehmende Rechtsträgerin verschmolzen. Die Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister des Amtsgerichts X erfolgte am 6. September 2004. Die R-KG war bis dahin Eigentümerin der Grundstücke 1, 2, 3, 4. Im Zeitpunkt der Verschmelzung waren die Gesellschafter der R-KG mit denen der Klägerin identisch und nahezu im gleichen Umfang an beiden Personengesellschaften beteiligt. Im Einzelnen war die A-KG persönlich haftende Gesellschafterin sowohl der Klägerin als auch der R-KG. Deren Kapitalanteil an den beiden Gesellschaften betrug 99,66% bzw. 99,11%. Der jeweils einzige Kommanditist der beiden Gesellschaften war A mit einem Kapitalanteil an der Klägerin von 0,34% und einem solchen an der R-KG von 0,89%. Nach der Verschmelzung betrug der Kapitalanteil der A-KG an der Klägerin 99,39% und der des Kommanditisten 0,61%. An der A-KG wiederum waren vor und nach der o.g. Verschmelzung die A-GmbH) mit einem Kapitalanteil von 0% als persönlich haftende Gesellschafterin und jeweils als Kommanditisten die I-KG) mit einem Kapitalanteil von 0,66% sowie B – die damalige Ehefrau des A – mit einem solchen von 99,34% beteiligt. Persönlich haftende Gesellschafterin der I-KG ohne Kapitalanteil war im Zeitpunkt der Verschmelzung der o.g. beiden Personengesellschaften die I-AG und einzige Kommanditistin die I-2-KG. Letztere bestand aus der I-2-GmbH GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin ohne Kapitalanteil und aus A als einzigem Kommanditisten.
Laut Eintragung im Handelsregister des Amtsgerichts X vom 21. Dezember 2005 trat die AGmbH als persönlich haftende Gesellschafterin mit einem Kapitalanteil von 0% in die Klägerin ein und die A-KG änderte ihre Gesellschafterstellung in die eines Kommanditisten der Klägerin. Die Beteiligungsverhältnisse am Kapital der Klägerin blieben dabei unverändert. Mit Wirkung zum 31. Dezember 2005 ergaben sich gesellschaftsvertragliche Änderungen sowohl bei der Klägerin als auch bei der A-KG. Zum einen schied A als Kommanditist ersatzlos aus der Klägerin aus, so dass deren Kapital nunmehr zu 100% von der A-KG als einzig verbliebene Kommanditistin gehalten wurde. Die Eintragung dieser Änderung im Handelsregister des Amtsgerichts X erfolgte am 24. Mai 2006. Zum anderen schied die I-KG als Kommanditistin ersatzlos aus der A-KG aus, wodurch das Kapital der A-KG nunmehr allein der einzig verbliebenen Kommanditistin B zustand. Die diesbezügliche Änderung wurde am 3. Juli 2006 im Handelsregister des Amtsgerichts Y eingetragen. B, deren Ehe mit A am 29. März 20...