Entscheidungsstichwort (Thema)
Duldungsbescheid bei treuhänderischer Kontoleihe, Anfechtung gemäß § 4 AnfG
Leitsatz (redaktionell)
Eine gemäß § 4 AnfG anfechtbare unentgeltliche Leistung ist mangels Zuwendung eines Vermögensvorteils an einen Dritten nicht gegeben, wenn dieser Geld des Stpfl. auf sein Konto einzahlt, dabei jedoch einem Herausgabeanspruch des Stpfl. ausgesetzt bleibt (treuhänderische Kontoleihe).
Normenkette
AnfG § 4 Abs. 1; AO § 191 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Duldungsbescheides, mit dem der Beklagte Einzahlungen auf das Konto der Klägerin angefochten hat.
Die Klägerin war die Nachbarin des Herrn T. Herr T schuldet dem Beklagten Steuern in Höhe von 58.551,57 EUR. Er hat am 20.10.2008 vor dem Amtsgericht L die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Die Steuerrückstände resultieren im Wesentlichen daraus, dass Herr T entgegen den Angaben in seinen Steuererklärungen keine unselbständige, sondern nach Auffassung des Beklagten eine selbständige Tätigkeit ausgeübt hat.
Herr T bat die Klägerin etwa ein Jahr nachdem er in das Mehrfamilienhaus, in dem auch die Klägerin wohnte, eingezogen war, um Hilfe. Da er arbeitsbedingt viel unterwegs sei, habe er kaum Gelegenheit, Schecks und Ähnliches auf seinem Konto gutschreiben zu lassen. Er bat die Klägerin daher, ob sie dies nicht über ihr Konto erledigen könne. Die Klägerin, die ein Konto bei der Sparkasse M hatte, sagte dies zu.
In den Jahren 2007 und 2008 übergab Herr T der Klägerin verschiedene Schecks, die diese auf ihrem Konto gutschreiben ließ. Die entsprechenden Beträge hob sie später teilweise ab und übergab sie an Herrn T. Darüber hinaus beglich die Klägerin von diesem Geld Rechnungen des Herrn T, die sie von ihm zu diesem Zweck erhalten hatte (z.B. Telefonrechnungen). Dabei hielt sie jeweils schriftlich fest, welche Gelder auf ihrem Konto Herrn T zuzuordnen waren und welche Beträge sie für Herrn T von dem Konto überwiesen bzw. an Herrn T ausgezahlt hatte. Auf die vorliegenden Aufzeichnungen der Klägerin für die Jahre 2007 und 2008 wird Bezug genommen. Die Klägerin erhielt für ihre Hilfe vereinbarungsgemäß kein Geld von Herrn T.
Nachdem der Beklagte im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung bei Herrn T davon Kenntnis erlangt hatte, dass die Klägerin diesem in den Jahren 2007 und 2008 die Nutzung ihres Kontos ermöglicht hatte, erließ er – nach entsprechender Anhörung – am 15.07.2011 einen Duldungsbescheid gegenüber der Klägerin. Darin focht der Beklagte konkret benannte Zahlungen, die Kunden/Auftraggebern von Herrn T zuzuordnen und die in der Zeit von Juli 2007 bis August 2008 auf dem Konto der Klägerin eingegangen waren, in einer Gesamthöhe von 43.329,80 EUR an. Die Anfechtung stützte der Beklagte auf § 4 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes (AnfG). Zugleich forderte der Beklagte die Klägerin zur Zahlung eines entsprechenden Wertersatzes auf. Der Bescheid wurde an die Bevollmächtigten der Klägerin bekannt gegeben. Am 26.07.2011 versandte der Beklagte einen inhaltsgleichen Bescheid an die Klägerin, da der unmittelbar an sie übermittelte Bescheid vom 15.07.2011 zunächst wegen des zwischenzeitlichen Umzugs der Klägerin nicht zugestellt werden konnte.
Gegen die Duldungsbescheide richtet sich der Einspruch der Klägerin vom 01.08.2011, den sie damit begründete, dass es an einer unentgeltlichen Leistung im Sinne des § 4 AnfG fehle. Zwischen ihr und Herrn T habe ein Treuhandverhältnis bestanden. Die Gelder habe sie ausschließlich auf Weisung des Herrn T verwaltet bzw. verwendet. Zudem seien die Gelder auf dem Konto nicht mehr vorhanden. Insoweit folge aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, dass sie sich auf Entreicherung berufen könne.
Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom 07.03.2013). Er ist der Meinung, ein Treuhandverhältnis liege nicht vor, da kein separates Konto zur ausschließlichen Verwendung der Gelder des Herrn T eingerichtet worden sei. Vielmehr habe die Klägerin das Konto auch für eigene Zwecke genutzt. Daher fehle die für eine Treuhandabrede erforderliche Bestimmbarkeit und Abgrenzbarkeit des Treugutes. Die Guthabenforderungen gehörten mithin zum Vermögen der Klägerin.
Eine Berufung auf § 11 Abs. 2 AnfG scheide aus. Die Klägerin sei bösgläubig gewesen. Sie habe Herrn T das Konto aufgrund von dessen Zahlungsschwierigkeiten bereit gestellt. Es sei auch unglaubwürdig, wenn sie behaupte, sie habe angenommen es handele sich bei den Zahlungen um Lohnzahlungen aus einem Beschäftigungsverhältnis des Herrn T, denn bei den Zahlungseingängen seien Kundennummern und Rechnungsnummern vermerkt gewesen. Auch seien die Zahlungen von verschiedenen Firmen eingegangen.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, es fehle an einer Leistung im Sinne des § 4 AnfG. Ihr sei auch nicht bekannt gewesen, dass Herr T selbständig tätig gewesen sei. Sie habe die Gelder von Herrn T auf ihrem Konto treuhänderisch und uneigennützig verwaltet. Aufgrund ihrer Aufzei...