Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis der Bevollmächtigung nur durch Vorlage einer Originalurkunde. Nachweis der Bevollmächtigung trotz § 62 Abs. 3 Satz 3 FGO nur durch Vorlage der Originalurkunde. Haftung für Umsatzsteuer. Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Vorschrift des § 62 Abs. 3 Satz 1 FGO i.d.F. v. 28.3.2001 erfordert die Bevollmächtigung durch Vorlage einer Originalvollmacht nachzuweisen. Wird innerhalb der zur Vorlage der Originalvollmacht ggü. einem berufsmäßigen Prozessvertreter angeordneten Ausschlussfrist lediglich ein Abdruck der Bevollmächtigung per Telefax übermittelt, genügt dies den Anforderungen auch unter Berücksichtigung der seit 1.1.2001 geltenden Vereinfachungsregelung des § 62 Abs. 3 Satz 6 FGO nicht.
Normenkette
FGO § 62 Abs. 3 Sätze 1, 3, 6; StBerG § 3
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers erhob für diesen am 16. März 2001 Klage gegen den Haftungsbescheid des Beklagten (des Finanzamts –FA–) vom 3. Juli 1995 in Gestalt der Einspruchsentscheidung „(ohne leserliches Datum), die dem bisherigen Steuerberater des Klägers am 17. Februar 2001 zugestellt wurde” ohne eine Vollmacht vorzulegen und ohne sie zu begründen. Eine Begründung sollte nachgereicht werden.
Nach erfolgloser Aufforderung durch die Senatsgeschäftsstelle (Schreiben vom 26. März 2001) und mehrfach gewährter Fristverlängerung (bis 30. Juli 2001, bis 30. September 2001) wurde auf den erneuten Antrag des Prozessbevollmächtigten, die Frist zur Klagebegründung bis zum 30. November 2001 zu verlängern, mit Anordnung vom 2. Oktober 2001 gemäß § 62 Abs. 3 Satz 3 und § 65 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Frist mit ausschließender Wirkung bis 30. November 2001 zur Vorlage einer Prozessvollmacht und zur Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens gesetzt.
Am 30. November 2001 übersendete der Prozessbevollmächtigte per Telefax den Abdruck einer Prozessvollmacht (unterzeichnet am 30. November 2001) sowie einen Antrag, die Frist zur Bezeichnung des Klagegegenstandes noch einmal bis zum 31. Januar 2002 zu verlängern. Der Fristverlängerungsantrag wurde vom Vorsitzenden des Senats mit Schreiben vom 6. Dezember 2001 abgelehnt.
Auf einen Gerichtsbescheid des Senats hin (zugestellt am 13. Dezember 2001) stellte der Prozessbevollmächtigte rechtzeitig Antrag auf mündliche Verhandlung. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurden mit diesem Schreiben nicht vorgetragen, auch nicht mit dem Antrag auf Terminsverlegung, dem der Vorsitzende des Senats durch Terminsverlegung entsprochen hat.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unzulässig.
1. Die Ausschlussfrist des § 62 Abs. 3 Satz 3 FGO für die Vorlage der Prozessvollmacht ist versäumt. Die Vollmacht wurde innerhalb der gesetzten Frist lediglich per Telefax und damit nicht in der erforderlichen Form nachgewiesen.
Gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1 FGO ist die Bevollmächtigung durch schriftliche Vollmacht nachzuweisen. Zur Schriftform gehört die handschriftliche Unterzeichnung des Vollmachtgebers. Diese Anforderung erfüllt nur die vom Vollmachtgeber eigenhändig unterschriebene Originalurkunde. Die von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmen vom Schriftformerfordernis bei der Einlegung von Rechtsmitteln und bei der Abgabe bestimmter Schriftsätze sind auf den Nachweis der Bevollmächtigung nicht übertragbar (Gräber/Koch, FGO, § 62 Rz 29, m. N.; a. A. Tipke/Kruse, FGO, § 62 Tz. 35). Die in der Literatur vertretene Auffassung, die Vollmacht könne auch per Telefax nachgewiesen werden (Tipke/Kruse a.a.O.), entspricht derzeit nicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
Die Vorlage der Prozessvollmacht nach § 62 Abs. 3 FGO ist eine Sachurteilsvoraussetzung (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 1995 VII R 63/95, BStBl II 1996, 105). Sie kann nach Ablauf der nach § 62 Abs. 3 FGO gesetzten Frist mit ausschließender Wirkung nicht mehr mit der Folge nachgeholt werden, dass die Klage zulässig wird. Darauf wurde in der Anordnung vom 2. Oktober 2001 ausdrücklich hingewiesen.
Die ab 1. Januar 2001 geltende Vereinfachungsregelung des § 62 Abs. 3 Satz 6 FGO, wonach das Gericht den Mangel der Vollmacht nicht von Amts wegen zu berücksichtigen braucht, wenn als Bevollmächtigter eine Person i. S. des § 3 Nr. 1 bis 3 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) auftritt, ist nicht geeignet, den Kläger vor der Versäumung der zu Recht angeordneten Ausschlussfrist zu bewahren. Trotz der Vereinfachungsregelung kann das Gericht in begründeten Zweifelsfällen den Nachweis der Vollmacht auch von dem in § 3 Nr. 1 bis 3 StBerG genannten Personenkreis verlangen. Im Streitfall bestand für das Gericht Veranlassung, den Nachweis der Vollmacht unter Anordnung der gesetzlich vorgesehenen Ausschlussfrist zu verlangen, nachdem dem Klägervertreter wieder holt Fristverlängerung zur Klagebegründung und Vollmachts...