Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachzahlungszinsen unterfallen dem verfassungsgemäßen Abzugsverbot des § 10 Nr. 2 Halbsatz 2 KStG
Leitsatz (redaktionell)
1) Nachzahlungszinsen für Steuern gem. § 233a AO sind vom Abzug als Betriebsausgaben gem. § 10 Nr. 2 Halbsatz 2 KStG ausgeschlossen, auch wenn Erstattungszinsen als Betriebseinnahmen steuerpflichtig wären.
2) Das Abzugsverbot für Nachzahlungszinsen auf Personensteuern ist jedenfalls gerechtfertigt, weil auch die Nichtabziehbarkeit der Personensteuern selbst rechtmäßig ist.
3) Aus Gründen der Wettbewerbsneutralität zwischen Körperschaften und natürlichen Personen ist ein Gleichlauf der Behandlung von Nachzahlungszinsen und Erstattungszinsen geboten. Bei natürlichen Personen besteht ein Abzugsverbot gem. § 12 Nr. 3 EStG
Normenkette
AO § 233a; EStG § 12 Nr. 3; KStG § 10 Nr. 2 Hs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob das in § 10 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) angeordnete Abzugsverbot für Zinsen auf Steuernachzahlungen verfassungsgemäß ist.
Die Klägerin, eine GmbH, betreibt einen Groß- und Einzelhandel mit Angelsportartikeln. Im Jahr 2006 fand bei ihr eine Betriebsprüfung für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2004 statt, in deren Verlauf der Prüfer mehrere steuererhöhende Feststellungen traf. Diese Sachverhalte sind zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Am 11. Oktober 2006 erließ der Beklagte (das Finanzamt – FA –) für die Jahre 1999 bis 2004 geänderte Körperschaftsteuer-(KSt-)Bescheide, die jeweils zu Steuernachzahlungen führten. Bereits der Betriebsprüfer hatte die sich ergebenden Nachzahlungszinsen (§ 233a der Abgabenordnung – AO 1977 –) zur Körperschaftsteuer im Wege wirtschaftlicher Zurechnung auf diejenigen Veranlagungszeiträume verteilt, in die der Zinslauf fiel, und den handelsrechtlichen Gewinn entsprechend gemindert. Im Rahmen der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens wurden die Nachzahlungszinsen auf der Grundlage des § 10 Nr. 2 KStG hingegen nicht zum Betriebsausgabenabzug zugelassen. Im Einzelnen stellen sich die Steuerfestsetzungen und die Nachzahlungszinsen für die Streitjahre 2002 bis 2004 wie folgt dar:
Jahr |
Steuerfestsetzung |
nicht abziehbare Nachzahlungszinsen |
2002 |
141.084 EUR |
2.468 EUR |
2003 |
270.776 EUR |
5.286 EUR |
2004 |
369.566 EUR |
8.031 EUR |
Ihren Einspruch begründete die Klägerin damit, dass der Nichtabzug von Nachzahlungszinsen bei gleichzeitiger Steuerpflicht von Erstattungszinsen eine Ungleichbehandlung darstelle, die nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt und daher verfassungswidrig sei. Dies müsse jedenfalls bei einer Kapitalgesellschaft gelten, die nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht über eine außerbetriebliche Sphäre verfüge. Das zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung bei der Einkommensteuer herangezogene Argument, private Schuldzinsen seien generell nicht abziehbar, könne daher auf Kapitalgesellschaften nicht übertragen werden. Insbesondere verwies die Klägerin darauf, dass sie Zinsaufwendungen unzweifelhaft als Betriebsausgaben hätte abziehen können, sofern sie die Steuernachzahlungen bereits innerhalb der Karenzfrist des § 233a AO 1977 geleistet und zu diesem Zweck Bankdarlehen aufgenommen hätte. Einem Einkommensteuersubjekt wäre dies hingegen nicht möglich gewesen, was die unterschiedliche Ausgangslage zwischen natürlichen Personen einerseits und Kapitalgesellschaften andererseits verdeutliche.
Während des Einspruchsverfahrens erließ das FA am 2. Januar 2007 einen geänderten KSt-Bescheid für 2004, mit dem es die Steuer wegen eines Verlustrücktrags aus 2005 auf 348.596 EUR herabsetzte. Ferner übersandte das FA der Klägerin am 5. Januar 2007 „Bescheide” für die Jahre 2002 bis 2004, in denen es die Steuerfestsetzung jedoch unverändert ließ. Mit weiterem Änderungsbescheid für 2004 vom 17. Januar 2008 ließ es den Verlustrücktrag außer Ansatz und erhöhte die Steuer wieder auf den Betrag, der bereits im Bescheid vom 11. Oktober 2006 festgesetzt worden war (369.566 EUR).
Am 3. Juli 2008 wies das FA den Einspruch zurück. Zur Begründung führte es aus, nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollten Nebenleistungen zu Personensteuern ebenso vom Abzug ausgeschlossen sein wie die Personensteuern selbst.
Im Klageverfahren wiederholt und vertieft die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Einspruchsentscheidung vom 3. Juli 2008 aufzuheben und unter Änderung der Körperschaftsteuerbescheide für 2002 und 2003 vom 11. Oktober 2006 / 5. Januar 2007 sowie des Körperschaftsteuerbescheids für 2004 vom 17. Januar 2008 die Steuern in der Weise festzusetzen, dass Nachzahlungszinsen in Höhe von 2.468 EUR (2002), 5.286 EUR (2003) sowie 8.031 EUR (2004) einkommensmindernd berücksichtigt werden,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Di...